Hiobs Brüder
zustande brachte. Aber das war nichts, gemessen am Ausmaß seiner Erleichterung. Susanna war ein Fehler gewesen, und jetzt konnte er sich eingestehen, dass er das schon wenige Wochen nach ihrer Hochzeit gewusst hatte, genau wie seine Großmutter vorhergesagt hatte. Es war nicht einmal so sehr ihre Einfalt gewesen, die ihn enttäuscht und schließlich fortgetrieben hatte, sondern vor allem ihre Niedertracht und Überheblichkeit, die sie gegenüber dem Gesinde und jedem anderen an den Tag legte, der ihr gesellschaftlich nicht ebenbürtig war. So wie sie es bei seiner Heimkehr mit Oswald und den übrigen Gefährten getan hatte. Als er damals kurz nach der Hochzeit seinen Fehler erkannt hatte, glaubte er, der einzige Ausweg sei der Krieg und der einzige Trost Frauen wie Eanfled. Denn damals hätte er den Gesichtsverlust, den eine Scheidung bedeutete, niemals in Kauf nehmen können.
Das war heute ganz anders.
Er verließ seine Kammer und hielt sich mit Mühe davon ab, vor sich hin zu pfeifen. Auf der Treppe begegnete er Emma.
»Guten Morgen, Mylord.« Sie strahlte.
»Emma.«
»Eure Gemahlin hat uns verlassen?«
»Hm.«
»Auf unbestimmte Zeit, sagt die Köchin?«
»Die Köchin redet wie so oft dummes Zeug. Nicht auf unbestimmte Zeit, sondern für immer.«
Emma nickte und verfrachtete den schweren Leinenstapel, den sie trug, von einer Hüfte auf die andere. »Niemand in Helmsby wird ihr eine Träne nachweinen«, bekundete sie.
Er nickte knapp. »Das kann ich ohne Mühe glauben, aber es steht dir nicht an, das zu sagen.«
Sie lächelte treuherzig. »Ich bin zuversichtlich, dass Ihr mir dies eine Mal noch vergeben könnt, Mylord.« Dann zwängte sie sich an ihm vorbei und lief leichtfüßig die Treppe hinauf.
Als Alan sicher war, dass sie sich nicht umwenden und ihn erwischen würde, gönnte er sich ein breites Grinsen.
Gleich nach dem Frühstück bat er Matilda, Guillaume und Bruder Elias zu sich und setzte sie von seinen Scheidungsabsichten in Kenntnis.
Seine Großmutter schien nicht überrascht, Guillaume ließ nicht erkennen, was er dachte, und der Bruder war erwartungsgemäß entsetzt.
»Einen Bund vor Gott schließen Mann und Frau für ihr ganzes Leben, Mylord«, hielt er ihm streng vor. »Nicht für die Zeit, da es ihnen genehm ist. Und der Bund ist unverbrüchlich, ganz gleich, was einer der Eheleute sich zuschulden kommen lässt. Oder beide«, fügte er mit einem vielsagenden Blick hinzu.
Alan lauschte ihm höflich. »All das ist mir bekannt, Bruder. Aber Tatsache bleibt, dass meine Gemahlin und ich zu nah verwandt sind, um verheiratet sein zu dürfen. Also werde ich beim Bischof um eine Scheidung ersuchen – mit Eurer Hilfe oder ohne sie. Solltet Ihr mir Eure Hilfe indes verweigern, werde ich mir früher oder später die Frage stellen müssen, wozu ich Euch und Eure beiden Mitbrüder eigentlich in Helmsby durchfüttere, wo Euer Kloster doch längst wieder in sicheren Händen ist und eigentlich kein Grund mehr besteht, warum Ihr Euch hier verkriechen solltet.«
Bruder Elias starrte ihn mit offenem Munde an.
Matilda nutzte seine Sprachlosigkeit, um zu fragen: »Wer ist der Bischof von Norwich? Jemand, den wir kennen?«
Alan schüttelte den Kopf. »William Turba, ein Benediktiner, den der letzte Bischof sich als Nachfolger in seiner Kathedralschule herangezogen hat.« Viel mehr hatte er in Bristol nicht über den Bischof von Norwich erfahren können, aber er wusste dies: William Turba war kein Freund der Juden von Norwich, und sein Fanatismus, mit dem er die Kanonisierung des angeblich von den Juden ermordeten Gerberlehrlings betrieb, sorgte für ständig schwelende Unrast in der Stadt. »Ein getreuer Anhänger König Stephens«, fügte er trocken hinzu.
Lady Matilda winkte beschwichtigend ab. »Er wird dennoch tun, was du willst, wenn du eine großzügige Spende mitschickst.«
»Das glaube ich auch. Er hat eine Kathedrale gebaut und ist daher in Geldnöten.«
»Und es ist wichtig, dass deine Petition den richtigen Wortlaut hat, sonst lassen die kirchlichen Juristen sie erst gar nicht zu.«
Alan nickte zu Bruder Elias hinüber. »Deswegen brauche ich Eure Hilfe. Es stimmt doch, dass Ihr Kirchenrechtler seid, nicht wahr?«
»Schon, aber …«
»Wie lange wird es dauern, was schätzt Ihr?«, fiel Alan ihm ins Wort.
»Nun, das hängt von verschiedenen Faktoren ab, Mylord.«
»Er meint, je großzügiger deine Spende ausfällt, desto eher bekommst du deine Scheidung«, übersetzte seine
Weitere Kostenlose Bücher