Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
haben die Schüssel nicht saubergemacht, die dreckigen Handtücher auf den Boden geworfen, Espresso getrunken, die schmutzigen Tassen in die Spüle gestellt. Auf dem Boden in der Küche habe ich Glassplitter gefunden und Spuren von Rotwein. Alles kleine Schweine, Sporcaccioni! Und einen Teppich hat dieses Diebesgesindel auch mitgehen lassen, aus dem Flur.«
»Unglaublich. Könnte ich wohl ein Glas Wasser haben? Ich habe einen trockenen Mund. Das ist sehr freundlich, vielen Dank.« Auf dem Weg in die Küche fragte er: »Wer hat Sie eigentlich beauftragt, das Haus zu reinigen?«
»Niemand«, antwortete Maria. »Signor Rettenstein, er war ein guter Chef, er hat immer zum Monatsanfang gezahlt. Aber ich würde es auch umsonst machen. Ich war seit vielen Jahren seine Haushälterin. Was sollen die Erben von mir denken, wenn sein Haus so verdreckt ist?«
»Seine Erben? Wissen Sie, wer das ist?«
»Nein, keine Ahnung. Interessiert mich auch nicht. Morgen putze ich noch die Fenster, und dann ist Schluss. Ich habe zu Hause genug zu tun. Der Tod meines Mannes, Sie verstehen?«
»Ja, natürlich. Sie tun mir wirklich leid. Ich hoffe, Sie werden damit fertig.« Er nahm das Glas und trank einen Schluck. Maria ließ ihn in der Küche kurz allein, um einen Besen zu holen. Die Zeit reichte ihm, eine spontane Idee in die Tat umzusetzen.
»Wer war Sulawesi?«, fragte Hipp, als Maria zurückkam.
»Seine Katze, er hat sie geliebt. Sie muss kurz vor ihm gestorben sein, er hat sie im Garten begraben. Sie haben ja das Kreuz gesehen. Ich habe es auch erst nach Rettensteins Tod entdeckt.«
»Seine Katze?« Hipp nickte. »Ich erinnere mich, ein schönes Tier.« Er stellte das Glas ab. »Ich will Sie nicht länger belästigen. Eine letzte Frage: Ob ich wohl kurz einen Blick in Rettensteins Weinkeller werfen dürfte, dort, wo er ums Leben gekommen ist?«
Maria schüttelte energisch den Kopf. »Bitte seien Sie mir nicht böse. Nein, das kann ich Ihnen nicht erlauben. Ich muss Sie jetzt wirklich bitten zu gehen. Ich hätte Sie wahrscheinlich gar nicht reinlassen dürfen. Ich sperre in wenigen Minuten alles ab, ich möchte nach Hause.«
Hipp verbeugte sich. »Selbstverständlich, Signora. Tut mir leid, dass ich Sie so überfallen habe. Ich bin immer noch völlig fassungslos. Rettenstein tot. Auch Ihr Mann. Sie haben mein Mitgefühl. Le mie condoglianze. Arrivederci, cara Signora. Le auguro ogni bene!«
Hipp versteckte die Giulietta auf einem kleinen Feldweg, beobachtete das Tor, bis er Maria wegfahren sah, stieg dann über die Mauer und lief erneut zu Rettensteins Villa. Das von ihm präparierte Küchenfenster ließ sich mit einem leichten Schlag aufstoßen. Er kletterte ins Haus, schloss das Fenster, ein Taschentuch verwendend, um Fingerabdrücke zu vermeiden, und atmete tief durch. Es war schon länger her, dass er sich als Einbrecher betätigt hatte. Er blickte auf den von Maria sorgfältig gereinigten Terrakotta-Boden, kontrollierte, ob seine Schuhsohlen sauber waren, kniete sich hin und inspizierte einige Fugen und Ritzen. Dann begann er ziellos durch das Haus zu wandern. Im Arbeitszimmer blieb er vor dem Notebook stehen. Er schaltete das Gerät ein, es gab kein Passwort, er war sofort drin. Unter »Gesendete Post« fand er die E-Mails, die ihm Rettenstein geschickt hatte. Ein Parmesanmesser in den Schreibtisch gerammt? Hipp sah auf die Arbeitsfläche. Richtig, dieses hässliche Loch in der Mitte mochte von einem solchen Messer herrühren. Ein vergifteter Wein, dem die Katze zum Opfer gefallen war? Nun, ihr Grab hatte er gefunden. Sozusagen ein Tierversuch mit letalem Ausgang. Aber wo war der erwähnte Drohbrief? Hipp durchsuchte die Schreibtischschubladen, ohne Ergebnis. Auch las er sich durch die aktuellen E-Mails. Er vermochte nichts zu finden, das in einem Zusammenhang mit Rettensteins Tod stehen könnte. Er nahm einen Speicher-Stick aus Rettensteins Arbeitsutensilien und kopierte die elektronische Post der letzten Wochen. Dann schaltete er das Gerät wieder aus und machte sich auf den Weg zum Weinkeller. Die Tür war unverriegelt. Außerdem stammte das Schloss aus dem späten Mittelalter, er hätte es mit einem Stück Draht aufgebracht. Nicht nur er, auch jeder andere. Hipp schaltete das Licht ein und ging die Stufen hinab. Es roch nach Wein, aber leider auch nach Putzmittel. In einer Ecke waren die Überreste des Regals gestapelt, in mehreren großen Plastikwannen fanden sich Scherben und zerbrochene Flaschen. Wie Hipp
Weitere Kostenlose Bücher