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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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auf und ab, ehe der alte Mann den Krug absetzte und sich selig lächelnd über die Lippen fuhr. »Wunderbar. Wie geht es den anderen?«
    Alan berichtete von Oswald und King Edmund und das wenige, was er von Simon und den Zwillingen wusste. Er erzählte Luke bei jedem Besuch das Gleiche, aber das machte nichts, denn Luke vergaß es sofort wieder.
    »Und was ist mit Griff?«
    Alan schüttelte den Kopf. »Er ist gestorben, Luke. An der Schwindsucht. Du hast seine Schuhe bekommen, weißt du noch?«
    Luke schaute unwillkürlich auf die ausgetretenen Filzpantoffeln an seinen Füßen. »Hm. Viel ist nicht mehr damit los.«
    »Es waren nicht diese hier. Aber die Schuhe, die du bekommen hast, sahen noch schlimmer aus. Wir waren furchtbar arm.«
    Luke nickte. »Ich weiß noch. Immer ausgehungert, und im Winter haben wir gefroren.«
    »Das ist jetzt vorbei.«
    »Weil du uns gerettet hast.«
    »Oh nein, Luke. Wir alle haben uns gegenseitig gerettet.«
    Der alte Mann richtete den Blick auf das Wasser des Brunnens, das funkelnd über den Rand der Schale in das tiefere Becken floss. »Ich glaube, das ist das Schönste, was ich im Leben je gesehen hab.«
    Alan nickte.
    Luke nahm das Brot in die rechte Hand, den Käse in die linke, biss von beidem ab und kaute genüsslich. Falls man es denn Kauen nennen konnte. Dann gab er ein Brummen des Wohlbehagens von sich. »Sag mir die Wahrheit, Losian. Bin ich tot? Ist das hier das Paradies?«
    Alan legte ihm lachend die Hand auf die Schulter. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Paradies sich hiermit messen kann.« Dann stand er aus dem Gras auf. »Es wird Zeit.«
    Luke nickte unbekümmert, vollauf zufrieden mit seinem Proviant und seinem Springbrunnen. »Leb wohl, Losian.«
    »Auf bald, Luke.«

Canterbury, September 1152
    Zu Godrics grenzenloser Enttäuschung hatte Henry sie nicht mit nach Aquitanien genommen, das er gemeinsam mit seiner Gemahlin bereiste, sondern hatte sie nach England geschickt, um zu erkunden, wie die Dinge dort standen, und um Henrys schwer bedrängten Anhängern zu erklären, was den rechtmäßigen Thronerben davon abhielt, zu kommen und sich seine Krone zu holen.
    »Seine größte Sorge ist, die englischen Lords könnten ihn für zögerlich oder gar feige halten«, vertraute Simon seinem Freund Thomas Becket an, der sie im Palast des mächtigen Erzbischofs von Canterbury empfangen hatte.
    Becket schnipste ein Stäubchen von seinem edlen, eichenlaubgrünen Gewand. »Das kann ich mir vorstellen. Aber in dem Punkt zumindest darf er beruhigt sein. Die Engländer haben gehört, wie er mit seinem Bruder Geoffrey und Louis von Frankreich umgesprungen ist. Zögerlichkeit oder Feigheit ist wohl das Letzte, was sie ihm vorhalten.«
    Simon nickte mit einem stolzen Lächeln. »Er war … unglaublich, Tom. Er ist wie eine Springflut über das Vexin und über Anjou hereingebrochen, nichts und niemand konnte ihm standhalten. Und als er seinen Bruder schließlich gefangen nahm, war’s aus mit der Rebellion in Anjou.«
    »Was hat er mit ihm gemacht?«, fragte Becket neugierig.
    Simon zuckte die Schultern. »Gar nichts. Er hält ihn vorläufig in Montsoreau gefangen, aber nach allen Regeln des Anstands.«
    »Geoffrey reitet jeden Tag zur Jagd«, warf Wulfric ein.
    »Oder er gibt ein Fest«, wusste sein Bruder zu berichten.
    »Henry hat ihm seit jeher misstraut, darum hielt seine Enttäuschung sich in Grenzen«, schloss Simon. »Aber er würde keinem seiner Brüder je ein Haar krümmen. Sie streiten ewig, aber sie lieben sich.«
    Becket nickte und bedeutete dem Novizen, der ihnen aufwartete, mit einer Handbewegung, die leeren Becher wieder zu füllen. »Du kannst gehen, Boso«, sagte er dann. »Ich lasse es dich wissen, wenn wir dich brauchen.«
    Der Junge huschte hinaus.
    »Ich schwöre, er spioniert für den Bischof von Winchester«, knurrte Becket, den Blick auf die geschlossene Tür gerichtet.
    »Für König Stephens Bruder?«, fragte Godric entrüstet. »Warum setzt ihr ihn nicht vor die Tür?«
    »Der Spion, den du kennst, ist ungefährlicher als der unerkannte, der sich als Nächstes einschleicht«, klärte Becket ihn gleichmütig auf. »Darüber hinaus macht der Bischof von Winchester mir derzeit keine großen Sorgen. Erzbischof Theobald hat seine Wahl für Henry getroffen. Und stellt euch vor, der Heilige Vater hat sich seiner Haltung angeschlossen.« Er lehnte sich leicht vor, und seine Augen leuchteten. »Papst Eugenius hat verboten, dass Stephen seinen Sohn bereits

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