Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)
und bei der warst du gezwungen, tatenlos zuzusehen, wie sie von ihrem Heimkehrer geschlachtet wurde. Was du brauchst, was dir jetzt fehlt, ist endlich mal ein Mädchen, dem du beistehen kannst. Das du retten kannst. Und das vielleicht auch dir hilft. Das jedenfalls auf deiner Seite ist. Ein positives Konzept von Weiblichkeit – das tut jetzt not.«
»Und wo soll ich das hernehmen? Ich kann immer nur das Schlechte erkennen. Wer weiß, ob es so etwas wie eine bedrohte Unschuld heutzutage überhaupt noch gibt.«
»Da hast du’s. Zeugnis deines verkorksten Frauenbildes. Ich weiß einiges über Frauen, weil ich ihre Natur geflissentlich studiert habe, jahrhundertelang, und glaub mir – ich kann sehen, dass es genügend Mädchen auf der Welt gibt, die jemanden wie dich in ihrem Leben sehr begrüßen würden. Vorausgesetzt natürlich« – sie zwinkerte – »du tötest sie nicht gleich.«
»Sehr geistreich.« Hiobs Tee war kalt geworden. Er hatte sowieso keine Lust gehabt, ihn zu trinken.
»Ich könnte dir einen entsprechenden Fall besorgen. Ohne etwas zu arrangieren. Ich finde einfach das Richtige für dich.«
»Du würdest das für mich tun? Ich könnte ein hübsches Mädchen beschützen? Ohne dass NuNdUuN das Ganze wieder in ein Fiasko verwandelt?«
»Kein Problem.«
»Warum? Ich meine, warum würdest du das für mich tun?«
»Weil ich für dich da bin, wenn du mich brauchst. So lautet unser Kontrakt, hast du das schon vergessen? Das ist zwar eigentlich nur in sexueller Hinsicht gemeint, aber hier geht es ja um etwas Ähnliches. Es geht um Frauen, und Frau ist mein zweiter Vorname.«
»Hm. Das wäre wirklich mal was anderes. Es wird zwar auch nicht dafür sorgen können, dass Sonja Zimmermanns rußendes Gesicht mich nicht mehr nachts aus dem Schlaf schleudert, aber es wäre zur Abwechslung wirklich nett, mal was Gutes tun zu können. Wenn du dich schon auf die Suche machst, kannst du mir dann noch einen kleinen Gefallen tun?«
»Wenn ich kann.«
»Könntest du ein Kind aussuchen? Ein Mädchen, so um die vierzehn?«
»Mädchen so um die vierzehn sind keine Kinder mehr.«
»Für mich schon.«
»Ein Mädchen um die vierzehn, das du retten kannst?«
»Exakt.«
»Was soll sie für dich sein? Eine Reminiszenz an deine goldenen Zeiten, als du noch ein glücklich herzklopfender Schüler warst?«
»Möglich.«
»Ich könnte noch mehr für dich tun. Ich könnte herausfinden, was aus dem Mädchen geworden ist, mit dem du damals gegangen bist. Wie es ihr heute geht. Ich könnte den Hohlkopf, mit dem sie heute zusammen ist, von ihr wegverführen.«
»Nicht nötig. Das interessiert mich gar nicht. Ich bin jetzt kein herzklopfender Schüler mehr, sondern ein mit dem Teufel paktierender Psychopath mit einem Stück Blei im Herzen.«
»Was viel charismatischer ist, wenn du mich fragst. Also gut, ich werde für dich das Richtige finden. Jetzt interessiert mich aber noch, weshalb du mich eigentlich vorhin so dringlich gerufen hast.«
»Vielleicht nur ... um genau das zu tun, was wir jetzt getan haben. Reden.«
»Und mich dazu zu bringen, dir einen Gefallen zu tun. Was ist mit deinen Freunden? Sind die nie für dich da, wenn du sie brauchst?«
»Es sind nur wenige. Nur eine wertvolle Handvoll. Eine Handvoll Asse und Joker. Ich darf sie mir nicht vergraulen, indem ich ihnen alles über mich erzähle.«
»Aber Kamber-mit-den-schönen-Zähnen weiß, dass du Magier bist.«
»Schon. Aber er weiß nicht, dass ich junge Frauen anzünde und Dachdecker vom Dach werfe. Wüsste er es, wäre er nicht mehr mein Freund.«
»Armer Hiob«, schmunzelte Aries mit einem nicht genau zu errechnenden Anteil an Spott in der Stimme. »Wenn es unter den Menschen niemanden mehr gibt, dem du vertrauen kannst, bist du dem Fließ vielleicht schon näher, als du glaubst. Ich jedenfalls bin deine Freundin und Verbündete, das ist mein Daseinszweck. Ich werde mich nach einem vierzehnjährigen Mädchen umschauen, das in Not ist. Das dürfte sogar innerhalb Berlins kein Problem sein. Also wird es nicht lange dauern.« Sie stand auf und wandte sich zum Gehen.
»Widder?« Hiobs Anrede hielt sie zurück.
»Hm?«
»Für wen bist du eigentlich? Ich meine im Spiel.«
Sie lächelte. »Ich bin aus dem Wiedenfließ. Ich mache mir keine Illusionen. Deshalb weiß ich, dass NuNdUuN gewinnen wird und dass es keinen Sinn hat, auf dich zu setzen. Aber jedes Mal, wenn ich im Wiedenfließ jemanden reden höre – wie es jetzt nach deinem letzten Spielzug
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