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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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entgegengezogen und hat ihn aus der Normandie gefegt. Er hat das Vexin verwüstet und schließlich seinem Bruder Geoffrey seine drei Burgen abgenommen. Als die letzte fiel, hat Geoffrey die Nerven verloren und Henry um Vergebung angefleht. Louis ist zurück nach Paris gekrochen, wo er seither mit Fieber darniederliegt, und hat dem Waffenstillstand zugestimmt, zu dem die Bischöfe ihn drängten.« Er breitete kurz die Hände aus. »Henry hat seine Feinde … in den Staub getreten.«
    »Und ich sehe, du bist stolz auf den Triumph deines jungen Verwandten. Zu Recht«, befand Josua. »Aber es klingt nicht so, als werde er in absehbarer Zeit herkommen können, oder? Sicher braucht er neue Truppen und so weiter.«
    Alan nickte. »Zum Glück hat er ja reich geheiratet.«
    Am nächsten Morgen begleitete er Josua und David zum Hospital. Es war ein herrlicher Sommersonntag, und die Glocken der Kathedrale riefen zur Messe. Alan kehrte dem Klang schweren Herzens den Rücken und trat mit seinem Schwager und seinem Schwiegervater durch das gut gesicherte Tor in eine Welt, wo von Sonntagsfrieden nicht viel zu spüren war, denn hier ging es immer lebhaft zu.
    Das Hospital war indes kein Ort des Schreckens. Rund dreißig Kranke waren in dem großzügigen steinernen Haupthaus untergebracht. Die Hälfte waren harmlose Schwachköpfe und Verwirrte, die auf Strohlagern in der Halle schliefen, ihre Mahlzeiten dort an einem langen Tisch einnahmen und teilweise sogar bei der Pflege von Haus und Anlage halfen. In der Halle herrschte immer Radau, aber meist ging es friedlich zu, und die Lehrlinge und Gehilfen, die der jüdische Arzt beschäftigte, sorgten für Ordnung, ohne Angst und Schrecken zu verbreiten. Die andere Hälfte der Patienten – eine Handvoll Frauen und die schweren Fälle − bewohnten die beiden oberen Geschosse des Hauses. Nicht wenige von ihnen waren eingesperrt. Manchmal hörte man Schreie und Weinen von dort oben, aber nicht, weil hinter verschlossenen Türen irgendwer in Fesseln lag oder geprügelt wurde.
    Alan stand am Eingang zur Halle, eine Hand am Türpfosten, und ließ den Blick über die Bewohner schweifen, die bei einem Frühstück aus dicker Hafergrütze saßen. Manche bewarfen sich auch damit. Dennoch schien Alan der Raum sauberer als sonst, und noch während er rätselte, woran das liegen mochte, sagte eine Stimme hinter ihm auf Französisch: »Vergebt mir, Monseigneur, aber Ihr steht im Weg.«
    Er wandte sich um und fand sich Auge in Auge mit einer jungen Frau in einem dunklen Kleid mit Schleier. Sie hatte die Ärmel aufgekrempelt und hielt einen Ledereimer in der Linken.
    »Was in aller Welt tut eine Nonne in einem jüdischen Hospital, Schwester?«, fragte er entgeistert.
    »Das Werk des Herrn«, gab sie zurück. »Was denn sonst. Darf ich?«
    Er machte ihr Platz.
    Sie trat an ihm vorbei in die Halle, stellte den Eimer ab und stemmte die Hände in die Seiten. »Cedric, willst du wohl aufhören mit dem Unsinn?«, rief sie. »Glaubst du, der liebe Gott versorgt dich mit Grütze, damit du sie auf den Boden schüttest?«
    Es war ein urkomisches Kauderwelsch – halb Englisch, halb Französisch –, aber der Gescholtene verstand sie offenbar sehr gut. »Nein, Schwester Beatrice«, antwortete er kleinlaut, setzte sich hin, senkte den Kopf und versteckte die Hände unter den Oberschenkeln.
    Sie fischte ein Tuch aus dem Eimer, wrang es aus und trat an den Tisch. Im Vorbeigehen fuhr sie Cedric über den Schopf. »Iss, mein Junge. Damit du groß und stark wirst und nächsten Sonnabend beim Wettlaufen wieder der Schnellste bist.«
    Er zog die Hände hervor, griff nach seinem Löffel und strahlte sie an.
    Schwester Beatrice zwinkerte ihm zu und machte sich dann daran, denjenigen, die schon aufgegessen hatten, mit ihrem Tuch die Hände und – soweit nötig – die Gesichter zu waschen.
    Alan beobachtete sie mit einem Lächeln.
    »Ist sie nicht großartig?«, fragte Josua leise neben ihm. »Ein wahres Gottesgeschenk.«
    »Wer ist sie? Und wie kommt sie hierher?«
    »Sie kam vor einem Monat mit zwei Schwestern aus einem Kloster in Frankreich. Ein höchst ungewöhnliches Kloster, scheint mir, Männer und Frauen leben dort, aber es wird von einer Frau geführt.«
    »Fontevrault?«
    »Du hast davon gehört?«
    »Simon hat mir davon berichtet. Eine Zufluchtsstätte für adlige Witwen ebenso wie ledige Mütter aus dem Volk. Aber ich wusste nicht, dass die Schwestern in die Welt hinausziehen und gute Werke tun.«
    »Offenbar tut

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