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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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er. »Blackmore gehört von Rechts wegen zu Fenwick und somit zum Besitz von Lord Haimon de Ponthieu. Der mich hergeschickt hat, um hier für ihn nach dem Rechten zu sehen.«
    »Und die Bauern zu prügeln?«
    Er nickte. »Alles zu tun, was nötig ist, um ihre Aufsässigkeit zu brechen und sie zur Arbeit anzuhalten. Und ich bin nicht allein hier.«
    Alan hatte die beiden Gesellen längst entdeckt, die mit verschränkten Armen hinter den Dörflern gestanden hatten – vermutlich um sicherzugehen, dass sie auch ja alle hinschauten – und sich nun langsam nach vorn drängten.
    »Hm. Ich glaube, ich werde ein ernstes Wort mit Lord Haimon de Ponthieu reden müssen«, stellte Alan in Aussicht. »Und Ihr werdet jetzt verschwinden.« Der Spott war aus seiner Stimme verschwunden, und seine Miene war mit einem Mal finster. »Pack dich. Lauf zurück zu Haimon, solange du noch kannst. Ich sage es nicht noch einmal.«
    Der Mann betrachtete ihn mit einem ungläubigen Grinsen, trat dann kopfschüttelnd einen Schritt zurück und hob seine Peitsche.
    Alan zog das Schwert aus der Scheide, legte die linke Hand hinter der Rechten ans Heft und schwang die Klinge. Es war eine einzige, fließende Bewegung – so schnell, dass kaum jemand ihr mit den Augen folgen konnte. Die verblüfften Zuschauer sahen lediglich ein Blitzen der milchigen Sonne auf Stahl, und im nächsten Moment flog der Kopf des Finstermanns mit einigem Schwung nach links und landete dann im Gras, wo er holpernd weiterrollte, bis er mit einem unangenehmen »Plock« an eine Stallwand stieß und liegen blieb.
    Ein paar Menschen schrien auf – nicht nur Frauen –, aber sofort kehrte die Stille zurück.
    Die beiden anderen Kerle in den schäbigen Kettenhemden waren sichtlich ins Stocken geraten und starrten entsetzt auf ihren kopflosen Anführer hinab, dessen Leib blutüberströmt im Gras lag – der Arm mit der Peitsche immer noch drohend gehoben.
    »Und?«, fragte Alan und sah erst dem einen, dann dem anderen in die Augen. »Möchte einer von Euch weiter mit mir streiten?«
    Statt zu antworten, tauschten sie einen Blick, machten dann kehrt, drängten sich rüde durch die Phalanx schreckensstarrer Menschen und verschwanden hinter einer der Katen. Nur Augenblicke später hörte man zwei Pferde davonpreschen.
    Der Mann am Pfahl hatte sich umgewandt, soweit seine Fesseln es zuließen, und über die Schulter gesehen, was passiert war. »Bei St. Guthlacs Zähnen …« murmelte er.
    Mit der blutverschmierten Klinge schnitt Alan ihn los. »Geht’s?«
    »Oh, keine Bange, Mylord. Er war ja noch nicht mal warm. Wir sind hier ganz andere Sachen gewohnt.« Er sagte es leichthin, aber ein bitterer Zug lag um seinen Mund, und seine Augen glommen vor Zorn. Mit unbewegter Miene blickte er auf den Leichnam im Gras hinab, dann zu dem Kopf, der mindestens zwanzig Schritte entfernt lag. »Bei St. Guthlacs Zähnen«, sagte er noch einmal. »Wie macht man so was?«
    »Oh, das ist ganz einfach«, antwortete Alan in dem gleichen unbekümmerten Tonfall. Auch er blickte auf den grässlich verstümmelten Toten in seinem jämmerlichen Kettenhemd hinab. »Man muss nur bereit sein, es zu tun. Alles an Menschlichkeit und Barmherzigkeit verleugnen, das man in sich tragen mag. Dann ist es ein Klacks, Bedwyn.«
    »Ihr erinnert Euch an mich?«, fragte der Mann verblüfft.
    Erinnern ist derzeit mein liebster Zeitvertreib, hätte Alan antworten können. Aber er nickte lediglich. Bedwyn hatte zu den Männern gezählt, die Alan im Sommer nach ihrem grandiosen Sieg bei Lincoln nach London geführt hatte, um, wie sie geglaubt hatten, die große Handelsmetropole und das nahe gelegene Westminster zu sichern und alles für die Krönung der Kaiserin vorzubereiten. Ihre Hoffnungen hatten sich indessen wieder einmal als eitel erwiesen. Kaiserin Maud war es dank ihres herben Charmes gelungen, London gegen sich aufzubringen, und die Stadtbevölkerung hatte sich kurzerhand mit König Stephens streitbarer Königin zusammengetan, um die Anhänger der Kaiserin von den Toren ihrer Stadt zu verjagen. Es war ein unrühmlicher und gefährlicher Rückzug gewesen und Bedwyn einer der wenigen, die danach noch gewillt waren, in diesem blödsinnigen, völlig undurchschaubaren Krieg weiterzukämpfen.
    »Bringt Euch nicht um den Schlaf, Mylord«, spöttelte er nun. »Was Menschlichkeit und Barmherzigkeit angeht – dieser Halunke hier besaß keine von beiden.«
    »Nein, das will ich glauben.« Alan lächelte flüchtig. »Hat Lord

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