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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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niemand im Flur war, probierte er mehrere Feilen und Dietriche aus. Er gab auf. Das Flamingo hatte spezielle Sicherheitsschlösser einbauen lassen, um Hoteldieben das Leben schwer zu machen. Es würde zu lange dauern, in Stolles Suite einzudringen. Er schloss die Tür. Anna sah ihn gedankenverloren an. »Der Balkon«, entfuhr es ihr schließlich.
    Er nickte.
    Es war fünf Uhr nachmittags und die Sonne stand bereits tief am Horizont. Mit dem Bus fuhren sie in das Oasis-Einkaufszentrum, den wahrscheinlich grellsten und quirligsten Flecken der Goldküste. Dort kauften sie Arbeitshandschuhe aus Leder, Gummihandschuhe, einen Overall, ein Seil und Gurtwerk für Kletterer.
    Zurück im Hotel, interviewte Anna ihre Informantin, während Wyatt in der Suite auf sie wartete. »Stolle ist gerade im International Room und hat fast den ganzen Tag dort zugebracht«, berichtete sie, als sie wiederkam. »So geht das bereits die ganze Woche. Gegen acht Uhr abends unterbricht er kurz fürs Abendessen, danach geht es weiter.«
    »Abendessen, ein paar Drinks — der ist doch um neun zu träge, um weiterzumachen!«
    »Was hast du vor?«
    Er griff zum Telefon. »Wir tippen einen kleine Nachricht für ihn.«
    Zehn Minuten später klopfte es und ein Zimmermädchen brachte eine Reiseschreibmaschine. Wyatt diktierte, Anna tippte.
    »Du Dreckskerl«, begann er, »ich habe Mostyn vor seiner Abreise getroffen und er hat mir erzählt, was ihr am Start habt. Wir müssen reden. Ich bin im Sunset Strip an der Esplanade in Surfers Paradise. Raum 101. Whitney.«
    Annas Finger flogen über die Tastatur. »Meinst du, das zieht?«
    »Es klingt jedenfalls plausibel. Mostyn und Whitney haben immer zusammengearbeitet, bis Whitney sich abgeseilt hat. Stolle hat’s mir selbst erzählt. Er wird vermuten, dass Whitney Mostyn hierher gefolgt ist, alles mitbekommen hat und ihn, Stolle, nun zur Kasse bitten will. Stolle hat auf Risiko gespielt und es hat sich ausgezahlt. Eine Menge Dinge hat er jedoch nicht bedacht, und jetzt wird’s eng. Noch dazu auf fremden Terrain. Ich wette, der schwitzt Blut und Wasser, wenn er das hier liest, und wird versuchen, sich abzusetzen.«
    Noch drei Stunden. Am Beispiel der Balkontür demonstrierte Wyatt, wie man mit Feilen und Dietrich ein Schloss manipuliert. Als sie die Sache beherrschte, sagte Anna: »Das reicht jetzt«, zog ihn langsam aus und führte ihn hinüber zum Bett.
    Um neun Uhr abends rief sie die Rezeption an. Stolle war bereits wieder in den International Room zurückgekehrt. Sie zogen sich an und Wyatt ging auf den Balkon. Sichelmond und dichte Wolkendecke. Er lehnte sich über die Brüstung und sah das dunkle Mauerwerk hinunter. Neonlicht und Strahler tauchten die anderen Gebäude in der Gegend in helles Licht; das Flamingo verzichtete auf dergleichen. Er kam wieder zurück ins Zimmer. Anna hatte bereits den Overall über ihr schwarzes Cocktailkleid gezogen und befestigte die Klettermontur an Hüften und Schultern. Er zog die Laschen fest und befestigte das Seil an die dafür vorgesehenen Ringe.
    »Hast du die Dietriche?«
    Sie klopfte mit der flachen Hand auf eine Ausbuchtung an ihrem Overall. Wyatt streifte die Arbeitshandschuhe über.
    »Okay, kann losgehen.«
    Sie schwang sich auf die Brüstung des Balkons und wartete, bis er das Seil unterm Geländer durchgezogen und befestigt hatte. Er zog das Seil straff, stellte seinen rechten Fuß auf das lose Ende und sagte: »Alles klar.«
    Nach und nach gab er das Seil frei. Nach zwei Minuten erschlaffte es. Er zog daran, spürte einen Gegenzug und sah nach unten. Anna winkte ihm von Stolles Balkon aus zu. Kurz darauf zog sie wieder am Seil und er holte es Meter um Meter ein. Der Overall und die Werkzeuge waren ein leichtes Bündel. Sie war drin.
    Er ging über die Treppe in die dritte Etage, klopfte dreimal an Stolles Tür, wartete, klopfte noch einmal. Anna öffnete und er schlüpfte hinein. Ihr Gesicht war gerötet, die Augen glänzten. »Es war total einfach.«
    Er zog einen Umschlag aus seiner Tasche, in Schreibmaschinenschrift adressiert an ›Macarthur Stolle‹. »Bring das weg.«
    Als sie verschwunden war, durchsuchte er die Suite. Ein paar Kleidungsstücke, ein Koffer, Kleinkram, ein Beweis, dass Anna Recht hatte. Das Geld befand sich unten im Schließfach.
    Das vereinbarte Klopfzeichen. Wyatt öffnete Anna. »Alles klar?«
    »Sehr edel. Ein Diener in weißer Livree hat es ihm auf einem Silbertablett überreicht. Ich hab noch gewartet, bis Stolle rausgekommen

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