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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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hoffentlich keine Vorwürfe.«
    »Mit den Vorwürfen ist es wie mit dem schlechten Gewissen, fürchte
ich.«
    »Wieso, was ist denn mit dem Gewissen?«, fragt Weidinger.
    »Aufs schlechte Gewissen ist doch bekanntlich geschissen. Und mit
den Selbstvorwürfen ist es wahrscheinlich genauso.«
    »Ich glaub, da ist was dran.«
    »Jetzt müssen wir hinauf ins Hotel Edelweiß, die Witwe von Reichenberg
über den Tod ihres Mannes informieren. Dort sind die Herrschaften nämlich
abgestiegen. Kommen Sie mit?«
    »Ist sowieso mein Weg«, antwortet Weidinger. »Können wir da auch zu
Fuß raufgehen? Ich würde mir gern ein wenig die Beine vertreten.«
    Sie folgen der Bergwerkstraße, vorbei an der hell beleuchteten Watzmanntherme,
überqueren die Berchtesgadener Ache auf einem Brückchen, dessen
Eisenkonstruktion an Eiffel denken lässt, wenn auch in Miniatur. Grün und kalt
ist das Wasser der Ache, die aus dem Königssee kommt. Sie queren die
Hauptstraße, links ein Sportgeschäft, rechts ein Sportgeschäft, gehen an der
Mauer des Berchtesgadener Hofbrauhauses vorbei, auf dem Parkplatz davor stehen
zwei royalblaue Bierwägen.
    »Kann man hier auch was essen?«, fragt Weidinger.
    »Ja, freilich. Im Sommer sitzt man ganz angenehm im Innenhof, auf
einer Galerie. Da kommt man sich grad vor wie in Italien.«
    »Bacheifeldschule«, liest Weidinger am gegenüberliegenden mehrstöckigen
Gebäude, dann geht die Straße in Kopfsteinpflaster über und überwindet auf
kurzer Strecke eine ziemliche Steigung. Als sie oben auf die Maximilianstraße
einbiegen, stehen sie schon fast vor dem Hotel Edelweiß.
    Sie betreten das Hotel durch den Haupteingang. Zwei breite Glastüren
öffnen selbsttätig. Geradeaus, aber nicht prominent, die Rezeption. Rechts die
große Lobby mit Tischen und Sesseln, links eine Bar mit auf vier Seiten umlaufender
Theke. Hohe Barhocker, dezente Soulmusik. Die junge Dame hinterm Tresen trägt
ein Dirndlkleid mit weißer Bluse. Ein Kellner huscht vorbei, weißes Hemd,
ärmellose Trachtenweste. Das Personal strahlt geradezu vor Freundlichkeit.
    Zwei Männer und eine Frau sitzen an der Bar: Die Dame im
dunkelblauen, mit Pailletten bestickten Cocktailkleid, das glatte Haar sehr
blond, die langen Beine übereinandergeschlagen, ein Paar silbern glänzender
High Heels als krönender Abschluss und Blickfang. Links von ihr ein sportlich
wirkender Mann über sechzig mit vollem graubraunem Haar, rechts ein Herr Ende
fünfzig, in einer Art gemäßigtem elegantem Trachtenanzug, sonnenstudiogebräunt,
mit dem Auftreten des Erfolgreichen, der alles geschafft hat, was er sich
vorgenommen hat. Im Profil hat er sogar etwas von George Clooney, denkt Leni.
    »Der Herr rechts ist der Hotelier«, sagt Leni zu Weidinger und grüßt
locker in seine Richtung.
    »Wir möchten zu Frau von Reichenberg.« Sie zeigt dem Angestellten an
der Rezeption ihren Dienstausweis.
    »Die Dame sitzt dort an der Bar«, antwortet er.
    »Frau von Reichenberg? Magdalena Morgenroth, Kripo Traunstein, und
das ist mein Kollege Leo Weidinger. Dürften wir Sie kurz sprechen? Allein?«
    »Worum geht’s denn?«, lautet die Gegenfrage, und Leni denkt, der
Dialekt, den Frau von Reichenberg abzulegen versucht hat, könnte aus den
östlichen Bundesländern stammen.
    »Es geht um Ihren Mann«, antwortet Leni.
    »Also dann, servus, Mandy«, verabschiedet sich der ältere der beiden
Herren. »Sehn wir uns später noch auf ein Tänzchen?« Auch der Hotelier zieht
sich diskret zurück.
    »Was ist denn mit meinem Mann? Wo steckt er denn überhaupt?«
    »Es tut mir leid, Frau von Reichenberg. Ihr Mann ist tot.« Leni
lässt ihr Gegenüber nicht aus den Augen.
    »Wieso denn tot? Was ist denn passiert? Fritz wollte doch heute so
einen Kurs im, na, wie heißt das …«
    »Segway«, hilft Weidinger aus.
    »Genau, einen Segway-Kurs wollte er machen. Hat er einen Unfall
gehabt?«
    »Ja, er hatte einen Unfall«, bestätigt Leni.
    »Wo denn?«
    »Im Sinkwerk XXI . Ein Salzbergwerk,
unter Tage.«
    Mandy von Reichenberg starrt auf einen Punkt an der Bierzapfanlage.
Sie scheint abwesend, unfähig, irgendeine Regung zu zeigen.
    »Ich brauche eine Zigarette«, sagt sie schließlich.
    Leni und Weidinger folgen ihr nach draußen. Auf dem Platz vor dem
Haupteingang ist ein Aschenbecher aufgestellt.
    »Frau von Reichenberg, was genau haben Sie und Ihr Mann hier in
Berchtesgaden gemacht?«, fragt Weidinger.
    »Wie, gemacht? Urlaub natürlich. Fritz ist hier in den Bergen
herumgestiegen, hat

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