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Hinterhalt am Schwarzen Fels

Hinterhalt am Schwarzen Fels

Titel: Hinterhalt am Schwarzen Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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stehen
geblieben?«
    »Gawain hatte Angst und erhielt
ein Gnadenjahr«, erinnerte Rebi. »Er ist auf eine Burg geflohen und dort war
eine Lady.«
    »Das war Lady Bertilak«, nickte
Karl. »Laut der Sage soll sie sich aufopfernd um ihn gekümmert haben, was das
auch heißen mag. Als dann der ungemütliche Termin näher rückte, gab sie ihm ein
schützendes Bandelier. Das ist ein breiter Schulterriemen, ein Wehrgehänge, an
dem man die Waffe befestigt. Schwert oder so. Maschinenpistolen weniger, denn
die gab’s damals noch nicht. Tja, und dann ging’s wieder ans Köpfen. Und siehe
da! Das Bandelier bewahrte Gawain vor dem Verlust seiner Denksülze. Stattdessen
schlug er dem Grünen Ritter den Kopf ab und erfuhr zu seiner Verblüffung, dass
es der Gemahl von Lady Bertilak war, nämlich Sir Bertilak. Gawain hatte sich
also, ohne es zu wissen, ein Jahr lang vor seinem Feind in dessen Burg
versteckt, bei dessen Weib. Die Sache dürfte als zwölfmonatiger Ehebruch zu bewerten
sein. Und der Gehörnte gab dann auch noch den Löffel ab. Aber auch Gawain
erhielt eine Strafe. Musste nämlich zeitlebens das Bandelier tragen, Tag und
Nacht, sogar beim Rasieren. Weiß der Teufel, warum er’s nicht abgenommen hat.
Vielleicht war es mit seiner Haut verwachsen. Darüber sagt die Sage nichts.«
    »Hm«, machte Gaby.
    »Immer dieselbe Geschichte«,
sagte Klößchen.
    »Die meisten Sagen«, stellte
Tim fest, »sollten überarbeitet werden — inhaltlich. So wie die Urfassung auf
uns zukommt, wirkt sie befremdlich. Um nicht zu sagen albern. Warum dieses oder
jenes geschah, ist oft nicht mehr nachzuvollziehen. Die Motive überzeugen
nicht. Aber es werden ja damals wohl nicht alles Verrückte gewesen sein.«
    »Tim!«, rief Gaby. »Das meinst
du nicht im Ernst! Lass die Sagen, wie sie sind.«
    »Okay, okay, Pfote! War nur ein
Vorschlag.«
    »Den braucht es eigentlich
nicht«, lachte Karl. »Es wird doch längst alles aufbereitet für unsere Gehirne,
für unseren Geschmack. Das besorgen die Filmemacher. Seht euch doch um. Was da über
die Leinwand spektakelt. Die Helden aus der Mythologie haben im Walhalla (deren
Jenseits ) längst die Schotten dichtgemacht, Fenster und Türen verrammelt,
Telefon- und Funkkontakt zu unserer Zeit eingestellt. Die wollen gar nicht
wissen, wie mit ihnen verfahren wird.«
    Alle lachten. Und die
Fröhlichkeit hielt an, bis sie die Höhle erreichten. Die Natur hatte sie
geformt, wahrscheinlich während der Eiszeit. Sie gehörte zu einer Ansammlung
mächtiger Felsblöcke, die sich auftürmten zur Höhe eines zweistöckigen Hauses.
Die Höhle — nicht zu verfehlen, weil draußen an der Felswand ein Schild
angebracht war — führte tief hinein und war über mannshoch. Gut erhaltene,
mindestens 1000 Jahre alte Darstellungen an den Felswänden zeigten in
primitiver Ausführung, wie man damals Köpfe abgeschlagen hatte. Leider gab es
auch »Verewigungen« jüngeren Datums, nämlich die der Besucher, die Namen,
Adresse, Herzchen und dumme Sprüche in den Stein geritzt hatten.
    Tim hakte die Besichtigung
schnell ab, aber nicht als Highlight ( Glanzpunkt) des Keltenlandes,
sondern eher als Langweiler. Immerhin - vor dem Eingang, links, hatte der
TKKG-Häuptling ein Gesträuch Wildrosen entdeckt, das noch heftigst blühte. Als
man die Höhle verließ, zog er Gaby beiseite, pflückte eine besonders schöne
Rose und schenkte sie ihr.
    Rebecca, die das beobachtete,
strahlte neidlos übers ganze Gesicht, dass ihre Freundin diese galante Geste
der Zuneigung erhielt.

13.
Marmelade, Kreditkarten, Telefonnummern
     
    Die Tür zum Nebenraum stand
offen. Tim spähte hinein. Keine Spur mehr von Leo Kunze und Arthur Livinski.
Die Betten waren frisch bezogen und ordentlich. Kein Gepäck.
    Tim ging in die Dreierbude
zurück.
    »Die Schläger sind abgezittert.
Schneller, als ich dachte. Auftrag vermurkst. Jetzt reiten sie vom Acker.«
    »Dann könnten Gaby und Rebi
umziehen«, meinte Klößchen, »näher zu uns rücken.«
    »Das würde ungefähr neun Meter
ausmachen«, erwiderte Tim, »die verkürzte Nähe. Aber erstens haben Mädchen mit
dem Ein- und Ausräumen länger zu tun als wir, weil sie mehr Wäsche haben und
viel mehr Zahn- und Gesichtspflege-Utensilien. Zweitens graust es ihnen
sicherlich bei dem Gedanken, sich in Betten niederzulassen, auf die Kunze und
Livinski bereits ihre Ärsche deponiert hatten. Das ist eine Frage der
Vorstellung, Willi, und spielt sich hier ab.« Tim klopfte sich mit flacher Hand
an die

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