Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Sicherungsaufbau über Hiobs Stirn senken. So. Aus zwei Schritt Entfernung sah der Sitzende jetzt wie ein typischer großstädtischer Fahrradkurier aus, mit Sturzhelm, Dreadlocks, Sonnenbrille und Atemschutzmaske. Der Strom würde auf seinen Metabolismus auch dieselben Auswirkungen haben wie die Autoabgase auf einen Radfahrer, nur weniger langfristig und subtil. Per-fekt.
    Die schmucken sozialistischen EKG-Orden wurden noch angeheftet, der Monitor angeworfen, der Ordnung halber auch der Drucker zugeschaltet. Fertig wie nur möglich.
    Doktor Yaycayab schlich auf Zehenspitzen, um das Arrangement nicht zu stören, aus der Kammer, druckluftversiegelte und elektronischverplombte sie, entsicherte die Akkumulatorenhebel, ließ den Motor warmlaufen, verglich instinktiv seine Armbanduhr mit der an der Wand, stellte seine Armbanduhr eine Minute vor und passte sie so der an der Wand an, drückte eine genau festgelegte Abfolge von unterschiedlich gefärbten Knöpfen und Kippschaltern, wartete das Einpendeln der Leuchtdioden ab, lugte prüfend seitlich durch das große Einwegspiegelfenster, legte in rascher Folge die drei römisch nummerierten Hebel um, beobachtete die ausschlagenden Zeiger in den Plexiglasgehäusen, drückte zwei Sicherungsknöpfe, entrastete nacheinander wieder die drei römisch nummerierten Hebel, wischte sich mit einem benutzten Papiertaschentuch über die Stirn, drückte wieder zwei Knöpfe, überprüfte den Tochtermonitor, räusperte sich mehrmals und schwergängig, tastete auf mehreren Schiebereglern herum, riss den Ausdruck an der Perforation heraus, legte die drei römisch nummerierten Hebel noch mal um, wartete, bis die Zeiger im Vollausschlag vibrierten, presste die zwei Sicherungsknöpfe, klopfte auf den Monitor, zog die drei römisch nummerierten Hebel wieder zurück, kramte wieder das Taschentuch hervor, verfolgte den ruckartigen Wanderschritt seines Sekundenzeigers, verglich Monitor mit Ausdruck, riss wieder ab, diesmal aus der ohnehin nicht besonders benutzerfreundlichen Perforation quer durch die Nadelkurven ausbrechend, kratzte sich zwischen den gewölbten Schulterblättern und zwischen den Augenbrauen, verrieb nachdenklich Schweiß und Hautschuppen zwischen Daumen und Zeigefinger, änderte auf einem drehbaren Skalenschalter die Grundeinstellung, lugte zum ersten Mal vorsichtig durch das Spiegelfenster, stieß brodelnd auf, legte einen Kippschalter um, bog wieder die drei römisch nummerierten Hebel um ihre Gelenke, wischte sich mit dem körnigen Taschentuch über das ganze Gesicht, starrte auf das Taschentuch, presste die zwei Sicherungsknöpfe, legte die drei römisch nummerierten Hebel zurück, stieß wieder auf, starrte wieder auf Monitor und Ausdruck, lachte trostlos auf, legte die drei römisch nummerierten Hebel wieder um, verfluchte die Sicherungsknöpfe, riss die Hebel wieder in ihre Heimatstellung zurück, zwang sie von dort aus wieder zwischen die Schließkontakte, zurück, vor, zurück, vor, zurück, gab es schließlich auf und blickte müde und zu jeder Begeisterung unfähig auf die ruhenden Druckernadeln, das vorbeirauschende Papier, die grüne Linie auf dem Monitor.
    Er fühlte sich physisch erschöpft wie nach einer Ejakulation und setzte sich schwer atmend auf die vorderste der Zuschauerbänke.
    Das CinemaScope-Fenster vor ihm war von der anderen Seite her mit schlackefarbener Kondensation beschlagen, sodass man nichts mehr von der Kammer sehen konnte außer dichtem, schweren Rauch.
    »Scheiterhaufen«, murmelte der Doc. »Das ist nichts anderes wie ein Scheiterhaufen aus das dunkle Mittelalter und hat mit humaner Medizin, was ist mein eigentliches Fachgebiet, wie ich bemerken mochte, nicht eigentlich zu tun.«
    Das Bereitschaftsteam des Krankenhauses kam den Sanitätern entgegengeflankt. Man kannte sich.
    »Warum habt ihr denn so lange gebraucht? Wir halten schon seit fünfzehn Minuten den Schockraum für euch frei!«
    »Das glaubt uns doch sowieso keiner. Der Motor ist mehrmals abgesoffen, und jedes Mal, wenn wir unter einer Hochleitung oder einer Ampel durchfuhren, verwandelte sich dieser sogenannte Faradaykäfig in eine Scheiß-Konduktorkugel. Donnie ist fast blind geworden hinterm Lenkrad, so hell prasselten die Blitze auf uns nieder. Irgendwo in der Gallsworth brach plötzlich neben uns eine Fernbahn von den parallel laufenden Gleisen und schrammte kreischend auf uns zu, der Lokführer hieb hinter seiner Aquariumsscheibe auf alle Notstopp- und Selbstzerstörungsknöpfe,