Hinterhalt
ihr im Halse stecken und Nurse spürte, wie sich seine Eingeweide verselbstständigten. Er wollte vom Stuhl aufstehen, doch der erste Typ sagte ganz ruhig: »Besser nicht.«
Ein Revolver verlieh diesem Vorschlag Nachdruck. Der Typ wiederholte: »Also, Mr. Nurse. Ihre Frau?«
»Sie schläft noch. Sie hat Migräne. Bitte lassen Sie sie in Ruhe.«
Nurse sah nur die Augen, sie waren braun, mit festem Blick und völlig unbeeindruckt. »Darauf kann ich leider keine Rücksicht nehmen, Mr. Nurse.« Der Typ nickte dem Dritten im Bunde kurz zu.
Der Dritte, bullig und in Jeans und T-Shirt, verließ das Zimmer, um einen Augenblick später mit Joyce zurückzukommen. Ihr Gesicht war leicht zerknittert und verquollen vom Schlaf. Sie trug ein Nachthemd mit tiefem Ausschnitt, das ihre sommersprossigen Brustansätze freigab. Nurse fühlte eine merkwürdige Abneigung und schämte sich für seine Frau, als hätte sie Mundgeruch. »Danny?«, fragte sie verwirrt.
Der Anführer sagte mit einem leichten Kratzen in der Stimme: »Wir werden Ihnen nichts tun, Mrs. Nurse. Bitte setzen Sie sich zu Ihrem Mann und Ihrer Tochter an den Tisch.«
Der Kleinste des Trios scheuchte Mignon weg, die noch immer wie angewurzelt hinter Nurse stand, und bedeutete ihr, sich auf den Stuhl am anderen Ende des Tisches zu setzen. Joyce setzte sich Nurse gegenüber. Sie wirkten wie eine Kleinfamilie beim Frühstück, fragte sich nur, wer hier noch Appetit verspürte.
»Geht es um Geld?«, wollte Joyce wissen. »Gib Ihnen deine Brieftasche, Danny.«
Mechanisch griff Nurse in seine Hosentasche, warf die Brieftasche auf dem Tisch. Dort lag sie zwischen Krümeln und Marmeladenklecksen, und niemand wollte sie haben.
»Dann geht’s wahrscheinlich wieder um die verdammten Pferde«, zischte Joyce und drehte sich zu dem Anführer um. »Stimmt’s? Er kann seine Schulden bei euch nicht bezahlen!«
Der Anführer beugte sich zu ihr hinunter und sagte: »Halten Sie bitte den Mund und hören Sie zu.«
Seine Worte wirkten fast beruhigend. »Wir würden gern Ihre Bank ausrauben, Mr. Nurse. In ein paar Minuten werden Sie mich und den Mann hinter Ihnen in Ihrem Wagen nach Logan City fahren. Wir werden dort warten, bis die Zeitschlösser aufgehen, dann werden wir einladen und danach sind Sie uns los. Es gibt keinen Grund, die Angelegenheit unnötig kompliziert zu gestalten. Wir verabscheuen Gewalt und würden sie niemals um ihrer selbst willen anwenden. Und die Bank ist versichert, also besteht keine Notwendigkeit, dass Sie oder Ihre Mitarbeiter das Geld verteidigen. Können Sie mir so weit folgen?«
Nurse spürte, wie die Farbe aus seinem Gesicht wich. Sie wussten über alles Bescheid. Das Gerede von Gewaltverzicht war nur ein Lippenbekenntnis. Die drei waren die personifizierte Brutalität — die Waffen, die Masken, die unausgesprochene Bedrohung, die Art, wie sie die Küche belagerten.
Joyce kratzte sich die Augenwinkel, und was immer auch an ihrem spitzen Fingernagel hängengeblieben war, sie wischte es an ihrem Nachthemd ab. »Ich sag doch, die kriegen dich. Die kriegen dich immer.«
Nurse wollte lieber nicht wissen, was die Männer über Joyce dachten. »Warum ziehen Sie meine Familie da hinein? Sie hätten mich an der Bank abpassen können.«
Joyce schnaubte: »Streng mal dein Hirn an, zähl nach, wie viele es sind.« Sie wies auf Wyatt und Riding. »Der geht in die Bank, genau wie der da. Bleibt einer übrig.«
Nurse begriff und in seinen Schläfen begann das Blut zu pochen. »Nein, nein, das dürfen Sie nicht tun! Lassen Sie meine Familie aus dem Spiel.«
»Dafür ist es ein bisschen zu spät, oder?«, keifte Joyce.
»Halt die Klappe! Ich werde nicht zulassen, dass du und Mignon — «
Der Anführer griff nach Nurses Müslischale und warf sie auf den Boden. Die Scherben flogen in alle Richtungen und graue Milchbäche mit aufgeweichten Haferschiffchen bahnten sich ihren Weg über die Fliesen. Es war im Grunde kein ungewöhnlicher Vorfall, nur eine Art Missgeschick im Haushalt. Doch für Nurse hatte dieser Akt etwas Terroristisches, als würde ein Schuss ihm den Rücken zerfetzen und umherfliegende Knochenpartikel würden sich in Mignons Fußsohlen bohren. Er zuckte zurück und hielt sich die Augen zu.
Nichts geschah. Der Anführer hatte zu seiner Ruhe zurückgefunden.
»Mr. Nurse«, sagte er dann, »Ihre Frau und Ihre Tochter bleiben hier im Haus. Mein Kollege wird ihnen dabei Gesellschaft leisten. Er wird ihnen nichts tun, so etwas liegt nicht in
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