Hintergangen
gewesen und erinnere mich, dass ich zum x-ten Mal mein Gepäck überprüft, jeden Posten auf der Liste noch einmal abgehakt habe – immer und immer wieder. Es hat so viel auf dem Spiel gestanden … Ich habe meine Liste auf den Küchentisch gelegt, dazu einen kleinen Kassettenrekorder, meinen Reisepass, die Flugbestätigung, die Autoschlüssel für den Mercedes und den Parkschein für Stansted, neben dem Tisch mein Koffer und eine Tasche als Handgepäck. Die Sachen waren für Imogen.«
Sie sah, wie Will bei der Erwähnung seiner Exfrau hochfuhr, sie getreu seinem Versprechen aber nicht unterbrach.
»Schließlich war alles bereit. Ich habe mich irgendwie vom Haus in den Wagen geschleppt und bin dann ewig reglos auf dem Fahrersitz sitzen geblieben. Selbst den Schlüssel ins Zündschloss stecken war schwer, so sehr haben mir die Hände gezittert.« Bei der Erinnerung an diesen Moment umklammerte sie ihren Drink noch fester.
»Imogen war unglaublich, ein echter Fels in der Brandung und eine enorme Kraftquelle. Mir war schon klar, dass ich sie zu meiner ahnungslosen Komplizin machen würde, hätte aber nie gedacht, dass das für sie zum Problem werden könnte, denn sie hätte schon längst wieder in Kanada sein sollen, bevor Hugos Leiche überhaupt entdeckt würde. Ihr Name wäre gar nicht aufgetaucht, und offiziell hatte ich sie ja seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie hat nicht in meinem Leben existiert. Hierherzukommen war ein Riesenfehler von ihr, und ich war außer mir, als sie durch die Tür gekommen ist. Sie hatte bis dato keine Ahnung …
Ihre Besuche haben begonnen, als Hugo mich das zweite Mal weggesperrt hatte. Wir haben uns gesehen, sooft sie eben nach England kommen konnte. Die Treffen waren immer genau geplant. Sie hat so getan, als würde sie in dem Pflegeheim einen armen alten Kerl besuchen, der nicht sprechen konnte, und ist dann zu mir herüber ins Zimmer gehuscht. Hugo hätte sie niemals in meine Nähe gelassen.«
Laura nahm einen Schluck aus ihrem Glas und stellte es auf den Kaminsims. Weil sie sich ohne etwas zum Festhalten aber irgendwie verletzlicher fühlte, nahm sie das Glas wieder und umschloss es mit beiden Händen.
»Sie hat gewusst, dass ich angeblich an einer wahnhaften Störung gelitten habe, und auch, worin diese sogenannten Wahnvorstellungen bestanden haben. Ich war mir ziemlich sicher, dass Hugo die Mädchen verschleppt hat, wusste aber nicht, wie ich es beweisen sollte. Ich hatte ihr davon erzählt und dass ich irgendwie beweisen musste, was für ein verkommenes Individuum Hugo war. Ich habe ihr meinen vermeintlichen Plan eröffnet: Ich wollte Beweise sammeln und dann dafür sorgen, dass die Presse davon Wind bekam. Ganz wesentlich war aber, dass die Enthüllungen nicht mit mir in Verbindung gebracht werden durften – weil ich ja wusste, was dann passieren würde. Ich musste also unwiderlegbar nachweisen können, dass ich mich zu dem Zeitpunkt, wenn die Nachricht bekannt würde, in Italien aufgehalten hatte. Dazu habe ich Imogens Hilfe gebraucht. Damals hat sie bloß gedacht, ich habe Hugo beschatten und ein paar Fotos machen wollen. Sie hatte keine Ahnung von meinen tatsächlichen Plänen.
Imogen ist in Cannes gewesen – diesbezüglich hat sie der Polizei die Wahrheit gesagt. Ich erinnere mich kaum noch an die Fahrt – nur dass ich es in Rekordzeit von Le Marche bis Cannes geschafft hatte –, in etwas über sieben Stunden und heutzutage praktischerweise ohne Grenzen und entsprechende Kontrollen. Ich war über die Einfahrt Palm Beach auf den Parkplatz an der Croisette gefahren, wo Imogen bereits auf mich gewartet hat.
Imogen hatte schon alles organisiert. Ihre Koffer waren im Mietauto, zusammen mit Reisepass, Flugtickets, Bargeld – alles wie im Voraus vereinbart.
Sie hat gemerkt, wie nervös ich war, denn sie hat mir übers Haar gestrichen und gesagt, ich würde schon alles ganz richtig machen. Wenn sie Bescheid gewusst hätte, wäre sie mir wohl kaum behilflich gewesen. Sie hat zwar gewusst, dass es illegal ist, mit einem falschen Pass zu reisen – hat aber gemeint, es sei das Risiko wert, wenn ich Hugo dadurch entlarven könnte als das, was er war – oder zumindest was ich damals geglaubt habe , dass er war.«
Will stand auf, und Laura merkte, dass sie beide ihren Whisky schon ausgetrunken hatten. Ohne den Blick von ihrem Gesicht abzuwenden, nahm er Lauras Glas. Sie dachte, er würde gleich etwas sagen, doch er hielt sich zurück. Als er ihr den Rücken
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