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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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kaum dass uns die Drehtür in die Lobby gespuckt hat. Hier drin stinkt es nach Geld, Bodenpolitur und Whiskey. Evelyn schnuppert wie ein Bluthund in die Luft.
    »Hey, Dan, riechst du das?«, sagt sie. »Warum …«
    »Nein«, sage ich und falle ihr gestreng ins Wort. Egal welche Version von Nur ein einziger Drink sie anstimmen möchte, ich hab sie schon mal gehört. Ich habe sie alle gehört.
    Edit geht wartend in der Lobby auf und ab, was auch gut so ist, denn die Portiers haben uns bereits umzingelt und sind kurz davor, die Falle zuschnappen zu lassen. Sie sieht Evelyn und erstarrt, als hätte jemand ihren Stecker gezogen. Es dauert ein paar Sekunden, bis sie erneut anspringt, aber dann rast sie uns über den glänzenden Fußboden entgegen und stürzt sich auf meine Tante. Umarmt sie und küsst sie auf die Stirn. Evelyn grinst und fuchtelt mit den Ellbogen, als wollte sie einen jungen Hund abwehren.
    »Eigentlich kenne ich die Frau gar nicht«, wispert sie mir kichernd zu.
    Sollte Edit die Bemerkung gehört haben, so lässt sie sich nichts anmerken, aber nach einigen weiteren Sekunden, in denen eifrig umarmt und geküsst wird, tritt sie einen Schritt zurück und zieht den Rock ihres gemusterten Wickelkleids gerade, das von Diane von Fürstenberg stammt, was ich zufällig weiß, weil ich gesehen habe, wie die erbarmungslose Joan Rivers in Fashion Police Promis auf dem roten Teppich seziert hat.
    »Letzte Saison«, sage ich wie ferngesteuert. »Aber schon ein Klassiker.«
    »Danke, Daniel«, sagt Edit, und ich schwöre, sie wird ein bisschen rot, nicht weil mir ihr Kleid aufgefallen ist, sondern weil sie öffentlich Gefühle gezeigt hat. Gefühle gelten bei den oberen Zehntausend als absolutes No-Go. Noch nie ist jemand reich geworden, indem er sein Herz auf der Zunge trug, es sei denn, es war das Herz eines anderen. Das gilt insbesondere für Paddy Costello, der alles darangesetzt hat, Vulkanier aus seinen Kindern zu machen, wobei stattdessen aber irgendwas links von Cheech and Chong herauskam.
    Deine Mutter ist eine Nutte war der Kommentar meines Vaters bezüglich der politischen Ansichten meiner Hippiemutter. Ich weiß noch, wie er mir das in einer Bar vor allen seinen Saufkumpels verkündete. Vor deiner Geburt hat sie mit so vielen Kerlen gevögelt, dass ich nicht mal sicher weiß, ob du überhaupt von mir bist. Dann klapperte er den kompletten Tresen ab und sammelte Pfundscheine bei den Säufern ein, die drauf gewettet hatten, dass er einen zähen kleinen Straßenköter wie mich nicht zum Weinen bringen würde. Pop war so stolz auf sich, dass er mir sogar einen Schein abgab. Und ich hab ihn genommen, hab auf einen Eispickel gespart. Scheiß drauf.
    Edit beruhigt sich mit ein paar Yoga-Atemübungen und strahlt mich an. Ihre Zähne sind weiß und gerade wie Orbit Spearmint, abgesehen von einem leicht schiefen Eckzahn. Irgendwo habe ich gelesen, dass Kieferorthopäden heutzutage einen klitzekleinen Fehler stehenlassen, damit der Look natürlicher rüberkommt.
    »Daniel«, sagt sie und schüttelt den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass das wahr ist. Du bist mein Retter.«
    Fast werde ich jetzt selbst rot. Edit ist wirklich überglücklich. Das ist nicht gespielt. Ich kann Menschen ganz gut durchschauen, und bei dieser Frau hier leuchten ausschließlich grüne Lampen. Sie mag nicht immer ehrlich sein, aber Evelyn und mir gegenüber ist sie’s.
    »Ich hab gar nichts gemacht«, sage ich und mache auf Gern geschehen . »Hab nur schnell meine Tante nach Hause gefahren.«
    Nach Hause. Das Stichwort für Edit. »Ja, zu Hause. Du bist zu Hause, Evelyn. Bitte bleib. Bitte. Du bist die Einzige, die ich noch habe. Du auch, Dan.«
    Hab schon gedacht, sie würde mich gar nicht mehr mit einbeziehen. »Tatsächlich könnte ich in den nächsten Tagen ein Versteck ganz gut gebrauchen. Meine Situation ist derzeit recht kompliziert.«
    »Natürlich. Natürlich. Ich habe mehr als genügend Zimmer. Bleibt so lange wie nötig. Bleibt länger als nötig. Hast du Gepäck, Evelyn?«
    Evelyn runzelt die Stirn. »Ich hatte eine Mülltüte voll Klamotten, aber der Kerl in Queens, das Arschloch, das mich ausgenommen hat, hat sie mir geklaut. Was zum Teufel will er mit meiner Strumpfhose?«
    Edit ist verwirrt. Die Aussage ihrer Stieftochter enthält zahlreiche Elemente, die sie begrifflich kaum in der Lage ist zu durchdringen.
    »Ausgenommen hat er dich?«, sagt sie und fürchtet sich beinahe nachzuhaken.
    »Ja, ich musste ein bisschen

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