Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)
überkam.
Sie waren gesprintet, die sauber gefaltete Trage zwischen sich, hatten den grässlich entstellten Judge von der Herrentoilette des zweiten Stocks geklaubt, waren zum Fahrstuhl gewetzt, wobei statische Entladungen aus dem Teppich in dermaßener Heftigkeit um ihre Knöchel funkten, dass einem von ihnen beide Wadenmuskeln zu krustigen Lavaknorpeln verkrampften, er schreiend zu Boden ging, die Trage losließ und der Judge mit seinem zerfetzten Gesicht dröhnend auf die Auslegware schlug, wo er sofort wie ein Schnitzel in der Pfanne zu brutzeln anfing. Sie hatten den schwelenden Judge mir Müh und Not wieder vom saugenden Stoff gerissen, hatten sich in den Fahrstuhl gehechtet, der erst ein halbes Stockwerk nach oben, dann schneller eins nach unten, dann wieder zwei hoch und schließlich runter in den Keller stürzte und bremste, bis dem armen Judge weißliche Suppe aus Mund und Nase sprudelte, sie gaben alles, um den alten Mann hinten in den Ambulance-Kombi zu schieben, dessen Zündung unbegreiflicherweise minutenlang versagte, und schlossen ihn dabei an das Mobile Lebenserhaltende System an, was dann wirklich ganz ungewöhnliche Folgen hatte.
Der dominierende Eindruck der Elektrokutionskammer war der von klinischer Sauberkeit.
Boden und Wände waren sorgfältig gefliest und rochen nach frischen Desinfektionsmitteln. Der Stuhl selbst war weniger ein Stuhl als vielmehr ein massives Gestell aus dunklem Holz und Plastik, mit Leder- und Metallschlaufen versehen, einer strahlenden Rückenlehne aus Kunststoff mit einem blankpolierten verdrahteten Helm, die Lederriemen waren kein bisschen rissig, sondern straff und neu, da sie nach jeder Benutzung ausgewechselt wurden, die Kabel, die durch die Wände zu den außen liegenden Generatoren und Umleghebeln führten, waren hübsch bunt, die in die Sitzfläche eingelassene Schale mit dem großporigen Deckel wurde ebenfalls nach jeder Füllung pedantisch und mechanisch ausgewaschen.
Besonders schön war das große Fenster nach draußen in den Publikumsraum. Es war verspiegelt wie in einer polizeilichen Verhörkammer, denn man wollte umsichtigerweise verhindern, dass die feuchthändigen Zuschauer da draußen von dem Delinquenten direkt fixiert werden konnten. Vielleicht hatte man ja aber auch mitberücksichtigt, dass es, da es ja genügend Leute gab, die sich selbst per Spiegel gern beim Ficken betrachteten, unter Umständen auch welche gab, die sich selbst beim Sterben zusehen wollten. Jedenfalls war alles zuvorkommend und zweckmäßig eingerichtet, und die hohen Stromkosten hier drinnen wurden wirklich mit Maximaleffekt vernutzt.
Captain Chrome und seine Mannen wuchsen sich allmählich zu einem Problem aus, weigerten sie sich doch dienstbeflissen beharrlich, den Doc und seinen Assistenten die Arbeit alleine machen zu lassen. Sie halfen bei der Positionierung des organischen Dummies Otts, kontrollierten die Feineinstellungen der Generatorkästen, entwirrten verdrellerte Kabel, pluggten Pole ein und um. Und die ganze Zeit stand Captain Chrome breitbeinig da wie eine Jack-Kirby-Figur und überwachte das destruktivkreative Gewusel mit spiegelnd überlegener Miene.
Hiob wurde es langsam zu bunt. Nicht nur, dass das Ding in seinen Eingeweiden ihm langsam so große Schmerzen bereitete, dass er den Doc um etwas zu essen anflehen musste und dieser ihm schließlich einen verklebten Candyriegel aus der von einem ganzen Sortiment Skalpelle klirrenden Pathologenkitteltasche zutage förderte, den Hiob wie heißhungrig verschlang, um dem Quälgeist etwas zu tun zu geben, nein, ihm wurde auch zusehends klarer, dass er das Bataillon des staatsbesoldeten Superhelden nicht ohne energischen Einsatz würde loswerden können. Und loswerden musste er sie allerdings, sonst würde der Trupp seinen Plan wohl gut geölt vereiteln.
Er entschuldigte sich für einen Moment und wetzte in Richtung der Toiletten, die zur Entlastung des aufgeregten Premierenpublikums zwei Gänge weiter in den Kerkerfels gehauen worden waren.
Dort knallte er die Tür hinter sich zu und knurrte: »Okay, du Scheißer, es ist mal wieder so weit. Du hast gewonnen. Ich brauche deine Hilfe. Nein, dich meine ich nicht, du kümmerlicher Schluck Magensaft. Ich meine dich da unten . Hey. Aufwachen, Compadre.«
NuNdUuN antwortete ihm mit der greisenhaft britischen Stimme des längst verwesten Sir Ralph Richardson und hatte dabei noch Schalk genug, diese Stimme aus dem Rinnsieb eines Pissbeckens knarzen zu lassen.
»Wie wohlan
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