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Hinterland

Hinterland

Titel: Hinterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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mich an die Entrüstung der Frau des Hauses, als ich darauf gedeutet und blöde gegrinst hatte. Es ist nicht einzusehen, sagte
     sie, daß ich mich an den Geschmack von euch Hugenotten halte, damit hatte sie auch für immer und ewig das Urteil über mich
     gefällt, dabei hatte ich nicht spotten wollen, ich war nur belustigt, wie Hehlerware ihren Weg in die Haushalte fand.
    Mir fiel wieder der Plastikritter ein, ich klaubte ihn aus der Tasche, ein berittener Standartenträger, das Gesicht gut herausgearbeitet,
     die Rüstung in der richtigen kalten Farbe bemalt, er fehlte mir in meiner Sammlung, wie durch Zufall hatte Franz die richtige
     Wahl getroffen. Er war nicht als Bestechung gemeint, aber als Wiedersehensgeschenk, ich war kein Judas, und er war kein Heiland
     im Olivenhain, das konnte er endlich mal einsehen. Mensch Franz. Würdest du mich in diesem meinem Unterschlupf sehen, würdest
     auch du michabschreiben. In dieser Stadt war die Entrüstung immer sehr groß, wenn man nicht fand, was man suchte, wir hatten uns doch
     daran gewöhnt, also beschafften wir uns unauffällige billige Waren – Mensch Franz, was suchst du? Willst du heilig werden,
     Schuld Unschuld, läppisch das alles. Also sammelte ich kniende und stehende Bogenschützen, Kreuzritter mit Lanze, mit Spieß,
     Sarazenen mit Speer und Schwert, und in einem anderen Unterschlupf hatte ich sie auf einer großen Holzplatte in Heeren in
     offener Feldschlacht aufgestellt, die vordersten Reihen waren aufgelöst, und die Plastikritter und die Plastiksarazenen standen
     sich gegenüber, erstarrt in dem Augenblick vor dem Schwerthieb und der tödlichen Verwundung. Du, Franz, versteigst dich in
     den Wahn, den Verräter aufzuscheuchen aus seinem Loch, ich begnüge mich mit Kinderspielen. Meine Wangen brannten. Ich hielt
     die Feuerzeugflamme an den Docht des Kerzenstummels, klappte den Handspiegel auf und musterte mein Spiegelbild: Eine saubere
     Rasur, eine kleine Verwandlung, und trotzdem würde er mich erkennen.
    Die Haustür wurde aufgeschlossen, ich hörte den Mann mit seiner Frau reden, sie sprach in Zimmerlautstärke, er flüsterte,
     dann ging die Tür des Gästezimmers auf, und ich sah sie im Türrahmen stehen, sie sagte: Komm, wir trinken alle zusammen einen
     Schnaps, und ich lag einige Sekunden lang wie gelähmt im Bett. Dies war für sieben Jahre meine Ehefrau gewesen, dies war die
     Frau, die mich in ihrem Leben nicht länger dulden wollte, weil sie ein neues Leben anfing mit dem Hehler, der ihr versprach
     auszusteigen und es doch nicht tat, dies war die Frau, die ihn dazu brachte, seinen Schnaps mit mir zu teilen. Langsam kroch
     ich aus dem Bett, steckte hastig den Ritter in meine Tasche und folgte ihrer Einladung. Das Wohnzimmer war hell erleuchtet,
     und als ich eintrat, grunzte der Mann, vielleicht war es auch nur ein versöhnlicher Laut. In Anwesenheit seiner glänzenden
     Frauwollte er wohl gesellig wirken, er schenkte mir sogar eigenhändig Schnaps ein.
    Es war weit nach Mitternacht, und nach dem ersten Schluck wußte ich, was die Stunde geschlagen hatte. Sie sagte: Du weißt,
     daß ich dich in meinem Haus nicht dulde. Trotzdem kommst du her, und du fühlst dich sogar so heimisch, daß du dich in meinem
     Badezimmer rasierst. Ohne Bart siehst du unanständig aus, dein Kopf ist so unanständig wie ein nackter Kerl in der Öffentlichkeit.
     Ich weiß, du willst mich nicht zurückerobern. Du bist lumpig und verwahrlost. Es ist sehr lange her, daß ich dich wegen deiner
     Arbeitsverweigerung gewarnt habe. Aber es geht bei dir hier rein und dort raus. Ich kenne das Problem mit Franz, als Ehefrau
     ist man ein Mitwisser. Was wollt ihr jetzt unternehmen? Ihr Mann meldete sich als erster, die Augen auf- und die Tür geschlossen
     halten, der rückte einem doch nicht mit einer Bande auf die Pelle, ein Hauch und den bekäme man umgepustet, und wegen des
     Streiks wäre er sowieso im Nachteil, über viel Bargeld könnte er nicht verfügen, er müßte sich Sorgen machen, und nicht wir.
     Und er redete sich in Rage, und während er weitergrollte, stand sie auf und legte den Kopf schief, auch ich hatte draußen
     ein Räuspern gehört, und nach einem zweiten Räuspern hörten wir Franz, wie er sich draußen die Schuhe abtrat, und dann sagte
     er zu einer Person: Es wäre wunderschön, wenn die da drin mir endlich keine Lügen mehr auftischen würden.

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    Die Hausmeisterin paßte ihn im Treppenhaus ab, folgendes war geschehen: Sie

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