Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)
Männerspeichelauffangeimer mitgebracht zu haben. Selbst die Tatsache, dass das Fest mit vorrückender Stunde zu einer offenen Angelegenheit geworden war, bei der jeder willkommen war, der sich hamelnmäßig von Kambers bassigen Grooves angezogen fühlte, ließ es irgendwie nicht wahrscheinlich scheinen, dass eine geschickte Fusion aus Cynda Williams und Jody Watley hier auftauchte, hier, an einem so öden, profanen und provinziell abgeschiedenen Ort wie Berlin. Hiob konnte nur grinsen. Früher war ihm Widder immer als möglichst fieses Monster erschienen, danach hatte sie eine Phase gehabt, in der sie verstorbene Schönheiten personifizierte, und mittlerweile tat sie das, was auch Computer tun, um künstliche Intelligenz zu simulieren: Sie kombinierte Bewährtes.
Hiob ließ das niedlich eingepackte Geburtstagskindlein stehen und bahnte sich einen Weg durch die posierenden Jünglinge hin zur Tür, wo die dunkelhäutige Circe in ihrem betont schwarzen Minikleid nur auf ihn wartete. Für einen Moment kam sich Hiob tatsächlich vor wie ein hübscher Held aus einem bescheuerten 80er-Jahre-Videoclip. Glücklicherweise durchbrach Kamber das Klischee, denn er schlieferte geschickt an Hiob vorbei und kam vor ihm bei der Frau an. Frauen mit dunklem Teint schickten zwar Kambers Hirn in den Orbit, brachten aber den Rest seines Wesens zum Glänzen.
Diesmal gab er den Gent und wartete cool, bis Hiob heran war, während er Widder in die Augen sah, bis selbst sie den Blick niederschlug.
»Willst du uns nicht vorstellen, Habib my Bro?«
»Kamber.« Hiob winkte Kambers Kopf heran, beugte sich zu ihm hinüber, wisperte ihm ins Ohr: »Im Vergleich zu dem, was dieses Mädel hier in Wahrheit auf den Schultern trägt, ist ein Fischkopf Botticellis Venus.«
Kamber schluckte, wurde bleich, legte Hiob schwer die Hand auf die Schulter, stieß sich ab, schlurfte zurück und scratchte lustlos weiter.
Hiob legte der entsicherten warmen Amazone eine Hand auf den Po und schob sie sanft vor sich her, denn aus dem Hintergrund näherte sich bereits Myriem mit wippendem Haar, und auf Soap-Opera-Dialoge hatte Hiob jetzt überhaupt keinen Bock. Glücklicherweise drängten sich ein paar hechelnde und männchenmachende Gaffer zwischen die beiden Rivalinnen, und Hiob entkam mit Widder in einen dunklen Hausflur zwei Etagen tiefer.
Von oben wummerten Kambers kontinentalverschiebende Grooves. Widder bewegte die langen, schlanken Glieder ihres neuen Körpers wie eine sich häutende Schlange.
»Was zum Henker willst du hier, Mädchen? Kannst du nicht diskret auftauchen, wenn ich irgendwo alleine bin? Ich bin hier unter Freunden.«
»Dein Bro gefällt mir. Er hat schöne Zähne. Steht schon ein Name auf seiner Seele?«
»Kamber kommt nirgendwohin, wenn er hier fertig ist, so viel steht fest. Er ist dann einfach tot, verstanden?«
»Das hast glücklicherweise nicht du zu entscheiden.«
Hiob atmete durch. »Bis dahin, wenn Kamber an der Reihe ist, habe ich das zu entscheiden, Babe.«
Sie lächelte und war damit mehr macho als er. »Du hast mir nie von dieser kleinen Türkin erzählt, mit der du eben getanzt hat. Soll ich das nächste Mal als sie kommen?«
»Njet.«
»Warum nicht? Ist sie dir etwa auch so heilig wie die kleine Schlampe Brooks?«
»Nein. Vielleicht. Was weiß ich. Ist doch auch scheißegal. Sie ist Kambers kleine Schwester, verstehst du? Ich will nicht, dass sie da mit reingezogen wird, in mein Leben, meine ich. Nicht mehr, als partout nicht zu vermeiden ist. Und verdammt noch mal: Was sollen eigentlich immer diese ganzen beschissenen Eifersuchtsspielchen? Du kannst doch wohl wirklich sicherer sein als jede andere Frau im Universum, dass ich dir treu bin. Immerhin steht es so im Vertrag, und ich werd mich dran halten, denn nur deinetwegen werde ich das Spiel nicht verlieren, tut mir leid.«
»Bist du mir böse?«
»Was willst du eigentlich? Was gibt es, das so wichtig ist? Schon wieder ein neues Prognosticon?«
»N-n.«
»Das sind ausnahmsweise gute Neuigkeiten, echt. Ich hab nämlich noch nicht mal das letzte verdaut. Die ganzen Elektrokutionen haben meine Wirbelsäule ganz wabblig gemacht. Also was ist es dann? Was liegt an?«
»Es ist eine Manifestation, Babe.«
»Heh? Hahaha, WAS? Verarschst du mich?« Plötzlich ernst. »Ist heute der erste April?«
»Nein, wir haben Mitte Mai. Ich bin nicht hier, um dich zu verkohlen.«
»Eine Manifestation? Das ist doch wohl ein Witz. Was habe ich mit Manifestationen zu schaffen? Das
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