Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
er.
    Simon trank ebenfalls. Ihm kam in den Sinn, was King Edmund wohl sagen würde, wenn er sähe, dass sie in der Fastenzeit unverdünntes Bier tranken, aber er scheuchte den Gedanken gleich wieder fort. Er war ausgehungert, und Bier machte satt. King Edmunds Nörgeleien waren Teil der Vergangenheit. Hier war er der Herr der Halle, und er konnte sich entschließen, Bier in der Fastenzeit zu trinken und die Buße dafür anzunehmen, die er bei der Beichte auferlegt bekam. Es war allein seine Sache. Er war ein freier Mann.
    »Ja, sie war meine Amme«, antwortete er. »Und doch viel mehr als das. Nach Mutters Tod hat sie die Dinge hier in die Hand genommen. Auch meinen Vater«, fügte er grinsend hinzu. »Ich weiß nicht, was wir ohne Edivia getan hätten. Sie ist die Tochter eines Hufschmieds, aber sie gehört mehr zu meiner Familie als zu ihrer eigenen.«
    »Und du liebst sie sehr?«, fragte Losian über den Rand des Bechers hinweg, ehe er den Kopf zurücklehnte und das Bier bis auf den letzten Tropfen leerte.
    »Und wenn es so wäre?«, entgegnete Simon angriffslustig. »Ist das ein Grund, mich zu verspotten? Musst du immer alles in den Schmutz treten, was nicht hart und kriegerisch ist?«
    Losian schien einen Moment über die Frage nachzusinnen. Dann schüttelte er den Kopf. »Ich glaube nicht. Dir könnte es allerdings nicht schaden, ein bisschen härter und kriegerischer zu werden.«
    »Ah ja? Und wieso?«
    »Weil du die Enttäuschung, die dir bevorsteht, dann besser verkraften würdest.«
    »Was soll das?«, fragte Simon wütend. »Wovon redest du?«
    »Davon, dass deine Edivia dir nicht in die Augen sehen konnte.«
    Er stand auf, wandte sich zur Seitentür und zog das Messer aus der Scheide, und im selben Moment hörte Simon eilige Schritte näher kommen. Schwere Schritte und viele. Er sprang ebenfalls von der Bank auf und warf Losian einen entsetzten Blick. »Was hat das …«
    Er brach ab, als acht fremde Männer mit blanken Schwertern hereinstürmten. Zwei weitere kamen durch die große Eingangstür in der Stirnwand. Mit grimmigen Gesichtern gingen sie auf die Ankömmlinge zu, vereinten sich zu einer geschlossenen Linie und stellten sich im Halbkreis vor sie. Simon und Losian hatten den Tisch und die Bänke im Rücken. Sie saßen in der Falle.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Simon, und er hörte selbst, wie fassungslos er klang. Das war kein Wunder. Er war fassungslos. Das hier war völlig falsch. Die Halle von Woodknoll war sein Heim und sein Eigentum, und fremde bewaffnete Raufbolde hatten hier nichts verloren. Was bildeten sie sich nur ein? Und wer hatte sie hereingelassen?
    Losian stand einen Moment reglos an seiner Seite, dann ließ er die Hand mit dem Messer sinken. Sogar er schien einzusehen, dass zehn Schwerter gegen ein Messer zu viele waren.
    Der vordere der Bewaffneten, der ein Kettenhemd aus schwarzen, stumpfen Ringen trug, hob die Linke und nickte Losian zu. »Her damit. Na los.«
    Mit einer Bewegung, die ganz beiläufig wirkte, ließ Losian das Messer aus der Hand schnellen. Zitternd blieb es im festgestampften Lehmboden der Halle stecken, so nahe vor den Füßen des Anführers, dass der einen Schritt zurückspringen musste. Das gefiel dem Mann im Kettenhemd nicht. Mit verengten Augen knurrte er: »Packt sie euch.«
    Vier stürzten sich auf Losian, zerrten ihm die Arme auf den Rücken und fesselten ihm die Hände mit einer stabilen Lederschnur. Zwei weitere taten das Gleiche mit Simon. Er wehrte sich überhaupt nicht. Er war zu sehr damit beschäftigt, auch nur zu begreifen, was hier geschah. »Was fällt euch ein?«, fragte er den Anführer. »Wer seid ihr? Ich bin Simon de Clare, dies ist mein Haus, und ihr habt kein Recht …«
    »Mir ist egal, wie du heißt, Milchbart«, unterbrach das Raubein im Kettenhemd. »Diese Halle gehört Guy und Rollo de Laigle.«
    »Behauptet wer?«, fragte Losian. Es klang geradezu höflich.
    »Ich und mein Schwert«, bekam er zur Antwort.
    »Und wer hat sie ihnen gegeben?«, verlangte Simon wütend zu wissen. »Der Earl of Pembroke?« Er biss die Zähne zusammen. Er wusste nicht, wie er diesem neuerlichen Verrat seines Onkels ins Auge blicken sollte.
    Doch wenigstens das blieb ihm erspart. Raubein lachte brummig. »Wer soll das sein? Nein, nein, Milchbart. Keiner hat sie ihnen gegeben. Sie war unbewacht, als wir vorbeikamen, da haben sie sie sich genommen, verstehst du?«
    Nein, dachte Simon verwirrt, aber das sagte er nicht. »Wo … wo ist Wilbert? Wo ist

Weitere Kostenlose Bücher