Hirngespenster (German Edition)
wieder am Tisch, Johannes, Sven und ich, und die beiden starren auf den Bildschirm ihres Laptops. Häuser sehen sie sich an, wie langweilig. Diskutieren über die Größe von Grundstücken und ob man zwei oder drei Bäder braucht.
Mir reicht eins.
Nils und Ole sind schon im Bett, Sabina ist unterwegs. Nach mir guckt keiner, ich hocke hier in meinem Stuhl und summe vor mich hin. Summen, das ist das Neueste, was ich gelernt habe.
»Wenn das Baby da ist, ist's auch erst mal wieder mit der Ruhe vorbei, was?«, fragt Sven eben und grinst Johannes von der Seite an.
Mein Summen verstummt.
»Ach weißt du«, sagt Johannes, »Sabina hat es sich so sehr gewünscht – wie könnte ich ihr das abschlagen, nach allem, was sie für die Jungs tut?«
»Naja«, sagt Sven nachdenklich. »Sie ist ja auch ein viel mütterlicherer Typ als Silvie war. Wenn man bedenkt, wie oft Silvie abends weggegangen ist und ihre Freiheiten brauchte. Dich hat sie nie gefragt, ob dir das zu viel ist mit den Jungs.«
»Sagen wir mal so: Das passiert mir nicht noch mal, dass ich nichts dazu sagen darf. Sie hatte doch den ganzen Tag frei, Nils ging in die Krabbelstube, sie hatte nur Ole! Was musste sie da abends noch weggehen? Und Sabina genießt jede Minute mit den Kindern. Sie muss nicht ›mal raus‹ oder ›was anderes sehen‹. Sie ist immer froh, wenn sie wieder zu Hause ist.«
Ich betrachte den Dreck unter meinen Fingernägeln und spitze weiter die Ohren.
»Dabei war zuerst sie es, die Kinder wollte«, bemerkt Sven. »Und wie dann Ole unterwegs war, da war sie am Boden zerstört.«
Johannes sieht Sven nachdenklich an. »Weißt du, jetzt wo du es sagst, fällt es mir richtig auf. Mit Silvie war alles ein Kompromiss. Ich wollte Sabina nicht ewig nachtrauern. Ich dachte immer, die großen Gefühle für Silvie kommen schon noch mit der Zeit. Wahrscheinlich war es das schlechte Gewissen, dass ich mich ihr immer mehr untergeordnet habe. Ich war ein richtiges Weichei. Ich wollte sogar weniger Sex als sie – das kommt glaub ich auch selten vor.«
Sven lacht. »Ich erinnere mich. Und in den Schwangerschaften war's noch schlimmer. Da hast du dich nicht mal mehr getraut, ihren Bauch anzufassen, weil du dachtest, sie wollte was. Du hast gesagt: Sie will immer nur rein-raus-rein-raus, das ist mir zu stupide.«
Ich beobachte die Tauben auf dem Balkongeländer gegenüber und schiele gleichzeitig zu Johannes, der nachdenklich fortfährt: »Ich glaube, Sex mit Schwangeren ist generell nicht so mein Ding.«
»Stell ich mir auch pervers vor, irgendwie«, sinniert Sven, der keine Ahnung von so was hat, »das will man doch nicht … so nah ans Kind …«
Johannes scheint mit seinen Gedanken schon wieder woanders. »Aber weißt du, was wunderbar an Silvie war?«, fragt er und mir scheint, er kämpft mit den Tränen.
Ich schaue zu ihm rüber und lege den Kopf schräg. Na, was denn?
»Sie war mir trotzdem immer treu.«
Sabina
»Das Problem ist«, sagte Sabina eines Abends zu Tanja, »dass ich seine Eltern gar nicht kennenlernen will. Schon gar nicht die Oma. Es kommt mir so falsch vor. Johannes' Mutter hab ich nie kennengelernt. Und Alex und ich – ich meine, bisher ist ja noch gar nichts zwischen uns gelaufen.«
Tanja streifte sich die Finger an ihrer Serviette ab. »Mir scheint, du suchst permanent nach Gründen, nicht mit diesem Alex zusammenzukommen. Dann lass es doch. Keiner zwingt dich dazu.«
»Ich will aber! Du hast es selbst gesagt: Ich kann nicht Johannes meine ganzen Jahre opfern.«
»Hast du Johannes inzwischen gefragt, wie er zu dir steht?«
Sabina senkte den Kopf. »Nein. Du hattest ja recht, er hätte sich schon gemeldet. Ich will mich endlich auf Alex einlassen. Er findet mich so unverhohlen toll, wie ich es mir immer gewünscht habe. Und dass er der Allererste war, der mir auf Parship geantwortet hat – na, das ist doch Schicksal!«
»Von wegen Schicksal«, winkte Tanja ab. »Was mich viel mehr interessiert, sind die Fakten. Kribbelt es wenigstens ein kleines bisschen, wenn du an ihn denkst? Willst du wissen, wie er küsst und wie sein Ding aussieht?«
»Tanja!«
Tanja gackerte und warf ihre Serviette auf den Teller. »Du siehst so süß aus, wenn dir was peinlich ist!«
Wollte sie wissen, wie sein Ding aussah? Noch nicht. Genauso wenig, wie sie seine Eltern kennenlernen wollte. Alles zu seiner Zeit. Im Moment sprachen sie sowieso dauernd über den Businessplan. Ohne den gab es keinen Gründungszuschuss. Alex schien sich Tag
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