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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Geschichte ist Geschichte. Bist du wirklich sicher? Klar, Mann, klar. BIST DU WIRKLICH SICHER? Ja, ja, ja, ja, ja. Dann fragte er mich, ob ich entschlossen genug sei, um einen anderen Spieler – falls gerade ein anderer am Spielen war und somit meinen Platz belegte – umzubringen. Ich sagte: Nein. Denn ich kann warten, bis der andere verloren hat, wie all die anderen Loser vor ihm. Ich kann warten, denn ich bin jung, und meine Zeit wird kommen. Der Teufel lachte und verschwand.
    Beim nächsten Treffen – ein paar Tage später – berichtete er mir, was für ein glücklicher Zufall sich gerade ereignet hätte: Der Spieler der Gegenwart – eine Frau, die ich später bei meinem ersten Prognosticon sogar kennenlernte – sei gestern gescheitert, und die Stelle sei jetzt vakant. Ich staunte wie ein Kind im Freizeitpark über diesen glücklichen Zufall. War natürlich kein Zufall. Der Bastard log, das ist seine Natur, er kann halt Lüge nur, und sonst gar nichts. War – davon bin ich mittlerweile mehr denn je überzeugt – schon seit Generationen prädeterminiert, dass ich Spieler werde, dass ich hier und jetzt und jung an Jahren Spieler werde und mir den verfluchten Weltrekord hole und ihn mir übers Bett hänge wie irgendeinen verfickten Meisterbrief. Aber Luziferus ließ es wie glückliche Fügung aussehen. Und wieder: Bist du sicher? Und wieder: Frag nicht immer denselben Scheiß, du klingst wie ’ne gesprungene Platte. Ja, ich bin sicher. Und endlich – dann – rückte er mit dem Konkreten raus. Es gab einen Test. Die sogenannte Eröffnung . Dieser Test bestand aus zwei Teilen. Wenn ich durch Bestehen dieses Tests beweisen würde, dass ich das Zeug dazu hätte, es mit dem Herrn aller Ringe persönlich aufzunehmen, dann würde meinem Spielerstatus und all meiner damit einhergehenden Privilegien nichts mehr im Wege stehen.
    Durstig verlangte ich mehr.
    NuNdUuN kam ganz nahe an mich heran und hauchte mir mit seinem Fenchelatem ins Ohr: »Eröffnung, Aufgabe eins von zwei: Töte den Arzt, der dir auf die Welt half.«
    Ich hatte vorher noch nie jemanden umgebracht.
    Kommt mir heute richtig lächerlich vor, wie jungfräulich man sein kann.
    Mittlerweile kommt mir das Töten schon nicht mehr als irgendwas wirklich Besonderes vor. Das ist eine von den Seiten, die ich den Schwestern unbedingt zeigen sollte.
    Mir fällt da ein Film ein, den ich vor einiger Zeit mal auf Video gesehen habe. Den Titel weiß ich nicht mehr, aber jedenfalls spielt Anthony LaPaglia mit wunderbar traurigem Clownsgesicht einen Killer, der die depressive Mimi Rogers töten soll und’s nicht fertigbringt, weil sie so sinnlich ist. Da gibt es eine Szene, in der LaPaglia sagt: »Nachdem ich das erste Mal getötet hatte, fühlte ich mich hundsmiserabel. Ich dachte, jetzt hab ich irgendein wichtiges Gleichgewicht gestört oder ein riesiges Loch ins Universum gerissen. Aber dann kam ich in ein vollbesetztes Restaurant und lauschte dem Stimmgewirr dort. Und was soll ich sagen? Es fehlte niemand .« Sinngemäß. Die coolste Aussage über das Ableben von Großstadtmenschen, die ich in letzter Zeit gehört habe.
    Jedenfalls, nach der Nennung der Eröffnung Aufgabe eins von zwei hatte ich immer noch zwei volle Monate in meiner behaglichen Wichsgruft rumzubringen. Also bereitete ich mich aufs Killen vor.
    Nicht auf das Killen an sich, das ist viel einfacher, als einen Apfel so zu schälen, dass eine lange Schalenspirale entsteht, und das kriege ich ja auch hin. Nein, das Problem war, an das Opfer heranzukommen. Die Identität des Opfers festzustellen und dann den jetzigen Aufenthaltsort. Dies war kein Hit, bei dem Big N. mir in einem Diner ein Kuvert mit Foto und Daten des Opfers rüberschiebt und mir dann unterm Tisch die heiße Waffe in die Finger fummelt. Hier bestand die eigentliche Aufgabe darin, überhaupt rauszufinden, um wen es geht. Der eigentliche Tötungsakt sollte gar nicht das Problem sein.
    Der eigentliche Tötungsakt.
    Natürlich war mir auch – das nur der Vollständigkeit halber – der Gedanke gekommen, dass es sich bei dieser Eröffnung um einen rein symbolischen Akt handeln konnte, üblichen niederrangigen magischen Initiationsritusquatsch wie »Verbrenne ein Kinderfoto von dir, um dich von deiner Unschuld freizumachen« oder »Zerschlage den Spiegel, in dem deine untreue Geliebte sich betrachtet, um ihre Schönheit von ihr zu trennen«. Aber ich hatte die Begleitumstände des Spiels kapiert. Es ging ums Töten. Und wenn ich versagte,

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