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Hirngespenster (German Edition)

Hirngespenster (German Edition)

Titel: Hirngespenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Keller
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verzog sich spöttisch. »Und ich darf mir dann wieder das Gejammere anhören: Hätte ich ihn bloß nicht angerufen, Tanja. Jetzt muss ich wieder dauernd an diese Familienidylle denken … «
    Sabina schnaubte und legte das Pizzastück hin. »Weißt du, du traust mir anscheinend kein bisschen Reife zu. Denkst du, ich entwickle mich nicht weiter und lerne nichts dazu? Da kennst du mich aber schlecht! Ich bin bestens darauf vorbereitet, dass er glücklich ist. Und weißt du was: Ich wünsche es ihm sogar! Ich hoffe, dass er seinen Sohn heiß und innig liebt und dass er eine gute Ehe führt. Was soll man einem Menschen, den man mal geliebt hat, sonst wünschen? Ehrlich Tanja, ich will einfach nur wissen, wie es ihm geht. Sonst gar nichts.« Entschlossen griff sie wieder nach ihrem Pizzastück und biss hinein.
    Tanja bemühte sich, nicht allzu erhaben zu gucken. Sollte Sabina eben in ihr Unglück rennen. Und vielleicht war es sogar so, wie sie sagte, und sie war »gereift«, wie sie es nannte. Sie hoffte es für ihre Freundin.

    Doch natürlich war es anders, und Sabina wusste schon, bevor sie am nächsten Abend zum Hörer griff, dass es ihr nach dem Telefonat nicht unbedingt bessergehen würde. Aber jetzt einknicken und dann wieder jeden Tag darüber nachdenken, wie es Johannes ging? Nein, danke. Sie trank ein Glas Wein und wählte seine Nummer.
    »Hallo«, hauchte sie und versuchte, das heftige Pochen in ihrer Brust zu ignorieren.
    »Sabina?«, fragte Johannes, und sie glaubte, Freude in seiner Stimme zu hören.
    »Wie geht es dir?«, fragte sie und schloss die Augen. Vielleicht sagte er etwas Schönes. Zum Beispiel: »Oh mein Gott. Endlich rufst du mich an. Ich habe mich nach dir verzehrt …«
    »Es geht so«, war seine zögernde Antwort.
    Ihr Herz tat einen Sprung. »Wieso?«, hauchte sie. Hoffnungsvoll.
    »Silvie ist wieder schwanger«, antwortete er.

    Als es dunkel um mich war, da sagte sie: »Das hab ich dir bis heute nicht richtig verziehen, dass du wieder mit ihr geschlafen hast. Du tatest dir einfach nur selbst leid!«
    Offensichtlich tat er auch ihr leid, sonst hätte sie wohl nicht wieder ihre Arme für ihn ausgebreitet. Sie hätte auch sagen können: »Sieh zu, wie du aus der Scheiße wieder rauskommst, mein Lieber.« Dann hätte sie den Hörer auflegen, einen Flug nach San Diego buchen und einfach mal abhauen können, endgültig. Aber nein, sie ging davon aus, dass das Ganze nur aus Versehen passiert war. Womit sie recht hatte, an eine Schwangerschaft hatte niemand gedacht. Doch der Sex war nicht aus Versehen passiert! Er war gewollt und gut gewesen. Und aus Liebe, wie früher. Jedenfalls von meiner Seite. Und ich weiß nicht, der Gedanke kommt mir erst jetzt, aber, wenn Sabina nicht dazwischengefunkt hätte, vielleicht hätten wir es geschafft!? Aber das ist doch Unsinn. Und mittlerweile vollkommen irrelevant.

Silvie
    Meine Tage unter der Woche waren minutiös verplant: Nils fertig machen und zur Kita bringen – Redaktion – Nils abholen – Spielgruppe – Kinderturnen oder Spielplatz – Vorsorgetermine. Abendessen alleine mit Nils – Fernseher allein mit der Fernbedienung – Bett. Wo steckte Johannes an all diesen Abenden? Ich wusste es nicht. Konnte er dieser Typ von der Anzeige sein? Wohl kaum. Aber was war das für ein Typ Mann, der solche Anzeigen aufsetzte – welche Art von Arschloch verbarg sich dahinter?
    Und warum wollte ich das unbedingt wissen?
    Heute denke ich, dass ich insgeheim Angst davor hatte, mir könne ein solcher Lovegod begegnen. Ich sehnte mich so sehr nach sexueller Spannung in meinem Leben, dass allein der Mangel an körperlicher Nähe mich zu einer frustrierten Kuh machte. Wahrscheinlich brachte diese Anzeige mich so sehr auf, weil da jemand etwas wagte, wonach ich mich sehnte.
    Warum also schickte ich ihm schließlich eine E-Mail? Ich glaube, ich wollte diesen Typen zur Rede stellen – Hauptsache, ich konnte überhaupt jemanden zur Rede stellen. Zu gerne hätte ich Johannes zur Rede gestellt und gefragt: »Denkst du etwa immer noch an Sabina?«
    Und genau hier lag der Hase im Pfeffer: Ein »Ja« hätte mich vor den Rand eines Abgrunds katapultiert, vor dem ich zu der Zeit unmöglich stehen konnte. Das Gewicht meines Bauches hätte mich in die Tiefe gezogen.
    Und dann Matthias: Ihn hätte ich ermorden können. Was er Anna angetan hatte! Mann, Mann, Mann.
    Meine Mail an [email protected] lautete: Ich hoffe, das Ding zwischen deinen Beinen ist die Sache wert.
    Ich

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