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Hirschkuss

Hirschkuss

Titel: Hirschkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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herum.
    »Jetzt hören Sie doch auf«, fuhr Anne ihren Chef an und wandte sich dann wieder an Fritzenkötter. »Und an was genau ist sie dann gestorben?«
    »Es muss a sehr großer Gegenstand g’wesen sein, der sie erschlagen, oder besser g’sagt: zermalmt hat. Wie ich bereits g’sagt hab: Des Gehirn ist braktisch Matsch, am Körber sind zahllose Quetschwunden, Gewebebrüche, Knochenbrüche, Hämadome, Suffusionen, Ablederungen, Abschürfungen ed cedera bb. zu finden. Auch die inneren Organe weisen Risse, Zerdrümmerungen und Kondusionen auf. Bei den Ribben haben wir serielle Frakturen, Herz und Lunge wurden gequetscht.« Er zog an der Zigarette. »Ob sie nun daran g’storben is oder an den Quetschungen im Hirn, kann ich net sagen.«
    »Wie müssen wir uns den Gegenstand vorstellen, der sie erschlagen hat?«, fragte Anne. »So was wie ein Baseballschläger?«
    Der Mediziner zog erneut an der Zigarette und ließ den Rauch während des Sprechens aus dem Mund entweichen. »Viel, viel größer als ein Baseballschläger. Eher ein Baum.«
    »Also doch der Baum!«, rief Anne.
    »Also, stopp! Der Baum, unter dem sie lag, kann es nicht sein«, stellte Kastner selbstsicher fest.
    »Und warum nicht?«, blaffte Nonnenmacher ihn an.
    »Weil das gesamte Erscheinungsbild nicht zusammenpasst: So wie die Frau da lag, und wie der Baum da lag … das passt nicht zusammen.«
    »Soso, das passt also nicht zusammen, der Herr Oberexperte. Eine Leiche, die wo man unter einem Baum findet, und ein ärztlicher Befund, der besagt, dass dieselbe Frau von einem Baum erschlagen worden ist, passen nicht zusammen. Was glaubst dann du, wie die gestorben ist? Unter einem anderen Baum, oder was? Und dann ist sie mit ihrem Hackfleischhirn einmal kurz zu dem hingejoggt, unter dem mir sie gefunden haben, weil der ihr zum Sterben besser gefallen hat, oder was? Herr Kollege, das ist der größte Schmarrn, seit der Raab eine Politiksendung moderiert!«
    Kastner erwiderte die Tirade des Inspektionsleiters mit einem bösen Blick, blieb aber schweigsam.
    Fritzenkötter steckte sich eine weitere Zigarette an. »Es gibt noch was net ganz Unbedeudendes.«
    Sofort wandten Kastner und Nonnenmacher ihre Blicke wieder dem Rechtsmediziner zu. »Wir haben auf der Leiche Spuren von Salz und Kalk entdeckt.«
    Alle Ermittler starrten den in einer Rauchwolke sitzenden Fritzenkötter erstaunt an. Damit hatten sie nicht gerechnet.
    »Was soll das jetzt heißen?« Nonnenmacher räusperte sich und schnäuzte in sein Stofftaschentuch. Auch Anne brauchte erneut ein Tempo. Der Raum war vollgequalmt wie einst der Schwabinger Schelling-Salon.
    »Was des soll, weiß ich auch net. Ich kann nur die chemische Wirkung erklären«, meinte der Pathologe: »Kalk zersetzt eine Leiche. Und Salz …«
    »… konserviert sie«, fiel Anne ihm ins Wort.
    »Genau«, bestätigte Fritzenkötter.
    »Und das ergibt keinen Sinn«, sagte Anne.
    »Ist es denkbar, dass die Frau Nikopolidou sich vor ihrem Tod selbst mit Salz und Kalk bestreut hat?«, fragte Kastner in die Runde. Seine Kollegen lachten, doch es ging in Husten über. Der Rauch!
    »Du meinst, so eine Art Wellnesspackung, oder was?«, röchelte Nonnenmacher. Der Witz kam nicht gut an, und Nonnenmacher schob ein »Ah, nix für ungut« hinterher.
    »Ich denk, wir müssen von Fremdeinwirkung ausgehen«, meinte Fritzenkötter. »Dass also eine Berson den Körber nach Eintreten des Todes mit Salz und Kalk behandelt hat.«
    »Wenn diese Person es nur mit Kalk gemacht hätte, dann würde es Sinn machen, stimmt’s?«, fragte Kastner. »Dann würde es dazu führen, dass die Leiche schneller zersetzt wird und quasi auch schneller verschwindet?«
    Der Arzt nickte, gähnte, rauchte. Im Nebenzimmer schellte ein Telefon.
    »Die andere zentrale Frage ist für mich«, meinte Anne, »warum sie nackt war, wenn es kein Sexualverbrechen gewesen sein soll.«
    »Vielleicht handelte es sich um so eine Esoteriktussi. Da gibt’s ja mittlerweile Leut’, die gehen in den Wald und umarmen Bäume«, meinte Nonnenmacher kopfschüttelnd.
    »Manche reden sogar mit denen«, ergänzte Kastner.
    Anne stöhnte auf. War man nicht gerade eben noch akribisch an der Fallarbeit? Und jetzt fingen die Kollegen wieder an, Mist zu verzapfen!
    »Garantiert gibt’s irgendein Hotel im Tal, das wo ein Arrangement« – Nonnenmacher sprach das Wort »Oraschmaa« aus – »anbietet, welches beinhaltet, dass man barfuß den Waldboden erfühlt und dann mit ganzkörperlicher

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