Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hinterhalt

Titel: Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
Vom Netzwerk:
stand auch nirgends, wem das Grundstück gehört hatte und warum die Immobilienfirma es ›im Auftrag der Bundesstaatsanwaltschaft‹ veräußerte.
    Wyatt legte den Gang ein und fuhr weitere fünfzig Meter auf der holperigen Straße. Er gelangte an die Auffahrt; gesäumt von Zypressen, endete sie nach einer kleinen Kurve vor der Eingangstür des Hauses. Doch bis dorthin kam er gar nicht erst. Man hatte an der Auffahrt ein neues Tor installiert, das mit schweren Ketten und Schlössern gesichert wurde. Er kletterte nicht hinüber. Nicht, weil er fürchtete, die Polizei würde das Haus beobachten, sondern wegen der Nachbarn.
    Wyatt trug einen recht passablen Anzug aus einem Secondhandshop und eine Sonnenbrille, und er hatte sich die Haare nach hinten gekämmt. Schwieriger war das mit seinem federnden Gang, dieser Koordination von Körper und Gliedmaßen, die für die Leute hier wie ein Daumenabdruck war. Leute, die seine Gegenwart früher akzeptiert hatten, bevor er sich auf diese Schießerei hinten in den Kiefernwäldern einlassen und einem Cowboy-Punk aus Melbourne den Hinterkopf wegpusten musste.
    Er fuhr langsam am Zaun entlang und überblickte das Gelände. Zwanzig oder dreißig Ibisse schritten pickend über den sumpfigen Boden am Fuße seines Hügels. Jemand hatte eine Schneise durch das dichte Gestrüpp und die Brombeerbüsche geschlagen. Der Dachfirst hatte neue Farbe bekommen und das Scheunentor war leuchtend rot gestrichen. In der Scheune hatte Wyatt früher einen Wagen untergestellt, Kühler Richtung Tor, Ersatzschlüssel auf dem Armaturenbrett, bereit für einen schnellen Aufbruch. Jetzt würde sich wahrscheinlich irgendein Rechtsverdreher die Farm unter den Nagel reißen, seinen allradbetriebenen Geländewagen mit Klimaanlage dort parken und das Ganze von der Steuer abschreiben.
    Wyatt fuhr den Weg, den er gekommen war, wieder zurück. Obstplantagen und Farmhäuser auf kleinen Hügeln flogen an ihm vorbei Richtung Meer. Das Land, durchzogen von schmalen Hecken, Trampelpfaden und Kiefernreihen, war eine Gegend, wo man sich zurückziehen und die verschiedenen Vogelarten an ihren Stimmen unterscheiden lernen konnte; und man wurde von den Nachbarn in Ruhe gelassen. Dieses Leben war ein Teil von ihm geworden, ermöglicht durch nur einen einzigen Job: den Goldbarrenraub am Flughafen von Melbourne vor fünf Jahren. Er brauchte wieder so etwas, ein neues Refugium, das er nur ein oder zwei Mal im Jahr verließ, um einen Job mit genügend Geld an Land zu ziehen, um dann wieder zu verschwinden.
    Zunächst aber brauchte er die .45er und er brauchte diese zweitausend Dollar.
    Wenn alles noch da war.
    Wenn die Bullen es nicht schon weggeräumt hatten. Es gab jedoch keinen Grund, davon auszugehen.
    Auf Nebenstraßen fuhr Wyatt nach Frankston und mietete sich in einem Trailerpark ein. Fünfundzwanzig Dollar, eine verdreckte Toilette und ein schmieriges Duschhaus inklusive, dazu das ständige Kommen und Gehen motorisierter Kunden des Rotlicht-Vans zwei Wohnwagen weiter. Er lag in der Koje und blendete alles um sich herum aus. Am Mittwoch würde sich eine größere Menschenmenge zum Räumungsverkauf einfinden, die sich auch die Auktion nicht entgehen ließe. Es war bereits Ende Oktober und es würden Käufer kommen, die ein Sommeridyll am Meer suchten. Dann die Gaffer, angelockt durch die blutigen Aspekte eines Verbrechens, und die Nachbarn, neugierig darauf, was denn wohl so ein Hausstand einbringt.
    Es könnten auch Cops dabei sein, die sich fragten, ob Sentimentalität ihn zur Rückkehr bewegen könne.
    Die Bullen wussten nicht genau, wie er überhaupt aussah. Sie sollten kein Problem sein.
    Das Problem waren die Nachbarn, Jungs wie Craig von der Farm nebenan. Wyatt musste etwas mit seinem Gesicht machen, an seinem Gang arbeiten, um sich unbemerkt bewegen und die Verstecke inspizieren zu können. Es würde ihm sofort auffallen, wenn jemand sie entdeckt haben sollte. Dann würde er verschwinden.
    Wenn nicht, würde er zurückkommen, wenn der Hokuspokus vorüber war, würde seine Waffe nehmen und das Geld, von dem er hoffte, es werde ihm helfen, die Zeit bis zum nächsten großen Job zu überbrücken.

    NEUN

    Wyatt sah sich vor drei Aufgaben gestellt — er musste aussehen wie einer von ihnen, er musste neugierige Augenpaare von sich ablenken und er musste diejenigen, die dennoch genauer hinschauten, irritieren.
    Die erste Aufgabe war leicht. Er war sonnengebräunt, zumindest im Gesicht und an den Armen — und mehr sah

Weitere Kostenlose Bücher