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Hirschkuss

Hirschkuss

Titel: Hirschkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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rief Anne aus. »Der Wald gehört Mattusek – der Bio Wood World AG !«
    »Warum wildert’s ihr Deppen?«, ergriff Nonnenmacher erneut das Wort. »Das rentiert sich doch keinen Furz heutzutage! Macht’s ihr das wegen der Gaudi, oder was?« Wie ein Fallbeil fiel seine Faust auf den Tisch, die Kaffeetassen wackelten.
    »Es war die Idee vom Steff, es hat sich halt angeboten.« Soder zuckte mit der Schulter und nahm noch einen Schluck von seinem Kaffee. »Der Steff hat gesagt, wir sind doch eh dauernd im Wald, da merkt das niemand; und er hat einen Abnehmer für Gamshaare und für Dings …«
    »Trophäen«, ergänzte Zernet, der bislang geschwiegen hatte.
    »Ja«, bestätigte Soder, »für Trophäen.«
    »Und für Fleisch«, fügte Anne an.
    »Das Fleisch haben wir fast immer selber gegessen. Wennst das verkaufst, kriegst praktisch nix.«
    Anne fixierte Soder genau. Log er ihr gerade mitten ins Gesicht? Aber der Holzfäller zuckte nicht einmal mit der Wimper.
    »Fleischverkauf rentiert sich wirklich nicht.« Zernet drehte seine Tasse mit einem schleifenden Geräusch auf dem Tisch herum.
    Von unten drang Lärm nach oben. Der Kollege vom Empfang sprach mit einem Einheimischen, dem sein Hund abhandengekommen war: »Nein, Herr Ministerialdirigent Eitelschwang, ich kann da jetzt keinen Suchtrupp losschicken, um den Alberto zum finden.« Die Antwort des Ministerialdirigenten war im Besprechungszimmer nicht zu verstehen. Es handelte sich offensichtlich um ein Telefonat. »Nein, das tut mir leid, auch ein echter Rassehund, der wo achttausend Euro wert ist, kann nicht von Polizeikräften gesucht werden … Nein, auch wenn Sie einen politischen Hintergrund vermuten … Ja, ich weiß, dass Sie der Vorsitzende von der Feng-Shui-Partei, ich weiß … ja, ja … Ja, ich weiß auch, dass Sie dem Trachtenverein fünftausend Euro gespendet haben, aber das tut hier nix zur Sache … Nein, man kann einen Hund nicht ins Interpolfahndungssystem eingeben, nicht einmal den Alberto nicht … Ich glaub Ihnen schon, dass der Alberto ein Familienmitglied ist, aber wissen’S, Herr Eitelschwang, der Alberto ist immer noch ein Hund … Ja, ja, ein Rassehund, aber halt doch bloß ein Hund … Nein, ich will ihn nicht beleidigen … Ja, ja, ja, eine ganz feine Tibetdogge, ein ganz besonderes Viech … Ja, ja, kein Viech, ein Rassehund … Aber wissen’S, Herr Eitelschwang, mir g’langts jetzt … Nein, das mache ich nicht … Nein! NEIN ! … Gut, Herr Ministerialdirigent, dann erheben’S halt eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Rufen’S den Herrn Ministerpräsidenten an. JA ! … Herr Ministerialdirigent, mit Verlaub, dass ich das jetzt sage, also wissen’S was: Sie sind ein Arschloch.«
    »Copyright: Joschka Fischer«, murmelte Anne und fuhr dann, wesentlich lauter und schärfer, die beiden Delinquenten an: »Sie wollen uns also weismachen, dass Sie mit dem Fleisch keinen Handel betrieben haben?«
    »Ja«, antworteten beide Holzfäller fast gleichzeitig.
    »Und hattet’s ihr einmal ein Fleisch, das wo mit Milzbrand verseucht war?«, fragte Kastner, und Anne hatte das Gefühl, dass der Kollege sich dabei unglaublich schlau vorkam.
    »Nie«, tönten die Männer, erneut beinahe im selben Moment.
    »Das glaub ich Ihnen nicht«, sagte Anne ruhig.
    Die beiden zuckten mit den Schultern.
    »Ihr habt’s doch was mit dem Tod vom Mattusek zum tun, zefix, das ist doch klar wie die Faust aufm Auge!«, donnerte Nonnenmacher nun.
    »Nein, haben wir nicht!«, behauptete Soder mit fester Stimme. »Der hat uns zwar das Leben schwer gemacht mit seinen drecksunangemeldeten Kontrollen …«
    »… und mit seinem ganzen Akkordscheiß …«, fügte Zernet bestätigend hinzu.
    »… aber dass der tot ist, also damit haben wir nix zum tun. Wirklich!«
    »Sie lügen!« Anne fixierte die Waldarbeiter mit bösem Blick.
    Wieder hoben sie die Schultern.
    »Ja, gut, dann stecken wir euch jetzt wieder ins Loch«, drohte Nonnenmacher. »U-Haft bis auf Weiteres.« Er schnippte ein Steinchen, das aus unerfindlichen Gründen auf dem Besprechungstisch lag, in den Luftraum zwischen Tisch und Fenster.
    »Wer nicht hören will, muss fühlen«, sagte Kastner und erhob sich, um die Holzfäller wieder in die Zelle im Keller zu bringen. Überraschenderweise ließen sich die beiden schweigend abführen.
    »Die lügen doch!«, fuhr Anne den Dienststellenleiter an, als Kastner mit den Männern den Raum verlassen hatte. »Wenn die die Geweihe und Gamshaare vertickt

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