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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Mal im Leben eine Auster verschluckt, und sagt:
    »Ja, ich denke auch, das ist das Beste.«
    »Macht es dir nichts aus, wieder nach Hause zu fahren?«
    »Nein, es wird Zeit. Edit ist okay. Und die haben super Stoff zu Hause. Ich habe schon Geschichten gehört, Dan, Geschichten über reiche Säufer, die einfach einmal im Jahr zur Blutwäsche gehen. Das funktioniert super, Danny. Die leiten Banken und so.«
    »Warum bist du dann weg?«
    Evelyn hustet eine halbe Minute, bevor sie antwortet: »Weg? Wahrscheinlich, weil ich dumm war. Armes kleines reiches Mädchen, nicht wahr? Ich dachte, ich würde das Leben kennen, aber da hab ich mich getäuscht.«
    Ich nicke. Diese traurige Geschichte habe ich schon ein Dutzend Mal miterlebt: Die Tochter reicher Eltern glaubt, sie hat’s schwer, lebt ein paar Jahre von ihrer Kreditkarte, dann endet das Ganze mit blauen Flecken und Blackouts. Wenn sie den billigen Fusel überlebt, rennt sie schneller wieder zurück ins elterliche Penthouse, als man delirium tremens sagen kann, auch bekannt als Irish jig.
    Dass ein Land auf den Hund gekommen ist, erkannt man daran, dass durch Alkoholmissbrauch verursachte Krankheiten danach benannt werden.
    »Ehrlich gesagt, Dan«, fährt Evelyn fort und wischt sich die Nase am Ärmel ab, »ich weiß nicht mehr, warum ich weg bin. Aus keinem besonderen Grund. Ich hatte ständig Streit mit Dad. Aus welchen Gründen auch immer, damals schienen sie wichtig.«
    Wir stecken hinter einer mit Touristen vollbesetzten Pferdekutsche fest. Ich bin immer wieder baff, dass andere Leute normale Sachen machen, während es gleichzeitig keine drei Meter weiter um Leben und Tod geht. Ich weiß noch, wie die Kinder im Libanon mit echten Granatsplittern Krieg gespielt haben, auf einem Minenfeld, und so getan haben, als wäre das Blut der Leichen ihr eigenes.
    Okay. Letzteres vielleicht nicht.
    »Edit wird sich um dich kümmern«, verspreche ich Evelyn. »Es wird Zeit, dass du dein Leben wieder in den Griff bekommst.«
    »Morgen ist dafür auch noch Zeit«, sagt Evelyn mit flatternden Lidern. »Zuerst brauche ich ein paar Kurze, guten Stoff. Vielleicht auch eine Mütze voll Schlaf. Morgen fahre ich dann in die Klinik.«
    Das reicht mir schon. »Okay. Morgen.«
    Evelyn kichert, und der jahrzehntelange Whiskey- und Zigarettenkonsum lassen sie wie eine lungenkranke Achtzigjährige klingen. »Wusstest du, dass Edit mehr als fünf Jahre jünger ist als ich? Sie ist meine Stiefmutter. Ich wünschte, sie wäre eine blöde Schlampe. Ehrlich, dann hätte ich jemanden, dem ich die Schuld in die Schuhe schieben könnte, nicht nur mir selbst. Aber Edit war immer cool. Wir haben in unserer Familie nie viel davon gehalten, ständig aufeinanderzuhängen, aber sie war okay. Hat mich ein paarmal auf Kaution rausgeholt.«
    Die ultimative gute Tat in den Augen eines Trinkers: die Rettung aus der Ausnüchterungszelle.
    Plötzlich werden meine Augen wässrig, und Emotionen trüben meinen Laserblick. In letzter Zeit passiert mir das immer häufiger; eine Kindheitserinnerung treibt an die Oberfläche und macht mich ganz rührselig. Ich erinnere mich, wie ich mich in Dublin mit Evelyn auf dem Dach der Garage versteckt habe. Sie brachte mir bei, wie man Zigaretten dreht. Jedes Kind sollte das draufhaben. Ich weiß noch, dass ich dachte, dass sie wie meine Mom aussah, und ich wollte immer schon meine Mom heiraten, deshalb dachte ich, dass ich vielleicht ja stattdessen Evelyn heiraten könnte. Also hab ich ihr gesagt, dass wir heiraten sollten, und sie hat geantwortet: Klar, Danny. Wir können heiraten, aber mit meinen Titten musst du vorsichtig sein, okay?
    Und jetzt seht uns an: eine Säuferin und ein Mann auf der Flucht. Was ist da bloß schiefgelaufen? Zeb hat für fast alle Gelegenheiten einen Spruch parat, und ich denke, der für diesen Moment passendste ist: Manchmal verwandelt sich das hässliche Entlein nicht in einen schönen Schwan, weil es nun mal ein verdammt hässliches Entlein ist. Und weißt du, was mit Enten ist? Die sind gefickt.
    Genau das sind wir, Evelyn und ich, zwei hässliche Entlein. Und ich weiß, was mit Enten ist.

    Ich hab viel übrig für schöne Vier-Sterne-Hotels, minimalistisch und modern, mit intakten Rohrleitungen. Gehobene Fünf-Sterne-Häuser dagegen ziehen in der Regel jede Menge Pack an. Besonders solche wie das Broadway Park House, ein teures altmodisches Hotel am Central Park South mit uniformierten Portiers, die Evelyn und mich mit Argusaugen beobachten,

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