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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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schnitt es aus dem Mädchen heraus.« Der Fremde streckte mit gesenktem Kopf den Arm aus. König Munsa leckte sich die Lippen und bewegte sich, wollüstig schaudernd, schwebend darauf zu. »Endlich das kleine rosa Knöspchen. War sie tot schon oder lebte noch?«
    »Erst lebte sie, dann war sie tot, doch stets war sie mein Mädchen!«
    Munsa stockte, der Fremde hob den Kopf, und aus seinem Mund rissen sich zahnfleischberstend achtundzwanzig gelbliche Zähne, durchdrangen ballistisch schwirrend Munsas kreischend abwehrend erhobene Arme und zertrümmerten dem König Gesicht und Stirnschale. Munsa knallte brüllend rücklings gegen einen Baum und von dort aus abplatzend nach vorne in den Schnee. Anton rannte die letzten Meter zu ihm hin, stellte sich über ihn, riss sich einen Teil des Rippenkastens mit zweieinhalb triefend gebogenen Rippenbögen aus der Brust und rammte sie dem König ruckartig durchs Schlüsselbein. Munsa kreischte schrill und zuckte mit allen Extremitäten konvulsivisch durch den Schnee, hochschnellend wie aus Gummi. Mit vorsichtigen Fingern löste Anton die jetzt deutlich über dem zappelnden König sichtbar werdende Zeitschleife und riss den Reisenden somit in so viele Teile, wie die widernatürlich zurückgelegten siebzig Jahre Sonnenläufe hatten. Jeder dieser fünfundzwanzigtausend Königsschnipsel zuckte noch etwa vier Minuten, bis jeder an einem anderen Tag im Geäst einer zufällig ausgewählten Kopfweide manifestierte. Einer im Jahre 1956 wurde von staunenden Kindern entdeckt, die ihn mit nach Hause nahmen, die meisten jedoch wurden von Krähenvögeln gefressen.
    Das Halbäffchen schloss halb die Augen und starb. Anton wischte sich triefendes Blut vom Kinn, häufte mit den Füßen Schnee über das gestorbene Zepter und wartete, bis Hiob bei ihm angelangt war.
    »Na, hab ich zu viel versprochen?«
    »Nein, du sprachst die Wahrheit«, sprühte Anton zahnlos. »Ein Dämon mit ganz schwarzer Haut. Was für eine hässliche Erscheinung.«
    »Ja, ihr Bayern habt ja so eure Probleme mit anderen Hautfarben. Komisch eigentlich, dass sich in etwa sechzig Jahren eure beliebteste politische Partei landauf landab als »Schwarze« bezeichnen lässt.«
    »Eine schwarze Partei? Böse Magie?«
    »Definitiv. Übrigens, du siehst echt elend aus.«
    Anton sah an seinem zerrissenen Körper herab. »Ich werde meinen Leib nicht mehr brauchen, dort, wo ich jetzt hingehe. Bin ein guter Soldat gewesen, habe mich selbst als Waffe benutzt, nicht wahr?«
    »Beförderungsreif. Aber lass dich mit solchem militärischen Geschwätz nicht wieder einwickeln vom Alten. Er wird dich als Deserteur bezeichnen und dir einen disziplinarischen Maßregelungsvortrag halten.«
    »Ein Vorgesetzter, der selbst über keine Disziplin mehr verfügt, muss von seinen Untergebenen abgesetzt werden, wenn die Zeiten zu schwierig sind, um falsche Entscheidungen tolerierbar zu machen. Das ist oberste Soldatenpflicht.«
    »Bravo. Das hätte von mir sein können. Willst du eigentlich deinen Mantel wiederhaben?«
    »Behalt ihn. Ich werde meinen Körper ohnehin nur bis zur Dornenpforte mitnehmen.«
    »Hey, danke. Der ist richtig cool. Woraus ist er denn gemacht?«
    »Er ist eigentlich ein ganz normaler Grabenmantel, aber wir hatten keinen echten Schneiderstoff mehr, deshalb haben ein paar von unseren Jungs Zeltbahnen vernäht. Also ist er ein bisschen fester und steifer als ein normaler Mantel und lässt auch weniger Wasser durch.«
    »Cool. Ihr hattet echt begabte Schneider in eurer Kompanie.«
    »Ja. Es waren viele junge Männer da, aus denen einmal etwas Erstaunliches hätte werden können, wenn der Krieg sie nicht zermalmt hätte.« Anton drehte sich mit der rechten Hand den linken Unterarm aus dem Ellbogengelenk und klaubte mit knochigen Fingern Elle und Speiche frei. Der Schnee war dermaßen voller Blut jetzt, dass Hiob schon fürchtete, damit irgendwie ein Zeitparadoxon zu schaffen. Aber wahrscheinlich war das gar nicht möglich. Wahrscheinlich war das alles ohnehin schon längst passiert, auch ohne ihn, oder mit ihm. Fruchtlos, darüber nachzudenken. Hiob war Realist, kein Science-Fiction-Apologet.
    »Weißt du eigentlich«, plauderte Anton pladdernd, während er mit ein paar Sehnen einhändig ein wackliges X aus den beiden Unterarmknochen knüpfte, »was aus General Falkenhayn geworden ist, nachdem das militärische Desaster von Verdun abgeblasen wurde? Nein? Nun, er bekam ein neues Kommando unterstellt und führte eine zum Scheitern verdammte

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