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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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Senfhäufchen spickt. Die Herrschaften trinken Bier, die
Schnapsgläser daneben sind leer.
    »Hallo«, ruft Marjana ihnen zu. »Das ist Dr. Willke. Er hat ein
Ferienhaus in Berchtesgaden. Aber ob ich ihn jetzt noch überreden kann, dass er
uns alle drei zu sich einlädt, ist fraglich. Er ist ein sehr netter Herr«, fügt
sie noch auf Deutsch an, damit sich Willke nach dem Schwall Russisch nicht ganz
ausgeschlossen fühlt.
    Aber da ist der Herr Doktor schon aufgestanden und verabschiedet
sich eilig. Er müsse noch einen dringenden Anruf tätigen.
    Marjana trinkt ihr Glas aus, wirkt aber schlagartig sehr nüchtern.
    »Mach dir nichts draus, Marjana«, sagt Wiktor. »War er nicht ein
bisschen zu alt für dich?«
    »Danke, dass du mir auch noch etwas Jüngeres zutraust. Möchte jemand
von euch Wurst? In Bayern heißt sie Wiener und in Österreich Frankfurter.«
    »Wer?«, fragt Luba.
    »Na, die Wurst. Dr. Willke hat es mir genau erklärt.«
    »Was, so weit wart ihr schon?«, fragt Wiktor.
    »Idiot«, zischt Marjana.
    »Jetzt seht doch mal raus, ihr zwei Streithähne. Seht ihr die Berge
da vor uns?«, fragt Luba.
    »Hoffentlich müssen wir da nicht mit dem Zug rauf«, mault Marjana.
»Die Bahn hier quietscht und rumpelt ja wie die Kiewer Straßenbahn.«
    »Noch ein Bierchen?«, fragt Wiktor.
    ***
    »Wollen Sie etwas Komfortables oder Standard?«, fragt die Frau im
Touristoffice am Bahnhof Berchtesgaden, als sich Marjana nach einem Hotel
erkundigt.
    »Sehe ich vielleicht aus wie Standard? Sehe ich so aus, als würde
ich mich nach einem Bett mit gemütlicher Kuhle in der Matratze sehnen, dem man
ansieht, dass die letzten fünftausend Paare, die darin übernachtet haben,
richtig Spaß miteinander hatten? Kindchen, ich sage Ihnen was: Ich glaube, ich
sehe nicht so aus, und ich möchte ein richtig gutes Hotel haben, verstehen
Sie?«
    »Ja, ich glaube schon. Ich könnte Ihnen da das Alpenhotel Kronprinz
anbieten, vier Sterne, gediegener alpenländischer Stil …«
    »Alpenländisch? Zeigen Sie mal her. Hm, für so alt halten Sie mich?«
    »Dann könnte ich Ihnen noch das neu eröffnete Edelweiß, vier Sterne
Superior Hotel, mit Panorama-Schwimmbad und Saunawelt auf zweitausend
Quadratmetern …«
    »Ist es das beste Hotel am Platz?«
    »Im Ort, mitten in der Fußgängerzone, auf jeden Fall.«
    »Aha? Es gibt also noch was Besseres? Ich möchte das Allerbeste. Ich
dachte, ich hätte mich da ganz klar ausgedrückt, oder nicht?«
    »Ja dann, sagen S’ halt gleich, dass Sie ins Interconti wollen.
Hotel Intercontinental Berchtesgaden Resort. Fünf Sterne Superior. Mountain
Spa, Sauna und Pool, auf eintausend Metern Höhe …«
    »Ach, hören Sie schon auf, das klingt alles sehr überzeugend, finde
ich.«
    »Wie viele Zimmer?«
    »Drei, mit Balkon und nebeneinander.«
    »Wie lange bleiben Sie?«
    »Das wissen wir noch nicht, Kindchen. Maximal vier Wochen, würde ich
sagen.«
    »Und wie viel darf es kosten pro Nacht? Die Zimmerpreise gehen von
zweihundertfünfzig bis zweitausendfünfhundert Euro. Pro Nacht, damit Sie nichts
falsch verstehen. Das geht von der Standard Deluxe Ausführung bis zur
Präsidenten-Suite. Einhundertfünfundsiebzig Quadratmeter. Vielleicht entspräche
das etwa Ihren Vorstellungen, wo Sie so eine Abneigung gegen den Standard
haben?«
    »Na, na, die Maßlosigkeit ist auch eine der sieben Todsünden. Aber
fünfhundert Euro dürfen es schon sein. Pro Nacht und Zimmer, damit Sie nichts
falsch verstehen. Kindchen.«
    Die Touristoffice-Angestellte ruft im Hotel an. »Ich habe für Sie
drei Zimmer reserviert, und Sie werden erwartet«, sagt sie, als sie aufgelegt
hat. »Taxis stehen draußen vorm Bahnhof. Ich habe jetzt nicht gesagt, dass Sie
jemand vom Hotel abholen soll, weil ich mir dachte, nach der langen Fahrt
wollen Sie nun nicht auch noch auf den Shuttle-Service warten.«
    »Sehr schön, Kindchen.« Marjana legt einen Fünfzig-Euro-Schein auf
den Tresen. »Das ist für Sie, weil Sie so freundlich waren.«
    Als Marjana aus dem Fremdenverkehrsbüro kommt, steuern Luba und
Wladimir auf sie zu. »Schau, was wir für dich gekauft haben.« Luba streckt
Marjana eine Stange Marlboro entgegen.
    »Gut, dann hör ich eben erst ein bisschen später auf zu rauchen.«
    »Danke sagen, das kannst du nicht so richtig, stimmt’s?«, fragt Wiktor.
    »Ich? Natürlich kann ich das«, entrüstet sich Marjana. »Was ist denn
das, was Wiktor da auf dem Kopf hat?«
    »Diesen Hut tragen die Einheimischen, und ich habe mir gedacht,

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