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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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dort jeder, was er für richtig hält. Oder sie. Die Schwestern verraten mir nicht, wie sie von unserem Hospital erfahren haben, aber ich habe auch schon an Simon de Clare gedacht. Jedenfalls stört es sie nicht, Seite an Seite mit zwei Juden zu arbeiten. Sie sind geduldig und nachsichtig mit den Kranken, haben keine Angst vor harter Arbeit oder schwierigen Fällen. Sie verbreiten Zuversicht und Frohsinn. Es ist unglaublich.«
    Schwester Beatrice kam zurück. »Ich sag’s ungern, Monseigneur, aber Ihr steht schon wieder im Weg.«
    Lächelnd trat Alan beiseite.
    »Er ist der Stifter und Gönner dieses Hauses, Schwester Beatrice«, eröffnete Josua ihr. »Es empfiehlt sich nicht, ihn herumzukommandieren.«
    Sie stellte ihren Eimer ab. »Ist das wahr? Ihr seid Alan of Helmsby?«
    »Ihr kennt meinen Namen?«
    Sie lächelte geheimnisvoll. »Was Ihr hier tut, wird der Herr Euch im Himmel lohnen.«
    »Das ist äußerst zweifelhaft, Schwester. Vermutlich sieht er es nicht einmal. Ich bin exkommuniziert.«
    Seltsam ungeniert für eine Nonne legte sie ihm die Hand auf den Arm. »Jesus liebt Euch trotzdem, seid versichert, denn er kann in Euer Herz schauen. Wenn Ihr ihm einen wirklichen Gefallen tun wollt, kauft uns ein Dutzend neuer Wolldecken. Unsere werden löchrig und dünn, und der nächste Winter kommt bestimmt.«
    »Einverstanden.«
    Sie nahm ihren Eimer wieder auf, verabschiedete sich und eilte geschäftig davon.
    Alan sah ihr nach, warf noch einen Blick in die Halle, die heute so hell und sauber wirkte, und fühlte Befriedigung. Es fiel ihm keineswegs leicht, das Geld für den Unterhalt dieses Hauses aufzubringen, aber wann immer er herkam, erkannte er aufs Neue, dass er es für keinen besseren Zweck hätte ausgeben können. Zwei der jungen Männer, die sich daranmachten, die Frühstücksschalen einzusammeln, hatten das gleiche Leiden wie Oswald. Sie verrichteten ihre Aufgabe mit Eifer, und als der eine etwas sagte, lachte der andere. Sie waren hier in Sicherheit und lebten ein menschenwürdiges Dasein, genau wie die anderen, von denen dieser und jener stumpfsinnig vor sich hin starren mochte, und dennoch wohnte eine Seele in seinem Innern. Der Abt von St. Pancras leugnete das, aber Alan wusste es besser. So wie Josua es besser wusste, der seine Patienten mit Respekt behandelte und seit der Eröffnung dieses Hauses fünf von ihnen geheilt entlassen hatte.
    Alan begleitete ihn ein Stück den überdachten Säulengang entlang. »Du hast kein Geld für neue Decken?«, fragte er. »Warum hast du nichts gesagt?«
    »Um dir und meiner Tochter und meinen Enkeln nicht das Brot vom Tisch zu stehlen. Du bringst genug Opfer, Alan. Ruben kann die Decken bezahlen. Er wird von Jahr zu Jahr reicher.«
    »Trotzdem. Dieses Hospital ist meine Obliegenheit. Ich will, dass du mich wissen lässt, wenn es hier an irgendetwas mangelt.«
    »In dem unwahrscheinlichen Fall, dass ich einmal ratlos bin, werde ich es tun«, stellte Josua in Aussicht. Dann wies er mit dem Finger zum Springbrunnen hinüber. »Da. Sieh ihn dir an.«
    Alan trat aus dem Schatten auf den sonnigen Rasen und ging zum Brunnen hinüber. »Luke.«
    Der Angesprochene hob den beinah kahlen Kopf, und als er seinen Besucher erkannte, schenkte er ihm ein zahnloses Lächeln. »Losian! So eine Freude.« Er hatte Alans richtigen Namen vergessen, so wie die meisten Dinge.
    Lukes Krankheit hatte sich völlig anders entwickelt, als Josua vorhergesehen hatte. Woran du erkennen kannst, wie ahnungslos wir in Wahrheit sind, hatte er seufzend eingeräumt. Die Trennung von den Gefährten in Helmsby und die Unfreiheit, in der Luke hier lebte, hatten ihm nicht den Rest gegeben, wie sie alle befürchtet hatten. Sein Zustand hatte sich vielmehr von Monat zu Monat gebessert. Die Schlange war immer seltener erwacht, hatte nach und nach ihre Macht über ihn verloren, und inzwischen hatte er auch sie vergessen.
    Alan hockte sich vor ihn ins Gras und reichte ihm das Bündel, das er trug. »Hier. Ich habe dir etwas mitgebracht.«
    Freudestrahlend wie ein Kind öffnete Luke den Knoten, schlug das Tuch zurück und enthüllte ein halbes weiches Weißbrot, ein Stück von dem besten Käse, den sie in Helmsby herstellten, und einen verschlossenen Krug. Er hob ihn an, entfernte die Wachsversiegelung mit dem Daumennagel und schnupperte. »Oh, Jesus … Bier.«
    Alan schmunzelte. »Wohl bekomm’s.«
    Luke nahm einen tiefen Zug. Sein Hals war mager geworden, der Adamsapfel hingegen riesig. Er glitt mehrmals

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