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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Freund Harvey – die unsichtbare Stimme aus dem Fließ – gab mir zu verstehen, dass ich Widder haben konnte, jetzt gleich und hier, aber dass ich dazu einen Ausschließlichkeitskontrakt unterzeichnen musste. Von jetzt an bis ans Ende meines Daseins musste ich mich verpflichten, mit keiner anderen Frau und keinem anderen Wesen als Aries/Widder jemals Geschlechtsverkehr zu haben. Sollte ich diesen Kontrakt brechen, würden alle meine weiteren Geschäftsverbindungen mit dem Fließ – zum Beispiel das Spiel – automatisch zu meinen Ungunsten entschieden. Als Gegenleistung würde ich Widder nicht nur für jetzt, sondern ein Anrecht auf ihre sexuellen Dienstleistungen bis an besagtes Ende meines Daseins erhalten. Ich müsste also nie darben, nur eben treu sein. Und mit der Treue könne das ja wohl kein Problem sein – flüsterte Harvey –, wenn das Objekt meiner Treue eine Gestaltwandlerin sei, die nicht nur den Körper, sondern auch die spezifischen Paarungseigenschaften einer unbegrenzten Anzahl von Frauen annehmen könnte. Ich würde also sozusagen mit allen Frauen schlafen können, die ich mir nur vorzustellen in der Lage wäre, nur dass all diese Frauen gegenüber ihren Originalen einen Vorzug hätten: unbedingte Willigkeit und Hingabe, von Natur aus.
    Ein Angebot, dass Mann nicht ablehnen kann. Ich bin kein zen-buddhistischer Mönch. Ich kann nicht wochenlang mit gekreuzten Beinen dasitzen, ohne dass mich der Sack juckt. Das Fließ hatte diese Charaktereigenschaft von mir offensichtlich schon längst ausbaldowert.
    Also unterzeichnete ich meinen ersten Kontrakt mit der Unter- oder Oberwelt, je nachdem, wo man sich selbst gerade befindet. Ich unterzeichnete diesen Kontrakt nicht mit altmodisch wohlfeilem Blut, sondern mit vielen Millionen wimmelnder Spermien, denn der Kontrakt wurde vollzogen, wie man eine Ehe vollzieht. Ich trieb es wild und leidenschaftlich mit der Widder-Wunderbraut, und die Familiengruft unter dem Dreifaltigkeitskirchhof wurde zum schweißtriefenden Red-Light-District. Nachdem bei mir endlich eine entspannte Erschöpfung eingetreten war, verwandelte sich Widder in das abscheulichste lovecraftsche Ding-das-nicht-sein-durfte, das ich jemals gesehen habe, und rülpste mir stinkend ins Gesicht, dass sie »maal seehn« wolle, »wassich machn läss, umm ’nen Terrmiin beim Bossu kriegn«. Ich kotzte wie ein Schulbub beim ersten Vollrausch und kriegte das Monster danach zwei Monate nicht mehr zu sehen.
    Natürlich war ich auch zu stolz, um auf die Einhaltung ihrer vertraglichen Pflichten zu bestehen. Ich wollte mir so schnell, so früh, nicht noch mehr Blößen geben vor dem Dunklen Land.
    Ich las viele verschiedene Interpretationen von Satan und Gott in vielen verschiedenen Kulturen in verschiedenen Zeitaltern und versuchte mich so auf die Audienz mit dem Absoluten vorzubereiten.
    Wenn ich mir die letzten anderthalb Seiten noch mal so durchsehe, fällt mir auf, dass Widder darin ziemlich mies wegkommt. Vor allem im Verhältnis zu dem, was ich mittlerweile für sie empfinde.
    Das liegt wahrscheinlich daran, dass Widder tatsächlich im ersten Jahr unserer Beziehung nichts weiter war als ein widerliches Monstrum, das man hervorragend ficken konnte. Wann immer wir gerade mal nicht am Poppen waren, schleimte sie als entstellte, lallende Bestie durch meine Räumlichkeiten und ließ keinerlei andere Gefühle zu als das, was für ein grundverdorben perverser Bastard ich doch sein muss.
    Aber das änderte sich im Laufe der Zeit. Sie entwickelte die Angewohnheit, auch zwischen den Vollbefriedigungs-Shows als menschliche Frau herumzulaufen, und zwar als immer wieder verschiedene menschliche Frauen in all den unzählbaren Spielformen femininer Attraktivität, die die Natur gezaubert hat, um uns behaarten, dumpfen Schwanzschwingern die fünf Sinne zu scramblen. Dadurch ermöglichte sie mir – wahrscheinlich auf Geheiß von oben, ich bin mir dessen durchaus bewusst – einen emotionalen Zugang zu ihr, der heftiger kaum sein konnte, da er ja auch noch durch unaussprechlichen Sex gewürzt wurde. Die unheilige Dreifaltigkeit meines Mannseins – die Faszination für Schönheit, die peinigende Geilheit und die Unfähigkeit, auf einer Wiese voller Blumen immer nur an einer einzigen zu schnuppern – wurde so in einem einzigen Geschöpf vereinigt. Ein Werkzeug des Bösen, fürwahr.
    Jetzt, wo Widder mich – ich hoffe, vorübergehend – verlassen hat, weil sie sich fürchtet vor dem, das/der da jetzt kommen wird,

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