Hintergangen
unterschiedlichen Männern zu tun.
Der Küchenwecker klingelte, und er stand auf, um für die letzten paar Minuten die Tomaten zu der Pancetta hinzuzufügen. Ganz automatisch gab er etwas schwarzen Pfeffer aus der Mühle dazu und vermischte dann in der Sautierpfanne die abgegossene Pasta mit noch mehr Öl und dem klein gezupften Basilikum. Das gab er direkt auf den Teller, rieb etwas Parmesan darüber, schenkte sich Wein nach und setzte sich hin, ohne mit seinen Gedanken weiter zu sein als vorhin, als er durch die Haustür getreten war.
Kaum hatte er die erste Gabel in den Mund geschoben, als er vom Summen der Sprechanlage unterbrochen wurde. Von seinem hohen Hocker an der Küchenanrichte aus konnte er das Videobild auf dem Monitor sehen und stellte etwas beunruhigt fest, dass es Kate war. Er eilte hinüber an die Sprechanlage.
»Kate – was machst du denn hier? Ist alles in Ordnung mit Lucy?«
»Ja, Lucy ist okay. Jemand passt auf sie auf. Kann ich raufkommen, bitte? Ich würde wirklich gern mit dir reden.«
Erleichtert, dass mit Lucy alles in Ordnung war, aber auch ziemlich verärgert darüber, dass seine Exfrau ihn beim Abendessen gestört hatte, drückte er den Türöffner, lehnte die Tür an und setzte sich, um weiterzuessen. Die Unterhaltung vom gestrigen Tag hatte er noch deutlich im Gedächtnis.
Als sie in die Küche kam, hob er den Blick und versuchte, seine Überraschung zu kaschieren. Ihr exotisches gutes Aussehen wurde durch dezent aufgelegtes Make-up noch betont, und statt des üblichen lässigen Pferdeschwanzes hing ihr Haar glatt und glänzend über die Schultern.
Dem Impuls widerstehend, gleich etwas zu sagen, deutete er zum Kühlschrank hinüber. »Ich habe einen Weißwein kalt stehen, wenn du den immer noch bevorzugst. Gläser sind da drin.« Tom wies auf ein Wandregal neben dem Kühlschrank. »Du hast hoffentlich nichts dagegen, wenn ich fertig esse, aber ich habe mich auf dem ganzen Nachhauseweg schon darauf gefreut.«
»Du warst schon immer ein besserer Koch als ich. Das vermisse ich.«
Tom schaute nicht von seinem Essen hoch, doch diese Bemerkung ließ ihn nicht ungerührt. Kate hatte ihm früher nie zu verstehen gegeben, dass er überhaupt irgendwelche bewundernswerten Eigenschaften hatte – zumindest nicht in den Jahren seit Lucys Geburt.
Kate schenkte sich ein Glas Wein ein und setzte sich auf den Barhocker ihm gegenüber, auf der anderen Seite der Anrichte. Sie sah sich um und lächelte dabei unmerklich.
»Eine schöne Wohnung, Tom. Dir geht es ja wirklich gut.«
Tom konnte sich vorstellen, dass das hier in ihren Augen der Gipfel des urbanen Luxus war. Die Wohnung besaß alles, was man sich wünschen konnte, außer einer Seele. Er hatte keinen einzigen Gegenstand ausgesucht – es handelte sich um ein fertiges Ensemble. Die dunkelbraune Ledersitzgruppe, der riesige Flachbildschirm-Fernseher und die strahlend weiße Küche waren vom Feinsten, das stimmte. Aber die Einrichtung sagte nichts über ihn aus, abgesehen von den Büchern und CD s, die sich auf dem Fußboden stapelten.
Immer noch misstrauisch wegen Kates spätabendlichem Besuch antwortete Tom etwas kühl.
»Kate, wir wissen beide, dass das hier nicht von meinen Einkünften zu bezahlen ist. Wieso der überraschende Besuch? Bei unserem letzten Gespräch warst du nicht besonders freundlich!«
»Tut mir leid. Ich war völlig daneben. Es ist nur … momentan ist viel los, und ich war ein bisschen abgelenkt. Ich wollte nicht so fies sein.«
Darauf gab es eigentlich bloß eine Antwort, überlegte Tom, behielt seine Gedanken aber für sich. Kate seufzte leise und fuhr fort.
»Ich muss dir was sagen.«
Tom hob kurz den Blick, während er sich weiter Pasta in den Mund schaufelte.
»Ich will, dass du es von mir erfährst – Declan und ich trennen uns. Es hat nicht geklappt, und jetzt ist es Zeit, etwas zu ändern. Entschuldige, dass ich gestern am Telefon so schlecht drauf war, aber das war Teil des Problems.«
Tom war ehrlich überrascht. Er hörte zum ersten Mal, dass es zwischen ihnen nicht so gut stand, andererseits hatte er auch nie danach gefragt. Lucy hatte immer recht zufrieden gewirkt, und das war für Tom die Hauptsache.
»Was ist denn passiert?«
Kate schluckte. Sie schien nervös.
»Ich habe dich aus vielen Gründen verlassen, Tom. Du weißt, dass ich Probleme mit deinen Arbeitszeiten hatte, und Declan war so aufmerksam. Du warst immer in Gedanken woanders, bei deinem neuesten Mordfall oder sonst
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