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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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ihr oder wich von ihr, unbeschreiblich. Voraus ein Licht. Eine schwankende, quietschende Laterne in der Scheune. Die Nacht verlor ihre Größe.
    Magdaleen kannte den Geruch, der ihr am Scheunentor entgegenwallte. Wenn eine Kuh geschlachtet worden war, roch es so, und die Geburt ihres Kindes hatte auch so gerochen. Das Licht der Laterne verlor sich in Staub, war eigentlich eher ein schmutziges Bild von Licht als wirklich Licht, sodass nicht allzu viel zu sehen war, doch Anton tauchte schief vor ihr auf, besprenkelt wie ein Clown, aber mit ernstem Gesicht. Sie machte zwei zögernde Schritte auf ihn zu, dann schob sie ihre Arme unter seinen gebreiteten Mantel und versuchte, seinen Brustkorb zu umarmen, die Stirn an seinem Kinn, aber er war so kalt, so klebrig, und sie hatte das Gefühl, dass seine Brust unter ihrer Umarmung zerstieben würde wie nasses Herbstlaub, so ungreifbar und schwer. Anton zog ihren Kopf sanft an den Haaren zurück und küsste sie auf den Mund, sein harziger Atem drang tief in ihre Lunge ein, ihre Lippen blieben an seinen kleben und rissen ziehend auf, als sie sich wieder voneinander lösten. Ihr schwindelte, sie suchte sich an einem Stützbalken zu halten, aber sie glitt an seiner seifigen Nässe ab und fiel ins Stroh, wo sie sich schluchzend die Handflächen abzureiben suchte von einer linsensuppenartigen Masse. Anton hatte sich zusammengekrümmt, als versuchte er, die Axt zu umschließen, und sang in einer fließenden Sprache, die sie noch nie zuvor in ihrem Leben gehört hatte. Die Laterne rotierte jetzt knirschend um ihre Längsachse und warf wirbelnde Gittermuster ringsumher, die alles sich drehen ließen. »Anton?«, fragte sie mit der Stimme eines kleinen Mädchens. »Anton? Bist du noch da? Wo sind die anderen?« Sie stand unbeholfen auf, denn ihr war, als hätte sie in einer Ecke der Scheune eine zuckende Bewegung gesehen. Anton umfasste sie wie ein Tänzer, ein Bräutigam, ein Liebhaber, sagte »Je regrette« und strich ihr mit der Axt über den Hinterkopf. Ihr Schädel öffnete sich schreiend und spie all ihr Erinnern nach draußen. Ihre Stimmbänder versuchten noch, Antons Namen zu formen, als ihr Kopf schon mehrere Schritt entfernt lag.
    Auf dem Rückweg zum Haus wurde Anton Krantz von Gott gepackt und in den Schnee geworfen. »Das waren meine Geschöpfe!«, schrie Gott ihn an und versuchte, ihn im Schnee zu ersticken, aber Anton trat und kratzte sich los und schlug der riesenhaften Gestalt die Axt mitten ins Gesicht. Gott brüllte, schwankte rückwarts, rote Blitze wurden vom Himmel herabgeheult und erhellten bis zum Horizont hin blutig die Nacht. Raben fraßen Gott, als er noch kroch.
    Anton war noch nicht fertig. Erst bei der dritten Umrundung des Hauses fand er die Tür und fiel schwer auf die inneren Bohlen. Seine Hände waren mit Blut und Hirnmasse so verklebt, dass es aussah, als hätten sie Schwimmhäute, und so stieß er sie in die grauheiße Asche des Kamins und wusch sie darin. Falkenhayn legte ihm die gichtig verhärtete Hand auf die Schulter. »Ich bin stolz auf Sie, Infanterist Krantz. Sie leisten ganze Arbeit.« Anton biss Zähne und Augen zusammen, bis der General gegangen war. Aber jetzt musste er sich beeilen. Die Stunde durfte nicht vorüber sein, bevor das Entscheidende getan worden war. Wahrscheinlich hatte er nur noch wenige Minuten Zeit.
    Er hastete die Stiege hinauf und blieb dabei mit dem Mantelärmel an einem Nagel hängen. Bis er sich aus dem Stoff gewunden hatte, verging wieder wertvolle Zeit. Dann, endlich, fand und erreichte er Magdaleens Zimmer und die Wiege darin. Das Baby schlief. Anton wischte sich über Augen und Mund und ertastete dann den runden, unbehaarten Kopf des Kindes. Es stimmte, war genau, wie NuNdUuN gesagt hatte: Die Fontanelle hatte sich noch nicht geschlossen, nur Haut überspannte das kaum faustgroße Gehirn. Anton stieß und pulte die Haut mit bloßen Fingern auf, wisperte selbst gegen das ungeheuerliche Geschrei und Gezappel des kleinen Menschen an, klaubte ruckend und rupfend das warme Gehirn aus dem dann toten Schädelchen, führte das massive Geflecht zum Mund und biss hinein. Biss ab, kaute, schluckte, fasste nach. Er verspeiste das noch knospende Wesenszentrum eines Hundert-Tage-Kindes, dessen Mutter seine Liebste gewesen war und dessen Vater ihr Vater. Niemals zuvor nahm jemals ein einzelner Mensch mehr magische Energie in sich auf.
    Der Schock des Sehens war so groß, dass seine Seele in Zwingtanz verfiel.
    Anton hob jaulend

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