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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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hinterfragen, denn es war die Ordnung der Welt, die Gott und sein auserwählter König geschaffen hatten. Er musste sich indessen eingestehen, dass es die Sichtweise veränderte, wenn man selbst ein paar Jahre Not und Hunger gelitten hatte.
    »Nun, ich kann es mir nicht leisten, auf den Heriot zu verzichten, Cuthbert«, erklärte er. »Aber ich verlange nicht, dass er in voller Höhe gleich nach der Ernte gezahlt wird. Sag den Leuten, ich will vor allem, dass die Felder hier bestellt werden und etwas einbringen. Denn was wir uns alle ganz gewiss nicht leisten können, ist, gutes Ackerland einfach unbestellt zu lassen.«
    »Und was genau bedeutet ›nicht in voller Höhe gleich nach der Ernte‹? Die Leute haben keine Reserven, Mylord. Sie müssen wissen, womit sie zu rechnen haben.«
    Alan dachte kurz nach. »Ein Drittel zu Michaelis, eins zu Ostern, das letzte nächstes Jahr nach der Ernte zu Michaelis.«
    »Das schaffen sie nicht«, widersprach der Schmied prompt. »Selbst ein Drittel pro Jahr wird hart.«
    Alan betrachtete ihn mit verschränkten Armen. »Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen …«
    Sie feilschten noch eine Weile, und Alan stellte verwundert fest, dass die Anspannung des Schmieds im Lauf ihrer Debatte nachließ, obwohl sie sich gegenseitig nichts schenkten und hart verhandelten.
    Als sie sich schließlich einig geworden waren, machte Alan einen Rundgang durchs Dorf. Er lernte Vater Ralph kennen und sprach mit ein paar Frauen und alten Leuten, die nicht mit draußen auf den Feldern waren. Die Menschen begegneten ihm gleichermaßen ehrerbietig und kühl. Er wusste, warum – der traditionelle Groll der Bewohner von Metcombe auf ihn und seine Vorfahren war ihm bekannt und so selbstverständlich, dass er kaum einen Gedanken daran verschwendete. Und doch merkten die Bauern, dass Alan of Helmsby ein anderer geworden war. Sie merkten es daran, wie er zuhörte. Wie er den Kleinsten, die mit daheim geblieben waren, dann und wann über die Köpfe strich oder innehielt, um einem Gevatter den Stock anzureichen, der sich umständlich erhob, um ihn zu begrüßen. »Beinah so, als hätte er’s mit menschlichen Wesen zu tun«, spöttelte die Schwester des Schmieds später.
    Als Alan schließlich zu dessen Haus zurückkam, hatte Oswald die kleine Agatha auf Grendels Rücken gesetzt und hielt sie umsichtig fest, während der etwas verwirrte Hund langsam am Ufer entlangtrottete. Agatha krähte vor Vergnügen.
    »Nicht so nah ans Wasser, Oswald«, rief Alan warnend. »Sonst nehmt ihr alle drei ein Bad.«
    Oswald korrigierte seinen Kurs – folgsam wie üblich –, und Alan betrachtete die Spielgefährten mit einem Lächeln.
    »Und was wird nun aus dem Kind?«, hörte er die Stimme des Schmieds plötzlich neben sich.
    Er antwortete nicht sofort. Mit Zuneigung und einer gewissen Wehmut erinnerte er sich an Agathas Mutter, die ihn unter einem reichlich durchsichtigen Vorwand an einem Herbstsonntag zu einer Hütte im Wald gelockt hatte, wo das Winterfutter für sein Wild verwahrt wurde, und ihn dort verführt hatte. Der würzige Geruch von nassem Herbstlaub würde in seiner Erinnerung immer mit Eanfled verbunden bleiben. Raffiniert war sie ihm erschienen, fast durchtrieben – alles andere als eine brave Bauernmagd. Aber doch gleichzeitig so arglos. So unkompliziert und anspruchslos. Das komplette Gegenteil von seiner höchst komplizierten und anspruchsvollen Gemahlin …
    »Irgendjemand hat behauptet, die Kleine sei schwachsinnig«, bemerkte er ausweichend.
    »Könnte ich hoffen, dass Ihr sie mir dann ließet, würde ich sagen, es stimmt. Aber wenn ich mir Euren jungen Freund da drüben anschaue, würde es wohl nicht viel nützen. Obendrein ist es Unsinn. Sie hat einfach nur nicht gesprochen. Ich schätze, der Tod ihrer Mutter war daran schuld. Jetzt hat sie es überwunden und holt alles an Geschwätzigkeit nach, was sie bisher versäumt hat.« Er brach abrupt ab.
    Alan wandte den Kopf und erwischte den Schmied dabei, wie er sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischte. »Ich weiß nicht, was richtig ist«, bekannte Alan. »Wir können schwerlich ignorieren, dass sie mein Kind ist, oder?«
    »Warum nicht? Ich wette, sie ist nicht Euer einziger kleiner Bastard zwischen Yare und Ouse …«
    »Doch. Das ist sie. Ich war nicht so umtriebig, wie du offenbar annimmst.« Und nicht oft genug zu Hause, fügte er in Gedanken hinzu. »Im Übrigen verbitte ich mir Respektlosigkeiten dieser Art«, fügte er hinzu, nicht wirklich

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