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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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Wiktor.
    »Eine SMS . Aus Kiew, nehme ich an.«
    »Und?«, fragt Luba.
    »Jetzt wartet doch mal, bis ich den richtigen Knopf gefunden habe.«
Marjana liest die Meldung vor: »Ich gebe dir eine Woche, dann bist du mit dem
Geld wieder hier. Wenn nicht, bist du tot. Das ist ein Versprechen.«
    »Lass mich noch mal selbst sehen.« Wiktor streckt die Hand aus.
    »Oh, Mist, jetzt hab ich die Antwort gelöscht.«
    »Du hast was?«
    »Ja, und alle anderen Meldungen und gespeicherten Telefonnummern
werde ich jetzt auch löschen. Dann haben wir ein ganz jungfräuliches iPhone
hier auf dem Schwarzmarkt anzubieten.«
    »Wieso machen wir es nicht einfach kaputt?«, fragt Luba.
    »Was? Das geile Teil? Das wäre doch wirklich jammerschade. Nein, im
Ernst. Wenn es stimmt, was Wiktor sagt, dass sie es wie einen Peilsender
verwenden, dann sollen sie jetzt mal dort nach uns suchen, wo wir nicht sind.
Das verschafft uns einen Vorsprung.«
    Der Zug hält. Auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig warten Reisende
auf einen Zug über Kufstein und Innsbruck nach Italien.
    »Wartet hier«, sagt Marjana.
    Wiktor und Luba gehen auf dem Bahnsteig auf und ab.
    »Ich frage mal, wann der nächste Zug Richtung Salzburg fährt«, sagt
Luba und geht los.
    »Warte. Frag mal die beiden. Siehst du die?«
    Wiktor zeigt auf zwei Männer in graubraunen Hosen und dezent
karierten Hemden. Beide mit ärmellosen Freizeitwesten, wie Angler sie tragen,
und einem am Handgelenk baumelnden Herrentäschchen.
    »Wieso die beiden?«, fragt Luba.
    »Weil das Zivilbullen sind.«
    »Was? Woran erkennst du die?«
    »An der unauffälligen Kleidung. Sie sind die einzigen Reisenden hier
auf dem Bahnsteig, die kein Gepäck haben. Zwei Familienväter, die zusammen ohne
Gepäck verreisen und nicht schwul sind. Nein. Das hier ist ein Grenzbahnhof
Richtung Österreich und Italien. Und das sind Zivilbullen. Da bin ich mir
todsicher.«
    »Und warum soll ich die fragen, wenn sie nicht von der Bahn sind?«
    »Weil die nicht mitkriegen müssen, dass Marjana hier das iPhone vertickt.«
    »Okay«, sagt Luba und macht sich an die beiden Beamten ran.
    Nach zunächst ratlosen Gesichtern, dann wildem Gestikulieren und
Herumfuchteln von Armen kommt Luba zurück, als der Zug nach Verona einfährt.
    »Gut gemacht«, sagt Wiktor. »Was hast du denn so lange gequatscht
mit denen?«
    »Sie haben mir die Sache jetzt auf Deutsch erklärt. Ich kann kaum
Deutsch. Aber mein Deutsch ist besser als ihr Englisch.«
    »Und?«
    »Es gibt einen IC  Königssee, der
demnächst kommt und nach Berchtesgaden fährt. Wann, hab ich nicht genau
verstanden. Aber er müsste bald angezeigt werden.«
    Marjana hat sich in der Zwischenzeit aus dem Häufchen Wartender
einen jungen Mann mit Dreadlocks ausgesucht, ihn belabert und ihm das iPhone in
die Hand gedrückt.
    Teufelsweiber, denkt Wiktor. Einerseits blöd wie Ziegenkäse, dann
wieder raffiniert und gerissen wie Profis. Zumindest Marjana. Von ihr kann Luba
noch eine Menge lernen.
    Jetzt zieht der Rasta-Typ doch tatsächlich einen Geldschein aus der
Tasche und gibt ihn Marjana. Er lässt das iPhone in die Hosentasche gleiten und
hängt sich seinen großen Rucksack um. Marjana tätschelt ihm die Wange und winkt
ihm beim Weggehen noch einmal zu.
    »Musstest du ihn auch noch begrapschen?«, fragt Wiktor, als sie bei
ihnen ist.
    Sie drückt ihm einen Hunderter in die Hand.
    Wiktor und Luba starren das Geld an.
    »Ja, das ist nicht besonders viel für das geile Teil, ich weiß«,
sagt Marjana. »Aber auf die Schnelle war nicht mehr zu holen. Dafür ist Jurijs
Handy jetzt auf dem Weg nach Verona.«
    »Hundert Euro für das iPhone? Ein echtes Schnäppchen«, sagt Wiktor.
    »Halt die Klappe, du schäbiger Geizkragen. Ich hab gerade unser
Problem gelöst, und jetzt basta.«
    Die Einfahrt des IC  2083 Königssee von
Hamburg nach Berchtesgaden wird angesagt. Sie steigen ein.
    »Ich geh jetzt mal eine Kleinigkeit essen«, sagt Marjana und macht
sich auf den Weg ins Bordbistro.
    Luba und Wiktor setzen sich in ein leeres Abteil.
    Wiktor brummt: »Marjana hat noch nie etwas zu essen gebraucht. Was
die Frau braucht, sind Schnaps und Zigaretten. Sonst nichts.«
    Als der Zug in Freilassing wieder anfährt, ist Marjana immer noch
nicht zurück. Luba und Wiktor suchen das Bordbistro. Marjana sitzt an einem
Tisch mit einem grau melierten Herrn in gepflegtem Anzug, vor sich einen
Pappteller mit einem schrumpeligen Wiener Würstchen und einem angebissenen
Reststück, das in einem

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