Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hirschkuss

Hirschkuss

Titel: Hirschkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
Vom Netzwerk:
Anne die in Bewegung geratenen Männer. »Ich muss Ihnen noch etwas sagen: Ich bin von der Polizei.« Es bedurfte keiner besonderen Menschenkenntnis, um festzustellen, dass die Männer auf diese Nachricht ziemlich unerfreut reagierten, aber gleichzeitig versuchten, sich nichts anmerken zu lassen. Keiner der vier machte einen Muckser, weshalb die Ermittlerin leise, aber mit fester Stimme weitersprach: »Und ich habe jetzt noch eine Frage an Sie: Haben Sie mitbekommen, dass im Tal seit Kurzem eine junge Frau vermisst wird?«
    »Ja, schon«, sagte Zernet schnell und fuhr sich mit der Hand durch die wenigen Locken. »Wieso kommen Sie da zu uns?«
    »Na ja, das Hotel, in dem man die Verschollene das letzte Mal gesehen hat, ist ganz in der Nähe.« Sie sah die vier Männer der Reihe nach ernst an. Dann fixierte ihr Blick den dunkelhäutigen Leonhard Soder: »Ihnen ist am vergangenen Wochenende nicht zufällig eine junge Joggerin aufgefallen?«
    »Also, am Wochenende, da arbeiten mir normal gar nicht«, erwiderte Soder verdruckst.
    »Und letztes Wochenende?« Anne lächelte den Mann aufmunternd an. Das Ganze sollte nicht wie ein Verhör wirken.
    »Also, wir haben ja jetzt den neuen Chef, den Herrn Mattusek …« Soder schnappte nach Luft, er war aufgeregt.
    »… und der hat den Akkord erhöht, weshalb wir jetzt auch am Wochenende arbeiten müssen, weil wir sonst gar nicht zurande kommen«, schnitt Hannawald dem Kollegen das Wort ab.
    Und Nachtweih fügte erklärend hinzu: »Weißt, der Herr Mattusek hat, was Waldwirtschaft angeht, andere Vorstellungen wie wir. Aber mehr sag ich jetzt dazu nicht.«
    »Ich auch nicht«, pflichtete Soder bei.
    »Ich auch nicht« und »Ich schon gar nicht«, kam es von den anderen beiden Männern. Ein Vogelschrei gellte durch den Wald. Anne empfand die Stimmung plötzlich als angespannt.
    »Und ist Ihnen nun am vergangenen Wochenende etwas aufgefallen? Eine südländisch aussehende Joggerin vielleicht? Verdächtige Menschen? Irgendwas?«
    »Also, mir nicht«, meinte Nachtweih aufgesetzt beiläufig, mied Annes Blick und wandte sich geschäftig seinem Rucksack zu.
    »Mir auch nicht«, sagte Zernet, schaute scheinbar nachdenklich auf die bereits gefällten Bäume und garnierte seine Worte noch mit einem die Leere nur notdürftig ausfüllenden »So, so … also dann …«
    »Es sind ja gerade am Wochenende derart viele Jogger unterwegs, dass mir da nicht jeder jungen Frau hinterherschauen können, die wo bei uns vorbeikommt«, unternahm Josef Hannawald einen Erklärungsversuch und räusperte sich.
    »Und bei uns darf eh keiner vorbeikommen, weil wir ja im abgesperrten Bereich holzen, auch wenn sich keine Sau dran hält«, fügte Soder hinzu. Dann wechselte sein Tonfall plötzlich in ein beinahe fieses Raunen: »Aber unseren Chef, den Mattusek, den könnten’S sich einmal anschauen. Im Grunde genommen ist der ja auch derjenige, der verantwortlich ist, für alles, was hier im Wald passiert. Wir sind ja quasi bloß Handlanger. Und sonst nix.« Die anderen nickten zustimmend, und irgendwo weiter oben im Gebirgswald ertönte das »Pi … pi … jää … pi … pi … jä« eines Vogels. Dass es sich um den Alarmruf des Bussards handelte, konnte Anne nicht wissen.
    »Wir haben was, wir haben was, wir haben was«, sang Sepp Kastner, als Anne zu ihm ins Dienstzimmer trat.
    »Nanu«, meinte die Polizistin, »ist hier heute Kindergeburtstag, oder was?«
    Aber Kastner war zu begeistert, um auf diese kollegiale Frotzelei einzugehen. »Die Auskunft vom Finanzamt ist schon da, Anne! Die Nikopolidous hatten tatsächlich einmal ein Steuerstrafverfahren, Anne! Ich sag’ dir was: Die haben Dreck am Stecken!«
    »Und was war das genau?« Anne nahm einen großen Schluck aus dem Halbliterglas mit dem Fitnessdrink, den sie aus einem Pulver angerührt hatte.
    »Es ging um nicht deklarierte Einkünfte im Zusammenhang mit dem Restaurant Melissos. Herr Monimos Nikopolidou und Frau Efgenia Nikopolidou, also die Eltern der Vermissten, mussten seinerzeit zwölftausend Euro nachzahlen. Zwölftausend Euro!«
    »Das ist schon ein gewisser Betrag«, bestätigte Anne nachdenklich.
    »Ein gewisser Betrag?«, donnerte es da empört. Nonnenmacher stand im Türrahmen. »Wenn die zwölftausend Euro nachzahlen mussten, dann heißt das, dass die schamlosen Griechen blitzsauber am bayerischen Fiskus vorbeigewirtschaftet hatten.«
    »Was hat das jetzt damit zu tun, dass es sich um Griechen handelt?«, fragte Anne spitz.
    »Ein

Weitere Kostenlose Bücher