Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
zischte Zorzi, »wird dir der Spaghettifresser dein russisches Lebenslicht ausblasen.«
Borogowski stutzte, entdeckte, dass sein Kontrahent eine Hand unter dem Schreibtisch versteckt hielt. Er lockerte seinen Griff. »Du bluffst, oder?«
»Probier es aus!«, antwortete Zorzi mit einem schiefen Grinsen.
»Nein, du bluffst nicht«, stellte Borogowski fest. Er ließ Zorzi los, richtete sich auf, sah sich um, zog einen Stuhl heran und setzte sich.
»Was für ein Kaliber?«, fragte er.
»Neun Millimeter, Parabellum!«
»Eine Beretta?«
»Natürlich, ich bin Patriot.«
»Ausgezeichnete Waffe.«
»Si vis pacem, para bellum!«
»Wie bitte?«
»Das war Lateinisch und erklärt den Namen Parabellum: Wenn du in Frieden leben willst, bereite dich auf den Krieg vor.«
»Das waren kluge Leute, diese Lateiner. Hast du was zu trinken?«
Zorzi schüttelte den Kopf. »Übrigens esse ich keine Spaghetti«, stellte er fest, »sondern Tagliatelle.«
Borogowski lachte dröhnend. »Wegen des Spaghettifressers? Das war nicht so gemeint.«
»Doch, das war es. Also, was willst du hier?«
»Ich will wissen, wem ich den Besuch der Carabinieri zu verdanken habe.«
»Vielleicht sind sie von alleine draufgekommen?«
»Die Carabinieri? Das glaubst du doch selber nicht.«
Zorzi zögerte. »Ich kenne da einen gewissen Hippolyt …«
»Hippolyt? Es gibt in Sankt Petersburg einen orthodoxen Patriarchen, der so heißt.«
»Der Hippolyt, den ich meine, ist Deutscher, lebt in Italien und heißt mit Nachnamen Hermanus. Er schnüffelt gerne ungefragt in fremden Angelegenheiten.«
»Dieser Hippolyt ist mir unsympathisch.«
»Er war mit Hubertus bekannt und will herausfinden, wer ihn umgebracht hat. Er hatte einen Termin mit Amedèo am Morgen seines Todes. Er weiß von dem gefälschten Barolo, keine Ahnung, wie er das herausbekommen hat. Auch hat er mir gegenüber einen zwielichtigen Russen erwähnt, der in dem Zusammenhang eine Rolle spielen würde.«
»Einen zwielichtigen Russen? Dieser Hippolyt ist mir nicht nur unsympathisch, ich könnte ihn umbringen.«
»Und er hat gute Kontakte zu den Carabinieri.«
Borogowski nickte. »Wahrscheinlich sollte ich ihn wirklich umbringen.«
»Jedenfalls halte ich es für möglich, dass er es war, der den Carabinieri einen Tipp gegeben hat. Ich war es jedenfalls nicht, ich bin doch nicht verrückt.«
»Warum hast du mir nicht schon früher von dieser Küchenschabe erzählt?«
»Weil ich ihn unterschätzt habe. Er ist ein seltsamer Typ, macht einen entspannten Eindruck, wirkt eher desinteressiert, kann gelangweilt durch einen durchschauen, ist aber wohl gefährlich intelligent.«
»Eine intelligente Küchenschabe? Noch schlimmer. Man sollte sie unbedingt zertreten. So schnell wie möglich.«
»Tu dir keinen Zwang an. Aber ich glaube nicht, dass er noch eine Bedrohung darstellt. Er hat mir gesagt, dass er sich aus dem Fall zurückziehen wolle, er habe an der Inszenierung das Interesse verloren.«
»An der Inszenierung das Interesse verloren? Merkwürdige Formulierung. Wo ist er jetzt?«
»Keine Ahnung.«
»Aber du bist sicher, dass er nicht nur in deiner Phantasie existiert?«
Zorzi lachte. »Um von mir abzulenken? Nein, das wäre ein zu billiger Trick.«
Borogowski schüttelte den Kopf. »Kein billiger, sondern ein raffinierter Trick. Du solltest mir mehr erzählen von diesem Hippolyt, von den Carabinieri. Und dann sollten wir unsere Vorgehensweise abstimmen. Bist du dir sicher, dass du nichts zu trinken hast?«
»Keinen Wodka, aber einen Amaro.«
»Einen Amaro? Solche Liköre könnt nur ihr Italiener erfinden. Den würde ich guten Gewissens nicht mal meiner Großmutter anbieten, obwohl sie Probleme mit der Verdauung hat. Wo ist die Flasche?«
63
M it Sabrina hatte er schon telefoniert. Sie erwartete ihn am heutigen Abend in der Toskana. Ob in seinem Haus oder bei ihr, das war noch nicht entschieden. Aber da sie unbedingt wollte, dass er möglichst bald eine Fassprobe von ihrem neuen, unglaublich vielversprechenden Brunello machte, würde es wohl Montalcino werden. Die Bank unter seinem alten Olivenbaum würde sich also noch etwas gedulden müssen. Aber nicht mehr lange. Jedenfalls schien ihm, dass Sabrina froh war, ihn endlich aus den Fängen dieses Falls befreit zu sehen. Hipp musste grinsen. Oder sollte er besser sagen, aus den Fängen einer gewissen Gina? Ihrem weiblichen Instinkt folgend, hatte Sabrina bemerkt, dass hier Gefahr im Verzug war. Nun denn, dank ihrer fernmündlichen
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