Hiobs Brüder
ständig zu vergessen. Ich kann damit tun, was ich will.«
Guillaume gab nach. »Also schön. Warten wir erst mal ab, ob wir einen Jungen zustande gebracht haben.« Es klang ein wenig unwirsch, aber seine Augen leuchteten vor Freude über Alans Anerkennung und die großzügige Geste.
Zufrieden ging Lord Helmsby zur Tür. »Du weißt nicht zufällig, wo Haimon steckt?«
»Er hat heute früh mit Susanna gesprochen, ehe sie aufbrach. Dann hat er seinen Gaul satteln lassen und ist mit unbekanntem Ziel verschwunden. Vielleicht haben wir ja Glück und er ist in den Sumpf gefallen.«
Alan verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln. »Rechne lieber nicht damit.«
Als die Sonne im Westen stand und der Haushalt sich zum Essen in der Halle versammelte, kam es Alan so vor, als sei dieser Tag schon ein Jahr alt. Doch er war fast zwei Monate fort gewesen, und es gab einen Bewohner von Helmsby Castle, um den er sich seit seiner Heimkehr noch nicht gekümmert, nach dem er sich nicht einmal erkundigt hatte.
»Emma, sei so gut, bring mir einen Krug Wein und eine Schale von was immer die Köchin uns heute Abend vorsetzen will.«
»Lammbraten, Mylord. Zur Feier des Tages, wenn Ihr versteht, was ich meine.«
Er warf ihr einen warnenden Blick zu. »Beeil dich ein bisschen, sei so gut.«
Er blieb an der Treppe stehen, während sie in die Küche hinunterging. Nach kurzer Zeit brachte sie ihm einen Krug und eine kleine Platte mit Braten und Brot, und Alan trug diese Schätze in die Turmkammer hinauf.
»Regy.«
»Mylord.« Regy saß im Schneidersitz an die Wand gelehnt und verneigte sich, bis seine Stirn fast den Boden berührte. »Welch unverhoffte Ehre.«
Er trug ein Paar Beinlinge. Sie waren fleckig und ausgefranst, aber immerhin. Es war stets eine Erleichterung, Regy halbwegs bekleidet vorzufinden, denn es gab Anlass zu der Hoffnung, dass man einen guten Tag erwischt hatte.
»Lass mich nicht warten. Steh auf und zeig mir die Kette«, befahl Alan von der Tür aus.
Artig stand Regy aus dem Stroh auf und machte drei Schritte, bis die Kette sich unter leisem Klirren spannte. »Ist es nicht ein bisschen erbärmlich für den berühmten Alan of Helmsby, sich so vor einem bedauernswerten Narren wie mir zu fürchten?«, rügte er.
»Ich bin nicht sicher. Auf jeden Fall ist ein Narr, wer sich nicht vor dir fürchtet.« Alan trat näher, stellte seine Gaben ab und ging wieder ein paar Schritte zurück. »Hier ist es bemerkenswert sauber«, stellte er fest. Es roch auch deutlich besser als bei seinem letzten Besuch.
»Simon und Edmund hatten einen Anflug von Barmherzigkeit und haben beschlossen, die Höhle des Raubtiers zu säubern.«
»Und du hast beschlossen, sie nicht gleich wieder in einen Schweinepferch zu verwandeln. Und du bekleidest dich. Und du hast die Chance verstreichen lassen, Simon zu töten, als du konntest, habe ich gehört. Was soll das werden? Willst du uns weismachen, du seiest geläutert? Ich weiß, du hältst dich für weitaus klüger als jeden von uns, aber ich habe Mühe zu glauben, dass du erwartest, wir könnten darauf hereinfallen.«
Regy fuhr sich ein wenig verlegen mit der Hand durch das wirre schwarze Haar. »Ich musste es wenigstens versuchen, oder?« Es klang beinah quengelig. »Wärst du nicht zurückgekommen, hätten diese Toren mir früher oder später geglaubt. Simon und Edmund jedenfalls.«
»Du träumst«, widersprach Alan. Insgeheim fürchtete er indes, Regy könnte recht haben. King Edmund war nicht bei Trost, und Simon mochte zwar über die letzten Monate ein gutes Stück erwachsener geworden sein, aber Regys Tücke war er nicht gewachsen. Dafür war er einfach zu gutartig. Und zu arglos. Im Gegensatz zu mir, dachte Alan spöttisch.
Er ließ sich Regy gegenüber an der Wand nieder.
Regy trank einen tiefen Zug aus dem Krug und verschlang eine Bratenscheibe mit wenigen großen Bissen. »Du hast dich also erinnert«, sagte er schließlich und vertilgte ein Stück Brot auf die gleiche Weise.
Alan nickte.
Regy lachte leise vor sich hin. »Du verfluchter Bastard, Alan. Warum du? Warum solltest du als Einziger von uns erlöst werden? Ausgerechnet du?«
»Ich habe keine Ahnung«, bekannte Alan. »Kann ich dich etwas fragen?«
»Oh, aber gewiss doch, mein Bester.«
»Du hast einmal gesagt, du wollest mich töten.«
»Ich wette, das habe ich öfter als einmal gesagt.«
»Es werde einen ganzen Tag und eine ganze Nacht dauern, hast du prophezeit.«
»Ja.« Regy seufzte tief. »Ich hatte mir
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