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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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ihr Haushalt in Poitiers waren die Einzigen, die der Trauung und der anschließenden Messe beiwohnten. Weder ihre Schwester noch seine Mutter waren geladen, denn Boten mochten abgefangen werden, und dem Brautpaar war daran gelegen, die Vermählung bis nach der Hochzeit geheim zu halten, weil sie es versäumt hatten, König Louis’ Erlaubnis einzuholen, der nicht nur bis vor zwei Monaten Aliénors Gemahl gewesen, sondern auch ihrer beider Lehnsherr und obendrein Aliénors Vormund war. Er würde die Erlaubnis ja doch niemals geben, hatte Henry angeführt, also wozu fragen?
    Das anschließende Bankett in der Halle des Maubergeonne-Turms wurde ein rauschendes Fest. Auch wenn die Gesellschaft klein war, so waren die Speisen doch reichlich und exzellent und die Weine erlesen. Nach dem Essen spielten die besten Musiker zum Tanz auf, die Simon je gehört hatte, und ein junger Troubadour trug ein langes Gedicht vor.
    »Es klingt sehr hübsch«, lobte Godric mit unverkennbarer Ungeduld. »Aber leider versteh ich kein Wort.«
    »Es ist Okzitanisch«, erklärte Simon mit gedämpfter Stimme.
    »Ah.« Selbst Godric wusste, dass die Menschen im südlichen Aquitanien kein Französisch sprachen, sondern ihre eigene Sprache. Sie war der ihrer nördlichen Nachbarn nicht gänzlich unähnlich, hatte aber doch ihren ganz eigenen Klang und Charakter, und die berühmten Troubadoure rümpften die Nase über das Französische.
    »Man versteht es besser, wenn man es liest«, fuhr Simon fort.
    Wulfric schlürfte genüsslich eine Auster. »Die Leute in Aquitanien sind überhaupt anders, hab ich gehört. Sie lieben nichts mehr, als sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, wenn sie nicht gerade dichten, sie stehen auf freundschaftlichem Fuß mit den Juden und Mauren in Spanien, und ihre Frauen sind heißblütig und nehmen’s nicht so genau mit der Moral.« Er grinste. »Das klingt nach einem wundervollen Land.«
    Simon blickte nachdenklich zu der Tafel auf der Estrade hinüber, wo Henry und Aliénor allein saßen und turtelten. Ein schimmernd weißes Damasttuch bedeckte den Tisch, der verschwenderisch mit Gold- und Silbergeschirr eingedeckt war. »Gut möglich, dass wir bald Gelegenheit bekommen, Land und Leute kennenzulernen.«
    »Glaubst du wirklich?«, fragte Godric mit leuchtenden Augen.
    »Nun, der Grund, warum Henry sie geheiratet hat, war, um mit aquitanischen Truppen, Schiffen und Ausrüstung England zu erobern. Vermutlich ist ihm das im Moment entfallen, aber er wird sich schon noch daran erinnern.«
    »Nicht vor morgen früh«, warf Godric anzüglich ein.
    »Wir können froh sein, wenn es nicht länger dauert.«
    In der Woche seit ihrer Ankunft in Poitiers hatte man weder Henry noch Aliénor besonders häufig gesehen. Nur wenn man in einen abgelegenen Winkel der Burg kam, musste man damit rechnen, über sie zu stolpern. Und Alais, die schamlos an der Tür zu Aliénors Gemach lauschte, berichtete, das Brautpaar gönne sich auch nächtens kaum ein paar Stunden Schlaf …
    »Und werden die Aquitanier ihm die Truppen geben?«, fragte Godric weiter. »Es heißt ja, sie mögen die Franzosen nicht sonderlich.«
    »Aber sie beten ihre Herzogin an. Was ihnen über alles geht, ist ihre Unabhängigkeit, und die macht Henry ihnen ja nicht streitig. Er wird mit seiner Gemahlin gemeinsam ihre Vasallen besuchen – man könnte auch sagen, abklappern – und um ihre Unterstützung werben.«
    »Wann?«
    Simon hob die Schultern. »Besser morgen als übermorgen, bedenkt man, wie es um England steht, aber ich weiß es nicht. Es wird davon abhängen, was König Louis tut, schätze ich.«
    »Und? Was, glaubst du, wird er tun, wenn er hiervon erfährt?«
    Simon zog mit einer Austernschale versonnen Muster ins Tischtuch. »Er wird bitterlich weinen«, sagte er. »Und dann wird er König Stephen und dessen Kronprinz Eustache – der sein Schwager ist − immerwährende Freundschaft schwören.«

Norwich, Juli 1152
    »Großvater!«
    »Aaron!« Lachend breitete Josua ben Isaac die Arme aus und fing seinen kleinen Enkel auf, der ungestüm zu ihm hochsprang.
    Auch Ruben, David und Moses erhoben sich von der festlich gedeckten Tafel im Garten unter dem Baldachin, um die Ankömmlinge zu begrüßen. Esther hielt ihren kleinen Sohn auf dem Schoß und zeigte ihnen wie üblich die kalte Schulter.
    Miriam legte ihrem jüngeren Bruder die Hände auf die Schultern und betrachtete ihn voller Stolz. » Bar-mizwa . Nicht zu fassen. Der Herr segne und behüte dich auf all

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