Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
wird nicht so schnell zu den Akten gelegt, das verspreche ich dir.«
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N ach Beendigung seines Gesprächs mit Maresciallo Viberti schaltete Hipp seinem Rat folgend beide Mobiltelefone aus. Gina saß im Sessel vor dem Kamin und beobachtete ihn.
»Was ist ein absurder Gedanke?«, fragte sie.
»Dass ich sowohl Rettenstein als auch Steinknecht umgebracht haben könnte, als dein Komplize«, erwiderte er.
Gina lächelte. »Warum solltest du das gemacht haben? Weil du mir sexuell hörig bist?«
»Im Falle deines Vaters«, überging Hipp die anzügliche Anspielung, »weil wir beide hinter seinem Geld her waren. Und im Falle Steinknechts – keine Ahnung. Wie gesagt, ein absurder Gedanke.«
»Das ist ja irre, jetzt bin ich aus dem Schneider, dafür steckst du in Schwierigkeiten.«
»Irrtum, du bist nicht aus dem Schneider. Schon vergessen? Wir sind Komplizen.«
»Und höchstwahrscheinlich ein Liebespaar.«
»Sind wir nicht«, korrigierte er.
»Wir könnten es aber sein. Übrigens, wo hast du den Trick mit den Beinen her, ich dachte, du treibst keinen Sport, erst recht kein Judo.«
»Stimmt, aber erstens war das nicht immer so, und zweitens war ich bei der Polizei, da kann man auch als vergeistigter Psychologe Unterricht in Selbstverteidigung nehmen.«
»Das hätte dir nichts geholfen, aber du hast mich überrumpelt. Wollen wir es noch mal probieren?«
Hipp schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein, besser nicht, ich könnte verlieren.«
»Wäre das so schlimm?«
»Ich fürchte, das wäre alles andere als schlimm. Ich könnte es mir sogar gut vorstellen, viel zu gut.« Er zögerte. »Aber da gibt es jemanden, dem das nicht gefallen würde.«
»Diese Sabrina«, fragte Gina, »mit der du gestern telefoniert hast?«
»Ja, Sabrina«, bestätigte er knapp.
Gina musterte ihn nachdenklich. »Du siehst eigentlich nicht besonders treu aus«, stellte sie fest.
»Doch, das bin ich, meistens jedenfalls. Meine Beziehungen halten zwar nicht besonders lang, aber währenddessen versuch ich es. Weil ich das Gleiche von meiner Partnerin erwarte.«
»Aber du kannst dir nicht sicher sein, dass du es schaffst, oder?«
Er stand auf und nahm sie in die Arme. »Nein, kann ich nicht, doch ich hab’s fest vor.« Er fuhr ihr durch das kurze, strubbelige Haar. »Wenn wir uns zu einem anderen Zeitpunkt begegnet wären, unter anderen Umständen, dann wäre die Initiative von mir ausgegangen, das kannst du mir glauben.«
Hipp gab ihr einen Kuss auf die Stirn und sagte, dass sie sich nun auf ihre Probleme konzentrieren sollten.
Was denn daran so schwierig sei, wollte Gina wissen. Er brauche doch nur zwei Alibis, fertig, Schluss! Ihm würde es doch sicherlich leichtfallen, sich an die betreffenden Abende zu erinnern.
Hipp nickte. Ja, er wisse ganz genau, was er gemacht habe. Das genau sei ja das Problem, er habe nämlich kein Alibi, weder für den einen Zeitpunkt noch für den anderen. Leider gebe es keine Dottoressa Menotti, die seine Abwesenheit vom Tatort bezeugen könne. Übrigens dürften sie ihre Mobiltelefone momentan nicht benutzen, da habe der Maresciallo recht. Ginas Freunde, denen das Haus gehörte, hätten hoffentlich nichts dagegen, wenn sie für einige Telefonate den Apparat vom Festnetz verwenden würden.
Gina stellte fest, dass sie wohl noch etwas hierbleiben würden und sie deshalb jetzt Essen kaufen gehe. In der Zeit könne Hipp ungestört nachdenken.
Während Ginas Abwesenheit lag Hipp auf dem Sofa, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. In den Morgenstunden, in denen Steinknecht umgebracht wurde, hatte er in seinem Hotelzimmer in Parma geschlafen. Gefährlich nahe am Tatort – und leider alleine. Und als Rettenstein ermordet wurde, da war er in seinem Haus in der Toskana gewesen und hatte es den ganzen Tag nicht verlassen, auch nicht abends und in der darauffolgenden Nacht. Sabrina war erst am nächsten Tag gekommen. Er erinnerte sich an die Bruschette con lardo, ihm stieg der Duft vom Cinghiale in umido in die Nase. Ja, aber leider zu spät. Wenn er also kein Alibi hatte, dann wäre es nicht schlecht, wenn er den wahren Täter überführen könnte. Aber leider tappte er weiterhin im Dunkeln. Und wenn er an dieses Haus gefesselt war, weil die Carabinieri aus Bologna nach ihm suchten, dann hatte er wenig Möglichkeiten, seine Ermittlungen voranzutreiben. In eine blöde Situation war er da geraten. Warum war er nicht in der Toskana geblieben? Er sehnte sich nach dem Liegestuhl unter dem Olivenbaum, nach dem Caffè
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