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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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dass
es nicht schadet, sich ein wenig unauffällig zu kleiden.«
    »Aha«, sagt Marjana. »Mit dem grauen Filzhut siehst du jetzt genauso
aus wie die Berchtesgadener Ureinwohner. Komisch nur, dass ich außer dir
überhaupt noch keinen echten Berchtesgadener gesehen habe. Also los, ins Taxi.
Wir haben reservierte Zimmer im Hotel Intercontinental. Ich möchte jetzt
endlich in die Sauna und hinterher ein bisschen schwimmen. Vielleicht sogar
eine kleine Massage und eine Kosmetikbehandlung. Die könnte ich nach der ganzen
Aufregung in Frankfurt wirklich dringend gebrauchen.«
    Das Taxi fährt im Tal etwa einen Kilometer an einem kleinen Fluss
entlang. An seinem linken Ufer liegt oben auf einer Anhöhe der Ort
Berchtesgaden. Kirchtürme ragen auf, ein Panoramacafé hängt wie ein
Schwalbennest über dem Abhang. Der Ort ist nicht groß, eigentlich wirkt er eher
wie ein Dorf. Das Taxi überquert eine Brücke, über der eine Seilbahn mit
putzigen Gondeln schwebt, rot und türlos. Eine dünne Kette schützt die
Passagiere vor dem Herausfallen, während sie den ansteigenden Hügel erklimmen.
Nun geht es steil und in vielen Kurven den Obersalzberg hinauf, bis das Taxi in
die Zufahrt zum Hotel einbiegt und vor dem Haupteingang anhält. Die Architektur
ist modern, funktional, aber nicht spektakulär. Dafür die Aussicht umso mehr.
Der Blick geht hinunter ins Tal, auf die im Talkessel verstreuten Siedlungen,
die an drei Seiten von Bergstöcken eingerahmt sind. Ein weiteres Felsmassiv mit
Gipfelplateau von einigen Kilometern Länge und schroff abfallenden Südwänden
bildet noch einmal einen Riegel vor der dahinterliegenden Ebene.
    »Was für eine Lage«, sagt Luba. »Ist das nicht phantastisch? Ich glaube,
ich träume.«
    »Nein, du träumst nicht«, sagt Marjana. »Du bist hier im Fünf-Sterne-Superior-Hotel
Intercontinental Berchtesgaden Resort, das über hundertsechsundzwanzig Zimmer
und zwölf Suiten verfügt sowie über vier Restaurants und einen großen Wellness-
und Spa-Bereich. Hab ich alles in einem Prospekt im Touristoffice gelesen. Da
unten, schau mal, ist der Golfplatz und ein Hang mit Skilift. Und dort der
Hubschrauberlandeplatz. Für die VIP -Gäste. Aber
wir mussten ja mit der Bahn anreisen.«
    »Noch was?«, fragt Wiktor.
    »Ja. Weißt du, wer hier, genau auf diesem Hügel, wo heute das Hotel
steht, sein Haus hatte?«
    »Nein, Frau Doktor, bitte sagen Sie’s mir.«
    »Ein Herr namens Göring.«
    Ein Hotelpage kümmert sich um das Gepäck. Als Marjana sieht, dass
Wiktor sich vom Taxifahrer auf einen Zwanzig-Euro-Schein ein paar Cent
Wechselgeld herausgeben lässt, stößt sie ihn in die Rippen. Er zieht seine Hand
zurück und murmelt: »It’s okay.« Dann kramt er in
seiner Hosentasche und findet noch einen Fünfer, den er dem Taxifahrer gibt. »Here is your tip. Because you are a very good driver.« Er
wartet auf ein Lob von Marjana, doch die starrt wie Luba fasziniert zum
Hubschrauberlandeplatz hinüber, auf dem gerade ein traditionell gekleideter
Araber, der aussieht wie ein Prinz aus Tausendundeiner Nacht, mit zwei
verschleierten Frauen aus einem Helikopter steigt.
    »Sind die denn jetzt schon überall?«, fragt Luba.
    »Und dann haben sie auch noch ihre Frauen mit dabei«, sagt Marjana.
    »Zwei Frauen, was ist das schon für einen Scheich? Hätten sie eine MI  6 gechartert, so wie ich sie geflogen habe,
dann hätten sie Platz für ihren ganzen Harem gehabt«, sagt Wiktor.
    Eine Gruppe auf elektrisch angetriebenen Einpersonenrollern kommt
gerade den Hang mit dem Skilift herauf. Zwei Gleitschirmflieger fliegen über
sie hinweg.
    »Was ist denn hier los?«, fragt Marjana. »Wieso setzen sich die Leute
nicht einfach in die Sonne, rauchen eine Zigarette, trinken ein Glas Wodka und
freuen sich darüber, nicht mit Gleitschirmen über Hänge fliegen zu müssen oder
sich auf zweirädrigen Vehikeln der Lächerlichkeit preiszugeben?«
    »Ich glaube, es liegt an deiner Genetik, dass du das nicht verstehst«,
sagt Luba. »Dass da etwas nicht in Ordnung ist mit dir, habe ich schon gemerkt,
als wir beide Motorrad gefahren sind. Ich finde das ziemlich cool. Ich würde
selbst auf einen dieser Hubschrauberscheichs verzichten, um einmal mit dem
Gleitschirm dort von der Felswand springen zu können. Und diese Fahrdinger,
Vollgas off road, das werde ich bestimmt auch noch einmal ausprobieren«, sagt
Luba.
    »Haben Sie eine Kreditkarte für mich?«, fragt die blonde Concierge
im Nadelstreifenanzug und blassgelber Bluse, die damit

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