Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
allen Seiten betrachten konnte, und ließ den Maresciallo an ihm riechen.
Viberti bekam einen verklärten Gesichtsausdruck.
»Allora, leider bist du kein Kunde«, sagte der Auktionator, »aber ich weiß, dass dich dieser Anblick und Duft glücklich macht.«
»Hai ragione«, erwiderte er, »diese Principessa setzt bei mir Glückshormone frei. Übrigens, wer sagt, dass ich kein Kunde bin?«
»Die Principessa, wie du sie genannt hast, würde dich einige Monatsgehälter kosten.«
Viberti schloss die Augen und schnupperte. »Aber sie wären nicht schlecht angelegt, wirklich nicht.«
»Doch sehr vergänglich.«
Viberti betrachtete erneut die Trüffel und blickte dann zur Hostess. »Die schönsten Genüsse im Leben sind von vergänglicher Natur, und es ist trotzdem wert, sich für sie zu ruinieren, habe ich nicht recht?«
»Mein lieber Viberti, du hast heute deinen philosophischen Tag«, kommentierte Luigi. Der Auktionator zeigte den Tartufo einem Amerikaner im bunt gemusterten Hawaiihemd, der allerdings nicht sonderlich interessiert schien. Dann legte er die Trüffel zurück unter die Glasglocke.
Eine halbe Stunde später ging das Licht aus, nur das Podium mit den Objekten der Begierde war noch angestrahlt. Die Auktion wurde eröffnet. Luigi hob einen ersten Tartufo in die Höhe, zeigte ihn herum, nannte das Gewicht, pries seine Eigenschaften, dabei routiniert zwischen der italienischen und englischen Sprache wechselnd. Mit seinen weißen Handschuhen wirkte er wie ein Zauberer. Nur dass er die Trüffel nicht verschwinden lassen würde, so viel stand fest. Er nannte die Nummer des Tartufo und das Mindestgebot.
Viberti freute sich, dass der Preis rasch in die Höhe ging. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass ein Tartufo d’Alba so heiß begehrt war. Luigi ließ den Auktionshammer auf einen Holzklotz fallen. Über Lautsprecher verkündete er den Preis und nannte die Nummer des Käufers. Da die Transaktion sofort in bar abgewickelt wurde, gab es viele uniformierte Sicherheitsleute. Viberti war froh, dass dies nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fiel. So konnte er gespannt die Auktion verfolgen. Den großen Tresor, in dem die Einnahmen verschlossen wurden, würde ohnehin niemand so einfach davontragen können.
Viberti dachte darüber nach, dass bei den Trüffelauktionen der letzten Jahre der verstorbene Rettenstein zu den großen Bietern gezählt hatte. Noch mehr vermisste er den Trüffelsucher Ildefonso Battardi, den ungekrönten König unter den Trifolai. Dieser große Tartufo mit neunhundert Gramm – in früheren Jahren wäre wahrscheinlich Ildefonso der Finder gewesen.
Der Maresciallo wurde aus seinen Gedanken gerissen, als nach einiger Zeit die Trüffel aufgerufen wurde, die er liebevoll Principessa genannt hatte, weil sie nicht nur schön anzusehen war, was auf die allerwenigsten Tartufi zutraf, sondern weil sie zudem auch einen betörenden Duft verströmte. Luigi hob die Trüffel in das Scheinwerferlicht, vollzog die übliche Präsentation und nannte das Mindestgebot. Schnell folgten zwei, drei Offerten …
Viberti sah sich überrascht um. Was war jetzt los? Kein weiteres Gebot? Das hatte seine Principessa nicht verdient. War den Ignoranten ihr besonderer Liebreiz entgangen? Hatten sie alle Schnupfen?
Schon hob Luigi den Hammer, da hörte sich Viberti zu seiner eigenen Überraschung ein Gebot abgeben. Er erschrak. War er jetzt von allen guten Geistern verlassen? Wie viele Monatsgehälter hatte er gerade eingesetzt? Ob ihm die Kantine der Carabinieri die Trüffel abkaufen würde? Nie im Leben! Aber diese Principessa, sie war wirklich sehr viel mehr wert als dieses lächerliche Gebot. So gesehen war es seine patriotische Pflicht, in die Bresche zu springen, alles auf eine Karte zu setzen. Warum schauten ihn alle so komisch an? Hatten sie noch nie einen uniformierten Maresciallo gesehen, der sich zum Abendessen mit Freunden eine Trüffel ersteigerte? War außerdem für einen karitativen Zweck.
Ihm wurde übel, als Luigi erneut den Hammer hob. Die Erlösung kam im letzten Augenblick mit einem neuen Gebot, von dem Amerikaner, der vorhin neben ihm gestanden hatte. Eigentlich war sein Hawaiihemd gar nicht so hässlich. Nein, ein wirklich sympathischer Mann. Schon kam ein weiteres Gebot. Und dann das nächste.
Na bitte, jetzt hatten sie es begriffen! Viberti verschränkte die Arme über der Brust. Er konnte stolz auf sich sein. Die Ausländer waren um die Erfahrung reicher, dass ein Maresciallo der
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