Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
hat?«
»Garrisaldo sagte mir, dass er gemeinsam mit seinen Kollegen in Parma in zwei Richtungen ermittle«, antwortete Viberti. »Ugo Zorzi komme prinzipiell als Täter in Betracht. Und er habe einen Russen namens Michail Borogowski im Visier. Kam der Tipp von Ihnen?«
»Nur ein kleiner Hinweis, ohne Gewähr«, bestätigte Hipp.
»Ehrlich gesagt, es ist mir ziemlich egal, wer Steinknecht umgebracht hat«, stellte der Maresciallo fest. »Ich gehe nicht davon aus, dass ein Zusammenhang mit Rettensteins Ableben besteht. Also ist die Tataufklärung nicht mein Problem. Soll sich Garrisaldo daran die Zähne ausbeißen.«
»Mich interessiert, wie die Sache ausgeht. Würden Sie mich auf dem Laufenden halten?«
Viberti grinste. »Unter Umgehung des Dienstgeheimnisses. Aber gerne, ich rufe Sie an, sobald sich was ergibt. Wann sagten Sie, dass Sie fahren?«
»Morgen früh. Würden Sie bitte Maria Battardi und Carlo Giardina von mir grüßen? Eigentlich schade …«
»Was ist schade?«
»Carlo hat mich eingeladen, ihn bei einer Trüffelsuche zu begleiten. Aber daraus wird nun nichts mehr.«
»Warum bleiben Sie nicht noch einige Tage?«
»Warum sollte ich? Rettenstein ist tot. Sein mutmaßlicher Mörder ist es auch. Von Gina Zazzari sollte ich mich besser fernhalten, sonst kündigt mir Sabrina die Freundschaft.«
»Im günstigsten Fall. Es könnte auch sein, lieber Dottore, dass man Sie erdrosselt auffindet, mit einem Damenstrumpf um den Hals.«
»In diesem Fall würde ich Sie bitten, die Ermittlungen zu übernehmen.«
»Selbstverständlich«, versprach Viberti grinsend.
»Also, Sie sehen, es ist besser, ich reise ab. In jeglicher Hinsicht.«
»Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich wünsche Ihnen eine gute Fahrt. Zum Abschied sollten wir uns ein Glas Moscato* gönnen. Finden Sie nicht?«
»Doch, absolut.« Fasziniert beobachtete Hipp, wie der Maresciallo auch diese Bestellung per Zeichensprache aufgab.
»Wie geht es eigentlich unserem erschossenen Trüffelsucher, Marias Mann Ildefonso?«, fragte Hipp.
»Schlecht, er ist tot!«
»Ich habe die Frage unglücklich formuliert.«
»Sie wollen wissen, wer ihn erschossen hat? Wir haben keine neuen Erkenntnisse. Ich bleibe bei meiner Theorie. Ildefonso Battardi wurde aus Versehen von einem Jäger abgeknallt. Ein tragisches Unglück, das wohl unaufgeklärt bleiben wird. Damit werden sich Maria und Carlo abfinden müssen, so leid es mir tut.«
»Irgendwie unbefriedigend.«
»Stimmt, aber so ist das Leben. Allzu oft unbefriedigend!«
62
M ichail Borogowski stürmte ins Büro, ignorierte die protestierende Empfangssekretärin, stieß die Tür zu Ugo Zorzis Arbeitszimmer auf, stolperte über einen Teppich, fand das Gleichgewicht wieder und legte mit hochrotem Kopf die letzten Meter zurück. Zorzi war von dem Auftritt so überrumpelt, dass er starr sitzen blieb, den Telefonhörer in der Hand. Borogowski stützte sich schwer atmend auf Zorzis Schreibtisch und sah ihm aus kurzer Entfernung in die Augen. Zorzi konnte riechen, dass sein russischer Geschäftspartner nicht nüchtern war.
»Hast du mir diese Scheiße eingebrockt?«, schrie ihn Borogowski an. Dabei flog Zorzi seine Spucke entgegen.
Er widerstand der Versuchung, dem Russen einen Fausthieb zu versetzen, legte stattdessen den Telefonhörer auf, zog das Einstecktuch aus dem Sakko und wischte sich übers Gesicht.
»Tranquillo«, versuchte er den Eindringling zu besänftigen. »Von was für einer Scheiße sprichst du? Was soll ich dir eingebrockt haben?«
»Das weißt du doch genau! Die Carabinieri haben mir einen Besuch abgestattet, mein Büro durchwühlt, Unterlagen beschlagnahmt. Haben mich gefragt, ob ich für den frühen Morgen, als Amedèo Steinknecht ermordet wurde, ein Alibi hätte …«
»Und, hast du eines?«, fragte Zorzi.
Borogowski kniff die Augen zusammen, seine Stimme wurde plötzlich gefährlich leise. »Vorsicht, mein Lieber. Überleg dir genau, was du sagst, auf einen Spaghettifresser mehr oder weniger kommt es nicht an.«
Zorzi langte unter den Schreibtisch, fand ohne Hinzusehen die richtige Schublade und zog sie langsam auf.
»Hast du mir die Carabinieri auf den Hals gehetzt?«, fragte Borogowski.
»Nein, habe ich nicht!«
Der Russe beugte sich über den Tisch und packte Zorzi am Revers. »Nein? Bist du dir da sicher? Hundertprozentig sicher?«
Zorzis Finger ertasteten die Beretta. Sie war wie immer durchgeladen, musste nur noch entsichert werden.
»Wenn du mich nicht sofort loslässt«,
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