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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Wenn Ronnie etwas Unerwartetes macht, und mag es auch noch so unbedeutend sein, dann wird mir meist bewusst, wie einzigartig sie ist, wie außergewöhnlich. Heute Morgen fühle ich mich aber einfach nur hilflos und ausgespielt.
    »Das Problem ist, dass du zum Verhör geladen bist«, sagt sie. »Ich müsste dich eigentlich sofort in die Stadt geleiten.«
    Mir gefällt die Formulierung. Sie läuft auf ein Aber hinaus, und ich dränge sie ungeduldig.
    »Aber?«
    »Aber ich weiß, wie wichtig es dir ist, Frauen zu beschützen, auf deine großkotzige, alphamännliche, dödelschwingende Art.«
    »Und?«
    »Und deshalb könnte ich’s verstehen, wenn du, sollte deine Tante das Abenteuer nicht überleben, ein F aus unseren gemeinsamen BFF-Tattoos streichen lässt.«
    »Vielleicht sogar ein B«, sage ich und trage damit ziemlich dick auf.
    »Also fahren wir da hin, weil ich einen hinreichenden Verdacht aus verlässlicher Quelle habe. Entführung oder so. Genügt dir das?«
    »Absolut, Ronelle. Du rettest ein Menschenleben.«
    Ronelle pflanzt ihren Ellbogen auf den Tisch, was schon genügt, um die Kellnerin zu verschrecken, die sich eigentlich in Bewegung gesetzt hatte, um nachzuschenken.
    »Aber wenn du mich reinlegst, Dan, dann werde ich noch mal einen genaueren Blick auf den ganzen kriminellen Scheiß werfen, der im vergangenen Jahr bei dir im Viertel so passiert ist.«
    Auf den Deal einzugehen, bin ich bereit. »Okay, Ronnie. Ich unterschreibe jedes Geständnis.«
    »Und du versprichst mir jetzt: keine plötzlichen Attacken, kein verdeckter Ermittlerscheiß.«
    Ich hab’s eilig zu gehen. »Kein Scheiß, egal welcher.«
    »Ich hoffe, das meinst du ernst, Dan«, sagt Ronelle und wirft einen Zwanziger auf den Tisch, obwohl sie gar nichts verzehrt hat. »Ich bin gerade erst zum Lieutenant befördert worden, und ich würde es gerne noch eine Weile bleiben.«
    Nach dem kleinen Ausflug in den Fluss gluckst mein Handy mehr, als dass es klingelt. Unwillkürlich blicke ich aufs Display.
    Warte nicht darauf, dass dich ein Prinz auf einem weißen Pferd errettet. Du bist selbst ein Prinz.
    Ich verdecke das Display mit der Hand.
    Ronelle schielt misstrauisch rüber. »Was Interessantes, Cowboy?«
    »Nö«, sage ich und schiebe mich von der Sitzbank. »Weder interessant noch hilfreich.«
    Ronnie schiebt sich auf ihrer Seite raus, und plötzlich stehen wir sehr nah beieinander. Ich weiß nicht, ob ich ausweichen soll oder nicht. Ronnie tritt noch näher an mich heran und legt mir die flache Hand auf den Rücken. Ihre Augen sind zwei Schokobonbons, und wenn sie lächelt, könnten ihre Lippen einer netten Person gehören. Jetzt lächelt sie.
    »Ronnie«, sage ich, aber weiter komme ich nicht, weil ich nicht weiß, was ich als Nächstes sagen soll, und außerdem rutscht ihre Hand immer tiefer unter den Bund meiner Jeans.
    Das alles ist sehr öffentlich, und ich habe eigentlich auch gar keine Zeit dafür, aber ich kann nicht anders, als an die Nacht zu denken, die wir zusammen hatten, und die war wild.
    Irgendwie muss sich das wohl in meinem Gesicht bemerkbar gemacht haben, weil Ronnie lacht.
    »Bilde dir bloß nichts ein, McEvoy, ich wollte nur mal nachsehen.«
    Sie schiebt zwei Finger unter den Tanga, zieht und lässt ihn zurückschnappen.
    »Hast ihn ja immer noch an, hm?«
    Ich nicke und hoffe, dass von dem halben Dutzend Frühaufstehern in dem Diner keiner das kleine Schauspiel mitverfolgt hat.
    »Normalerweise habe ich keine Ersatzunterwäsche dabei.«
    »Kann ein Problem werden«, sagt Ronnie und wischt sich den Matsch mit einer Serviette von den Fingern. »Wenn du aussiehst wie ein heruntergekommener alter Penner, lassen die dich bestimmt nicht ins Broadway Park House.«
    Das Wörtchen alt wäre in diesem Zusammenhang nicht nötig gewesen.

    Wir machen kurz in einem rund um die Uhr geöffneten Geschäft auf dem Broadway Station und kaufen ein paar Klamotten für mich, die nicht nach Flussgülle stinken. Von Ronelles Dienstabzeichen überredet, rückt der Geschäftsführer den Schlüssel zur Angestelltentoilette heraus. Ich kratze mir minutenlang Schlamm aus den Körperöffnungen und starre mich in einem Spiegel an, an dem zwischen Glas und Aluminiumrahmen offensichtlich Pilze wachsen. Ich sehe recht mitgenommen aus, wie eine Zombie-Version meiner selbst, und der Eindruck wird dadurch noch verstärkt, dass Michael Jacksons »Thriller« über die Lautsprecher läuft, aber vielleicht bin ich auch nur deshalb draufgekommen. Ich halte

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