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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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gar kein Ausdruck«, sagt Leni. »Zumindest für normale Warmduscher.
Sechzehn Grad, mehr werden es auch im Hochsommer kaum. Aber die Russen sind es
eben gewöhnt.«
    »Die Russen und die Berchtesgadener«, ergänzt Weidinger.
    »Ist dieser Wladimir allein unterwegs gewesen? Wissen Sie da schon
Genaueres?«, fragt Meik Lebow.
    »Eingereist ist er vor zwölf Tagen, am 19. Mai, in Frankfurt am
Main. Aus Kiew. Am nächsten Tag ist er nach Italien geflogen. Und in Verona
haben wir dann seine Spur verloren. Bis gestern. Für Komplizen haben wir keine
Anhaltspunkte.«
    »Ganz allein kann er da oben am Göll nicht gewesen sein«, wendet
Leni ein, »sonst hätte er gute Chancen gehabt, lebendig wieder aus der Höhle
herauszukommen.«
    »Und Sie haben keine Ahnung, was sein Auftrag war und warum er
überhaupt hierhergekommen ist?«, will Lebow wissen.
    Weidinger schüttelt den Kopf. »Habt ihr hier viele russische Touristen?«
    »Es werden immer mehr. Die Russen gehen baden, wandern, fahren wie
fünfhunderttausend andere auch mit dem Boot nach St. Bartholomä und gehen
gern einkaufen. Hier bei uns und in Salzburg. Beim Geldausgeben sind sie nicht
zimperlich. Beim Essen und Trinken auch nicht. Deshalb wird’s auch nicht mehr
lange dauern, bis wir russische Speisekarten auf den Wirtshaustischen liegen
haben und zu jedem Essen Wodka servieren.« Burger kann nicht verhehlen, dass
ihm diese Entwicklung nicht unbedingt gefällt.
    »Bis jetzt konnte ich nicht herausfinden, wo der Tote gewohnt hat
und ob er irgendwelche Kontakte zu anderen Russen oder Ukrainern gehabt hat.
Ich bleib dran. Leider gibt es kein Zentralregister, in dem alle Touristen mit
Namen erfasst sind. Ganz abgesehen davon, dass der Landkreis Berchtesgaden an
Österreich grenzt und unser Mordopfer ja genauso gut in der Stadt oder im Land
Salzburg gewohnt haben könnte.«
    »Gut, dass Berchtesgaden nur ungefähr fünfundzwanzigtausend
Gästebetten hat«, sagt sie.
    »Wo wohnen denn die Russen, wenn sie hier Urlaub machen?«, erkundigt
Weidinger sich.
    »Sie nehmen gern die gehobene Preisklasse: das Edelweiß oder natürlich
das Interconti, unser einziges Fünf-Sterne-Hotel«, antwortet Leni. »Der Moser
Heinz vom Purtschellerhaus hat erzählt, es sind seit zwei, drei Wochen drei
Ukrainer oben am Göll unterwegs, Höhlenforscher. Vielleicht haben die ihn
gekannt oder er sie. Humor haben die drei anscheinend. Ins Hüttenbuch haben sie
sich als Wiktor Putin, Marjana Scharapowa und Luba Shumeyko eingetragen.«
    »Putin?«, fragt Martin Brandner.
    »Und die anderen kennst du nicht?«, fragt Leni zurück. »Du bist halt
ein Braver, Martin. Meik?«
    »Die Scharapowa ist doch diese russische Tennisspielerin, eins achtundachtzig
groß, die längsten Beine auf der Tour, die bei jedem Schlag aufstöhnt, dass es
vielen Zuschauern peinlich ist. Und die Shumeyko, die zeigt ein bisschen mehr
als ihre Beine, obwohl die auch klasse sind. Sie ist ein ukrainischer
Pornostar.«
    »Ja, und?«, fragt Brandner.
    »Was, und? Du glaubst jetzt aber nicht, dass die wirklich so heißen
oder die sind, als die sie sich ausgeben?«
    Brandner zuckt die Achseln. »Die Anastasia, die Sängerin, ist auch
schon mal im Interconti abgestiegen. Die ist auch prominent.«
    »Wer?«, fragt Lebow. »Anastasia?«
    Brandner nickt.
    »Ach so, du meinst die Anastacia.«
    »Meinetwegen ›Anastäischa‹. Die ist mit dem Hubschrauber aus
Salzburg rübergeflogen.«
    »Für die VIP s gibt es einen eigenen
Landeplatz vor dem Interconti«, erklärt Leni Weidinger. »Waren Sie schon mal
oben?«
    Weidinger schüttelt den Kopf. »Das Edelweiß ist nobel genug für
einen Polizeibeamten. Die Rechnungsstelle im LKA würde mir den Kopf waschen, wenn ich für eine Übernachtung zweihundertfünfzig
Euro abrechnen wollte.«
    »Also suchen wir jetzt auch nach der Unterkunft dieses Trios. Aber
Priorität hat natürlich Wladimir … wie heißt der noch mal mit Nachnamen?«
    »López«, sagt Weidinger.
    »Wieso hat der eigentlich einen spanischen Nachnamen, wenn er
Ukrainer ist?«
    »Kubanische Mutter. Vater unbekannt, aber in der Szene geht das Gerücht,
dass er der Sohn eines russischen Nationalhelden sein soll. Illegitim
natürlich.«
    »Hm, ich glaube, so schillernde Verbrecher haben wir hier überhaupt
noch nie gehabt, oder?«, fragt Leni die Kollegen.
    »Ich glaub schon«, sagt Weidinger, »aber das ist bald siebzig Jahre
her.«
    Schweigen. Weidinger fühlt sich, als habe er plötzlich einen halben
Hundehaufen am Schuh.

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