Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)
...«
»Unaussprechlicher als Krieg? Anton, ich hab dasselbe Faible für gedemütigte Mädchen wie du, also will ich dir gar keine Vorwürfe machen, dass du den schmutzigen alten Mann und seine verrotzte Sippe vernichtet hast. Vielleicht war das sogar genau das, was sie verdienten. Aber Magdaleen und das Kind – das waren Opfer, Anton. Opfer! Du hättest sie nicht zu töten brauchen. Sie sind genauso vergewaltigt worden von ihrem Vater, wie Vater Staat einen jungen Mann vergewaltigt, den er in den Krieg schickt. Kannst du das nicht sehen? Diese antiquiert südländische Art von Mannesehre und Mannesrache – das hat NuNdUuN dir eingetrichtert. Du selbst hättest das Mädchen doch lieber umarmt, getröstet und gerettet, und genau das hättest du tun sollen. Stattdessen hast du mit ihr dich selbst erschlagen, mit der ihres Kindes deine eigene Seele verzehrt.«
Anton fiel auf die Knie und schlug sich die blutigen Hände vors Gesicht. »Ich weiiiiiiiiiß! Aber darum ging es doch! Genau das war doch mein Auftrag!«
»Und wem nutzt dieser Auftrag? Dir doch nicht, dir kein bisschen. Ich sagte es eingangs schon: NuNdUuN lacht über dich. Lachhhhht über dichhhhh. Nur ich leide mit dir. Denn insofern bin ich wirklich dir gleich. Und über mich lacht NuNdUuN auch, oft jedenfalls. Bis ich ihm irgendwann das Maul stopfe. Wenn ich so mächtig bin wie du.«
Mit vorgebeugtem Körper schluchzte Anton auf den Knien, klagte wie eine antike Theaterfigur, die in einen typisch antiken Schlamassel geraten war, über sein Schicksal und die Ungerechtigkeit aller möglichen Arten von Dasein.
Hiob wartete ab, schubste den selbstgeißelungsgeilen Drang, sich die Babyleiche noch mal anzusehen, herum. Wartete ab.
Der erst im Schützengraben wirklich Geborene beruhigte sich von selbst wieder. Laue Stille breitete sich aus in dem Haus, das vor einer Stunde noch Heim einer Familie gewesen war.
»Ich glaube dir nicht, dass NuNdUuN nur ein kleiner Unteroffizier ist. Ich habe ihn gesehen. Er reichte von hier bis zur Ewigkeit, und sein Lächeln spiegelte sich in jeder Pfütze in jedem Trichter, jeder Senke, überall. Er war so wunderschön, dass der Himmel selbst sich verschämt verhüllte, den Vergleich scheuend.«
»Das ist seine Masche. Er wartet einen Augenblick ab, in dem du bis zur Hüfte in fremder Pisse stehst und die zerfetzten Innereien deiner Kameraden dir von den Ohren baumeln, und dann tritt er auf. Er ist kein überkommender alter Hippie wie der Sixtinische Gottvater. NuNdUuN ist zeitgemäß, modern, Stil und Eleganz, er ist immer wieder aufs Neue der charismatische Held unserer Generation. Das muss einfach wirken. Es ist eine Frage des Kontrastes.«
»Und die Ländereien, die er mir zeigte? Seine Ländereien? Die Frauen, die er mir gab, die gefiederten Pferde, das diamantene Schwert?«
»Lehen. Er muss dafür zahlen. Er hasst es, aber er muss es. Mit deiner Hilfe wird er das vielleicht bald nicht mehr brauchen.«
»Und selbst wenn es wahr wäre ... dass er nur ein Untergebener ist ... selbst wenn das wahr wäre ... warum sollte ich ihm dann nicht helfen, König zu werden?«
»Weil er es nicht wert ist.«
»Ich ... liebe ihn.«
»Siehst du, in diesem Punkt unterscheiden wir uns doch ganz gehörig voneinander. Ich hasse ihn. Und ich kann dir sogar beweisen, dass Hass die einzig angemessene Art ist, für NuNdUuN zu empfinden.«
»Beweisen? Wie?«
Hiob ging ganz nahe an Anton heran, ging vor ihm in die Hocke, bis ihre Augen auf gleicher Höhe waren und ihre Blickfarben sich bis zu einem entkräfteten Ockergrün maßen. »Kannst du dir vorstellen, Soldat, dass ein wirklich herrlicher Feldherr, der dir einen so grauenhaften Auftrag erteilt wie den, den du hier eingelöst hast, so wenig Respekt und Achtung vor deinem Tun hat, dass er einem heruntergekommenen Aushilfsdämon, der früher mal sein Liebhaber war, gestattet, Magdaleens Leiche zu schänden, nachdem du sie getötest hast?«
»Das ... verstehe ... ich ... nicht ...«
»Herrjeh, Junge! Was ich sagen will, ist: Würde ein echter General erlauben, dass die Glorie deiner ihm dargebrachten Blutopfer durch schnöde Geilheit besudelt wird?«
»Nnein ... das hat er auch ... nicht ...«
»Würde ein echter General mit Geschmeiß verkehren, das sich nichts sehnlicher wünscht, als die Leichen der Besiegten zu ficken?«
»Nein! Wie kommst du darauf? NuNdUuN hat nie ...«
»Draußen zwischen den Kopfweiden vorm Haus wartet einer von NuNdUuNs Dämonen darauf, dass du hier
Weitere Kostenlose Bücher