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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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ein paar Sekunden, und von Reichenberg ist in dem
Fotoprogramm, in dem Wladimir zuletzt gearbeitet hat. Hunderte Fotos von Wiktor
und seinen Begleiterinnen sind dort gespeichert. Er ist ihnen also schon eine
ganze Zeit auf der Spur. Eine Serie von Fotos, offensichtlich mit einem starken
Tele aus großer Entfernung geschossen. Die drei in ihren Zimmern im Intercontinental.
Der moderne Hotelkomplex ist klar zu erkennen.
    Immer wieder die drei. Auf einem der Fotos ist zu sehen, dass auf
dem Tisch des Hotelzimmers etwas liegt, das interessant sein könnte. Von
Reichenberg vergrößert den entsprechenden Bildausschnitt. Eine Karte, sie ist
nicht komplett abgebildet, aber das Foto ist scharf. Es ist ein
handgezeichneter Plan zu sehen, er sieht uralt aus. Von Reichenberg erkennt
darauf den Eingang zu einer Höhle. Er begreift anhand der Skizze, dass es um
eine Stelle im Göllmassiv gehen muss, zwischen den beiden Gipfeln Hoher Göll
und Hohes Brett.
    Während er versucht, sich die Details einzuprägen, ist er mit einem
Ohr draußen auf dem Gang. Was war das eben, ein Geräusch? Von Reichenberg
schließt den Deckel des Notebooks wieder. Er versteckt sich hinter der Tür,
wartet ab, bereit zu fliehen, sobald jemand das Zimmer betritt, oder
zuzuschlagen, falls Flucht nicht in Frage kommt.
    Ein Schlüssel dreht sich im Schloss, die Tür öffnet sich. Wladimir
kommt herein, bleibt mit dem Rücken zu von Reichenberg stehen, der im selben
Augenblick erkennt, wie naiv sein Vorhaben, diesem Mann davonlaufen zu wollen,
war. Er entscheidet sich daher für Plan B, greift nach dem Schlagring in seiner
Tasche und zieht ihn über die Finger der rechten Hand. Bevor er die Faust noch
richtig in Position bringen kann, dreht Wladimir sich blitzschnell um, weicht
aus und platziert seine Faust mitten in von Reichenbergs Gesicht. Ein Knacken,
und einige Spritzer Blut verzieren die Raufasertapete.
    Wladimir packt von Reichenberg am Hemd, das mit einem hässlichen
Geräusch auseinanderreißt. Knöpfe springen ab. Von Reichenberg fliegt mit dem
Rücken gegen die Wand, sein Hinterkopf prallt gegen einen Garderobenhaken, ein
blutiges Büschel Haare bleibt am Messing hängen. Dann schleudert Wladimir von
Reichenberg aufs Bett. Wie eine Maschine arbeitet er, lautlos und präzise. Als
spule er ein Programm ab, greifen seine Hände nach dem Körper des Gegners.
Finden an einer Stelle Halt, der Drehpunkt für den günstigsten Hebel ist, und
der Körper fliegt durch die Luft. Jeder Berührung folgt eine weitere Wunde.
    Endlich sagt die Maschine etwas: »Was machst du in meinem Zimmer, du
Ratte? Hat dir Jurij nicht gesagt, du sollst die Sache mir überlassen? Ich
werde dich töten!«
    Von Reichenberg hustet. Vom Blutgeschmack im Mund wird ihm fast
übel. »Das wirst du nicht tun.« Er hält die Arme schützend vors Gesicht, aber
Wladimir rührt sich nicht. »Hör zu«, sagt von Reichenberg, »ich bin nicht blöd.
In etwa zehn Minuten ruft mein Häschen bei der Polizei an und plaudert aus, was
hier in Zimmer elf gerade so los ist. Wenn du jetzt weitermachst, verbringst du
bei allem, was du auf dem Kerbholz hast, den Rest deines Lebens hinter Gittern.
Sie werden mich finden, und du wirst sitzen, da kann dir auch dein Freund Jurij
nicht mehr helfen. Du hast gar nicht die Zeit, mich umzubringen und meine
Leiche zu beseitigen. Das Schlagen beherrschst du besser als ich, das gebe ich
zu. Aber eines sage ich dir: Ich werde dir trotzdem irgendwann alle Knochen
brechen, nicht heute, aber du kannst dir sicher sein, dass der Tag kommen wird.
Und jetzt lässt du mich gehen, sonst fährst du heute Abend noch ein.«
    Wladimir packt von Reichenberg an den Schultern und zieht ihn zu
sich hoch. Als sie auf gleicher Höhe sind, spuckt er ihm ins Gesicht.
    »Du hast Glück, heute bin ich großzügig und lasse dich gehen. Nicht
weil ich mich vor der Polizei fürchte, sondern weil du ein Geschäftspartner vom
Boss bist und du noch nicht auf meiner Liste stehst. Trink dir einen Rausch an,
geh fein essen, mach etwas aus dem Abend, mach etwas ganz Schönes, denn es
könnte dein letzter sein, solltest du mir noch einmal in die Quere kommen. Du
hast keine Chance gegen mich. Keine, außer du bringst bis Mitternacht
fünfhundert Kilometer zwischen dich und mich.«
    Wladimir dreht von Reichenberg den Arm auf den Rücken, geht mit ihm
ins Badezimmer und wischt ihm mit feuchtem Toilettenpapier das Blut aus dem
Gesicht.
    »Versuch einfach, mich nie wiederzusehen, dann könnte für uns

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