Hiobs Brüder
unserer Verbundenheit, mit den Kindern, die Eure Enkel sein werden. Ich werde darauf bestehen, dass sie die Taufe empfangen, aber Miriam soll sie in Eurem Glauben unterweisen, und wenn sie alt genug sind, können sie selbst wählen, ob sie dem alten oder dem neuen Bund angehören wollen. Mir ist das eine so recht wie das andere.« Er unterbrach sich kurz, schloss einen Moment die brennenden Augen und atmete tief durch. Dann fühlte er Miriams Hand im Rücken, und der sanfte Druck gab ihm genug Mut, um fortzufahren: »Ihr wisst genau, dass sie mit Gerschom niemals glücklich geworden wäre, ganz gleich, wie sie sich darum bemüht hätte. Sie ist eben anders als Ihr. Die Frage ist, könnt Ihr ihr das Recht zugestehen, anders zu sein? Und könnt Ihr mir genug vertrauen, um mir zu glauben, wenn ich sage, dass ich Eure Tochter lieben und halten werde, in guten wie in schlechten Tagen, bis dass der Tod uns scheidet?«
Josua hatte unbewegt gelauscht, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Er tauschte einen langen Blick mit seiner Tochter, dann sah er wieder zu Alan. Zwei Tränen liefen über seine Wangen, und er nickte.
Helmsby, August 1147
Bei Einbruch der Dämmerung erreichten sie den Wald zwischen Helmsby und Metcombe, und nachdem sie vielleicht eine halbe Stunde unter den Bäumen einhergeritten waren, wo die Schatten sich allmählich verdichteten, verließ Alan den Pfad und bog nach links ab. Miriam folgte ihm auf der stämmigen kleinen Stute, die er am Morgen in Norwich für sie gekauft hatte. Das Tier war lammfromm und ihren bescheidenen Reitkünsten angemessen. Sie habe nicht oft Gelegenheit zum Reiten gehabt, hatte Miriam ihm gestanden, und er hatte ihr versprochen, sie werde noch vor dem Winter vernünftig reiten lernen.
Farn bedeckte den Waldboden und leuchtete in hellem Grün, wo die letzten Sonnenstrahlen einen Weg durch das Blätterdach fanden. Die Reiter schreckten eine Ricke mit ihrem Kitz auf, die lautlos zwischen den Bäumen davonsprangen. Dann gelangten sie zu einer kleinen Lichtung mit einer allein stehenden Eiche, die höher und älter war als die umstehenden Bäume, und keine fünf Schritte entfernt sprudelte eine Quelle in einem flachen Becken aus dicken, runden Kieseln, rann über dessen Rand auf den Wald zu und verlor sich im Farn.
Alan saß ab, band Conan an eine junge Buche und half Miriam aus dem Sattel. »In heidnischen Zeiten war dies ein heiliger Ort«, erklärte er und sah sich einen Moment andächtig um. »Noch heute schwören die Bauern, die Quelle habe magische Heilkräfte, und zu Mittsommer oder zur Sonnenwende kommen sie her, binden Tuchfetzen an die Eiche und flüstern ihr ihre geheimsten Wünsche zu, damit die Feen sie hören.«
Miriam sah zu ihm hoch, den Kopf leicht zur Seite geneigt. »Und? Worum hast du die Feen gebeten?«
»Um einen Vater, als ich ein Junge war.« Er nahm die Decke, die zusammengerollt hinter seinem Sattel gelegen hatte, und breitete sie auf dem Boden aus. »Um Ruhm und Ehre, als ich ein bisschen älter war.«
»Nun, zumindest den zweiten Wunsch haben die Feen dir erfüllt.«
Alan nickte. »Zu schade, dass er so dumm und eitel war.«
Miriam lachte, und Alan verharrte am Boden auf den Knien, spürte den weichen Wollstoff der Decke unter den Händen und ergab sich diesem Augenblick und dem warmen Klang ihres Lachens. Dann streckte er die Hand aus. »Komm her.«
Sie kam, ergriff seine Hand und kniete sich vor ihn auf die Decke, so nah, dass er ihren Atem auf der Wange spürte. Er ergriff auch ihre andere Hand, und dann knieten sie da und schauten sich in die Augen.
»Sind wir hergekommen, um den Segen der Feen zu erbitten?«, fragte Miriam schließlich.
Alan hob lächelnd die Schultern. »Sie sind wohl die Einzigen, deren Segen wir erhoffen können.« Ihr Vater hatte erklärt, eine jüdische Hochzeit sei unmöglich, kein Rabbiner wäre dazu bereit. Ein christlicher Priester hätte sich vermutlich gefunden, den Alan mit gezückter Klinge weit genug einschüchtern konnte, dass er sie traute, aber das wollte er nicht. »Das Gesetz sagt, der Segen der Kirche ist nicht zwingend erforderlich für eine gültige Eheschließung«, erklärte er. »Es reicht, wenn die Brautleute ein Eheversprechen tauschen und … ihren Worten Taten folgen.«
»Und dazu sind wir hier.«
»Dazu sind wir hier«, bestätigte Alan. Er studierte ihr Gesicht, um herauszufinden, ob ihr im letzten Moment Zweifel kamen oder sie sich fürchtete, aber er sah nichts als diese eigentümliche
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