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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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erklärte Oswald bereitwillig.
    »Anfassen?«
    Oswald sah unsicher zu Alan. »Ich weiß nicht. Sie ist sehr klein, oder?«
    Alan kam zu ihnen zurück und ließ sich neben Oswald auf der Bank nieder. »Doch, Agatha, du kannst ihn streicheln, wenn du willst.«
    Ehe der Schmied mit dem Bier zurückkam, hatten Grendel und Agatha Freundschaft geschlossen. Sie streichelte sein Zottelfell, er leckte ihre Hand, ließ sich dann auf die Seite fallen und wälzte sich auf den Rücken, was Agatha so komisch fand, dass ihr glockenhelles Lachen gar kein Ende mehr nehmen wollte.
    Alan sah dem ungleichen Paar gebannt zu, bis eine schwielige, rußige Hand mit einem Holzbecher in seinem Blickfeld erschien. »Hier, Mylord.«
    »Danke.«
    Auch Oswald bekam sein Bier und bedankte sich.
    Der Schmied setzte sich zwischen sie, trank und brummte: »Ich hoffe, der Köter ist so harmlos, wie er tut.«
    »Jedenfalls ungefährlicher, als ein schlafendes Kind allein am Ufer liegen zu lassen«, konterte Alan. Er wusste so gut wie jeder in Metcombe, dass der Ouse ein tückischer Fluss mit einem trügerischen Ufer war, der schon so manches Kind mit sich fortgerissen hatte.
    Cuthbert trank, scheinbar seelenruhig. »Sie war ja nicht allein«, bemerkte er dann. »Wenn ich sie unbeaufsichtigt hier draußen lassen muss, bind ich sie an.« Er wies auf einen stabilen Holzpflock, der in die Erde eingeschlagen und an den ein dünner Strick geknotet war − lang genug, um einem Kind Freiraum zum Spielen zu gewähren, aber bis ans Ufer reichte er nicht.
    Die Vorstellung, dass seine Tochter an einen Strick gebunden wurde wie ein Stück Vieh, gefiel Alan nicht, aber er ließ es sich nicht anmerken. Er wusste, alle Eltern, die in Flussnähe wohnten, machten es so mit ihren Kleinen, denn sie hatten viel zu viel Arbeit, um ihre oft zahlreiche Brut jeden Augenblick des Tages wachsam im Auge behalten zu können.
    Oswald stellte seinen unberührten Becher auf die Bank, kniete sich neben Agatha ins Gras und zeigte ihr, wo Grendel am liebsten gekrault wurde.
    »Der Steward sagt mir, ihr habt über den Winter fast zwanzig Männer verloren?«, begann Alan.
    Cuthbert nickte, nahm einen ordentlichen Zug und fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. »Die meisten hat das Fieber geholt, ein paar sind beim Eisfischen ertrunken.«
    »Und nun liegt wie viel Land brach?«
    Der Schmied überlegte kurz. »An die vierzig Acre, schätze ich.«
    »Guter Gott, Mann, das ist fast eine halbe Hufe.«
    »Was Ihr nicht sagt, Mylord …«
    Alan warf ihm einen warnenden Blick zu.
    »Nicht alles liegt wirklich brach«, beeilte Cuthbert sich zu erklären. »Die Leute haben ja noch ihr Wintergetreide gesät, eh es sie erwischt hat. Aber jetzt steht das Korn reif auf den Feldern, und keiner bringt es ein.«
    Lord Helmsby schüttelte entschieden den Kopf. »Das dürfen wir nicht zulassen. Wer ist der Pfarrer von Metcombe? Immer noch der alte Vater Swein?«
    »Den hat auch das Fieber geholt. Wir haben einen neuen, Vater Ralph.«
    »Ein Normanne?«, fragte Alan verwundert.
    Cuthbert nickte. »Ich möchte wetten, er war Soldat, eh er sich besonnen hat und Priester geworden ist. Manchmal lässt er sich volllaufen, und dann liegt er in seiner Kate und singt. Wir verstehen kein Wort, aber es klingt nicht nach frommen Liedern. Im Großen und Ganzen ist er nicht übel. Latein kann er nicht viel, glaub ich, aber er versteht die Sorgen der Leute und macht ihnen Mut. Er kümmert sich um seine Schäfchen, so gut er kann.«
    »Ich rede mit ihm und mit King … mit Vater Edmund in Helmsby. Sie müssen uns zwei Sonntage erlauben zu arbeiten, und dann wird Helmsby geschlossen hier anrücken und helfen, das Korn einzubringen. Und das Land muss möglichst schnell neu verpachtet werden. Gibt es denn keine Erben für die Schollen?«
    »Doch. Aber sie können es sich nicht leisten, das Erbe anzutreten und Euch den Heriot zu zahlen.«
    Alan lag eine scharfe Erwiderung auf der Zunge. Es war üblich, dass die Bauern über die Pacht stöhnten, aber über Sonderabgaben wie den Erbanteil, der ihrem Gutsherrn nach dem Gesetz zustand, stöhnten sie noch viel lauter. Nicht einmal zu Unrecht, wusste Alan. Ihr Leben war hart. Wenn ein Erbe das beste Stück Vieh aus der Herde oder den entsprechenden Gegenwert in Pennys als Heriot an Alan zahlte, mochte es im nächsten Hungerwinter genau dieser Betrag sein, der seinen Kindern zum Überleben fehlte. So waren die Dinge eben, und Alan wäre nie in den Sinn gekommen, sie zu

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