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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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ragte.
    Ein paar Atemzüge lang herrschte betretenes Schweigen. Es war so still, dass Simon wieder das Brodeln des Bleibechers hörte.
    Eustache hielt ihn immer noch gepackt. Mit unbewegter Miene betrachtete er seinen toten Freund, dann schaute er Simon an und nickte anerkennend. »Ein Messer im Stiefel? Wie … altmodisch.«
    Simon antwortete nicht. Aus dem Augenwinkel sah er seinen Cousin Richard, der mit dem Rücken zur Tafel auf einem der äußeren Plätze saß, den Kopf gesenkt.
    »Warum er und nicht ich?«, wollte Eustache wissen. »Etwa aus Rache für das zweiköpfige Ungeheuer da unten im Hof?«
    Für Godric, für Wulfric, für Oswald, für Alan – für uns alle. Aber Simon stand nicht der Sinn danach, Eustache das zu erklären, und so nannte er nur den zweiten Grund, der die Wahl seines Opfers bestimmt hatte: »Ihr wart zu wachsam. Vermutlich hätte ich Euch nicht erwischt. Er war schon halbwegs betrunken.«
    Noch einmal sah Eustache auf Haimon hinab, streckte die freie Hand aus und schloss die Lider. »Es ist ein Jammer um diesen Mann, wisst Ihr«, bemerkte er dann seufzend.
    »Nein, Monseigneur. Ich weiß nichts dergleichen.«
    »Tja. Wie auch immer.« Eustache hob die Schultern, als sei die Sache nicht von Belang. »Was war jetzt? Sollen die Missgeburten da unten langsam verrecken, oder wollt Ihr mir die Füße küssen?«
    »Eh ich Euch die Füße küsse, trinke ich lieber einen Becher Blei.«
    »Das könnt Ihr haben.« Er nickte den beiden Rittern zu, die ihm am nächsten saßen, und sie standen auf, packten Simon und zerrten ihn um die Tafel herum zu dem Balken, wo der Goliath immer noch geduldig mit dem Strick in den Händen wartete. Den schlangen sie Simon um die Brust, und während sie ihn an den Balken fesselten, trat er beinah beiläufig das Kohlebecken um, sodass glühende Holzkohle und flüssiges Blei sich ins Stroh ergossen und es entzündeten.
    Auf der Stelle brach ein Tumult aus. Ritter und Wachen sprangen unter Ausrufen des Schreckens auf und versuchten, die Flammen auszutreten, Diener und schreiende Mägde rannten hinaus, um Wasser zu holen, und Simon nutzte die Gunst des Augenblicks, um an dem Strick zu zerren, der ihn an den verdammten Balken band, aber vergebens. Dann stand plötzlich Eustache de Boulogne vor ihm. »So langsam habe ich die Nase voll von dir«, knurrte er und setzte ihm das Schwert an die Kehle.
    Und über das allgemeine Durcheinander hinweg donnerte mit einem Mal eine Stimme: »Eustache! Was bei allen Heiligen geht hier vor?«
    Eustache verdrehte die Augen zur Decke. »Oh verflucht, de Clare …« Mit einem fassungslosen Kopfschütteln und einem heiteren Funkeln in den Augen, als wäre alles nur ein Streich gewesen, trat er einen Schritt zurück und wies mit der Klinge zum Eingang der Halle. »Da kommt mein alter Herr.«
    Es dauerte ein Weilchen, bis das Feuer gelöscht war und das allgemeine Getöse und das neuerliche Durcheinander, welches die unverhoffte Ankunft des Königs ausgelöst hatte, sich gelegt hatten. Dann endlich kehrte Ruhe in der Halle ein. Zwei Ritter hoben Haimon aus dem Sessel und legten ihn diskret in einem dunklen Winkel der Halle ins Stroh. Vor dem frei gewordenen Sessel wurden ein Bronzepokal und ein silberner Teller für den König aufgestellt, aber Stephen war offenkundig nicht zum Essen hergekommen. Er betrachtete seinen Sohn mit strenger Miene, dann ruckte er das Kinn in Simons Richtung und sagte: »Bindet den Mann los und nehmt ihm die Fesseln ab. Und dann erklär mir, was das alles zu bedeuten hat.«
    Richard eilte herbei und durchschnitt den Strick. Simon spürte, dass sein Cousin seinen Blick suchte, doch er starrte unversöhnlich zu Boden, bis eine der Wachen kam und die Eisenschellen aufschloss, die seine Hände gefesselt hatten. Dann trat er vor den König und sank auf ein Knie. »Sire.«
    »Wer wart Ihr doch gleich wieder …?«, fragte Stephen unsicher.
    »Simon de Clare.«
    »Ach, richtig. Ich dachte, Ihr wolltet Mönch werden.«
    Simon gestattete sich eine kleine Grimasse. Weil er den Kopf gesenkt hielt, konnte der König sie nicht sehen. »Es … sollte wohl nicht sein, Sire.«
    »Mönch?«, wiederholte Eustache aufgebracht. » Mönch ? Er ist Henry Plantagenets Ratgeber und Vertrauter und verflucht gefährlich obendrein!« Er zeigte mit dem Finger in die Ecke, wo Haimon lag. »Seht Euch das an, Sire. Mit gefesselten Händen hat er das getan, keinen Schritt von mir entfernt!«
    »Ist das der Grund, warum du nach mir geschickt

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