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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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aber nicht unbedingt ungefährlich. »Ich habe damit geliebäugelt«, räumte der Earl ein. »Es wäre ein Exempel, das wohl auf immerdar für Disziplin sorgen würde. Aber wie deine Großmutter mir schrieb, warst du lange genug eingesperrt.« Mit einer einladenden Geste wies er auf einen der Sessel am Kamin. »Erzähl mir, was geschehen ist und wo du warst.«
    Alan schenkte Cider, der in einem Krug bereitstand, in zwei Becher, reichte seinem Onkel einen davon, trank ihm zu und setzte sich ihm gegenüber. »Nach unserem … wie soll ich es nennen? War es ein Streit? Ein Zerwürfnis?«
    »Trotzanfall?«, schlug Gloucester vor, und auch an diese Unschuldsmiene, mit der er kleine oder größere Spitzen austeilte, erinnerte Alan sich nur zu gut.
    Er ging mit einem flüchtigen Lächeln darüber hinweg. »Ich bin nach Hause geritten und fand East Anglia in Aufruhr wegen Geoffrey de Mandeville. Also habe ich beschlossen, ihn zur Strecke zu bringen. Um meiner Heimat Frieden und Ordnung zurückzugeben, redete ich mir ein, aber vor allem, um es Euch zu zeigen …«
    Der Rest war rasch berichtet.
    Gloucester lauschte ihm mit konzentriert gerunzelter Stirn. Als Alan geendet hatte, trank er versonnen einen Schluck, stellte den Pokal dann ab und sagte: »Ich war sicher, du seiest tot. Es war mir immer wie ein Wunder vorgekommen, dass du mit deinem unverantwortlichen Leichtsinn die Mitte der Zwanzig erreicht hattest, aber irgendwann lässt das Glück jeden einmal im Stich. Als ich hörte, dass du auf der Jagd nach Geoffrey de Mandeville verschwunden warst, war ich überzeugt, er habe dich erwischt und getötet. Ich habe dich betrauert, aber was mir den Schlaf geraubt hat, war die Vorstellung, was er womöglich mit dir getan hatte, ehe er dich tötete. Er war schließlich berüchtigt dafür, dass er seine Feinde einen Tag und eine Nacht lang sterben ließ. Jetzt bist du wieder da, keine meiner Befürchtungen hat sich erfüllt, und doch stellt sich heraus: Was du erlebt hast, war schlimmer als alles, was Mandeville dir je hätte antun können.« Er schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Alan. Ich habe mir tausendmal gewünscht, ich hätte dich nicht gehen lassen, aber nie so inbrünstig wie heute.«
    Alan hob abwehrend beide Hände. »Es war nicht Eure Schuld«, entgegnete er entschieden. »Im Übrigen … war es nicht so unerträglich, wie Ihr vielleicht denkt.« Er lächelte schwach. »Es war grauenhaft, mein Gedächtnis verloren zu haben. Eine wandelnde, leere Hülle zu sein. Ich wäre nicht erpicht darauf, die letzten drei Jahre noch einmal zu erleben. Aber sie haben mich viel gelehrt, was ich andernfalls nie gelernt hätte. Es war keine verlorene Zeit, stelle ich allmählich fest.«
    Gloucester betrachtete ihn erstaunt. »Auf jeden Fall hat sie dich erwachsen gemacht«, bemerkte er. »Ein Wunder, das zu vollbringen ich mich vergeblich bemüht habe.«
    Alan sah ihn an, den Kopf leicht zur Seite geneigt. »Worüber haben wir gestritten?«
    »Über einen deiner verrückten Alleingänge. Ein Kundschafter brachte die Nachricht, dass Stephen mit seinem ältesten Sohn Eustache inkognito von Westminster nach Winchester reisen wolle, und du bist mit einer Handvoll Männer losgeritten, um ihnen aufzulauern und sie gefangen zu nehmen. Gegen mein ausdrückliches Verbot.«
    Alan verengte die Augen und richtete den Blick aufs Fenster. »Stephen hatte unseren Kundschafter gekauft. Die Nachricht war eine Falle«, murmelte er zögernd, während sich die Erinnerungslücke schloss. »Sie sollte Euch aus Bristol herauslocken. Stattdessen bin ich in die Falle getappt. Vier meiner Männer sind gefallen.«
    Gloucester nickte. »Und einer hat den Schildarm verloren und starb hier im Lazarett. Ich war zornig über diese Verschwendung und erschrocken darüber, wie knapp du selbst entronnen warst. Du wolltest einfach immer mit dem Kopf durch die Wand. Du dachtest, du wüsstest alles besser. Die Männer haben dich vergöttert, aber allmählich wurdest du für jeden von ihnen zum Risiko. Also habe ich dich zurechtgewiesen.«
    »Öffentlich. In der Halle, vor Eurem versammelten Hof.« Bei der Erinnerung an die Schmach fühlte Alan seine Wangen heiß werden.
    Gloucester bewies zumindest so viel Anstand, ein wenig verschämt zu sein. »Ich wusste mir keinen anderen Rat mehr. Ich habe nichts unversucht gelassen, dich zur Vernunft zu bringen. Aber du warst wie besessen.«
    Besessen . Da war es wieder, dieses Wort. Er sei von Susanna besessen gewesen, hatte

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