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Hirschkuss

Hirschkuss

Titel: Hirschkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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mich betrunken machen?« Nonnenmacher lachte. »Keine Ahnung hat der Mann, keine Ahnung! Ein Bier weckt an so einem heißen Tag die Lebensgeister! Gerade gestern stand’s in der Zeitung: Das bayerische Bier ist vollgestopft mit Mineralstoffen und Vitaminen, es ist ein isotonisches Getränk in Reinstform! Unser Hausarzt wird das bestätigen.« Er sah zu Fritzenkötter hinüber.
    Der nickte, zündete sich eine Zigarette an und entgegnete fränkelnd: »Ich bin zwar eher auf Leichen spezialisiert, aber ich würd dann auch a Helles nehmen. Es ist ja scho’ g’scheit heiß. A baar Elektrolydde wirken da Wunder.«
    Schönwetter verdrehte die Augen, schwieg aber, und Anne sah genervt auf die Uhr ihres Handys. Wenn Johann kam, wollte sie alles vorbereitet haben. »Können wir jetzt vielleicht anfangen? Sonst sitzen wir morgen früh noch hier.« Alle nickten zustimmend. Während Nonnenmacher aufstand, für sich und den qualmenden Rechtsmediziner jeweils eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank hervorholte und mit zwei gut vernehmlichen Plopps öffnete, erläuterte die junge Polizistin ihre Sicht der Dinge: »An sich stehen wir nicht so schlecht da. Der Tod von Hanna Nikopolidou ist geklärt, es war ein Unfall. Der Tod des Holzfällers Steff Nachtweih war ebenfalls ein Unfall. Auch bei den Studenten ist die Todesursache klar: Sie haben verdorbenes Fleisch gegessen. Hier fehlt uns nur der konkrete Vorgang: Wie kamen sie an das Fleisch? Wer hat infiziertes Fleisch an die ahnungslosen Opfer herausgegeben?«
    » Vermutlich ahnungslos«, fügte Kastner an. »Es ist nicht sicher, dass die wirklich ahnungslos waren.«
    Dann war es einen Moment still, in dem Nonnenmacher Fritzenkötter zuprostete und sich mit vier geräuschvollen Schlucken die halbe Bierflasche in die Kehle leerte, um schließlich mit einem gut hörbaren »Pffff« aufzustoßen.
    »Vermutlich ahnungslos«, stimmte Anne Kastner zu. »Beim Todesfall Mattusek ist die Sachlage noch unklarer: Wir wissen, dass er an einer Anthraxinfektion starb. Wir wissen auch, dass er, anders als die Studenten, kein vergiftetes Fleisch gegessen hat. Wir wissen aber nicht, wie er sich dann angesteckt hat.«
    »Und die Fesseln!«, warf Kastner ein. »Dass der Mattusek gefesselt war, das ist auch noch wichtig.«
    »Waren denn die Fesseln noch am Tatort, irgendwo in der Nähe der Leiche?«, erkundigte sich Schönwetter und wedelte mit der Hand den Rauch von Fritzenkötters Zigarette von sich weg.
    »Nix war da«, blaffte Nonnenmacher in die Runde. »Der lag einfach so im Wald herum.
    »Was wissen wir über die Fesseln?«
    Die Frage war an den Arzt gerichtet, welcher bei jedem Wort seiner Antwort Rauch aus dem Mund qualmen ließ – es war jetzt nicht nur unerträglich heiß im Raum, sondern stank obendrein gewaltig. »Den Spuren nach zu urteilen, war es ein ganz normaler Kälberstrick. Nichts Besonderes. Wird auf jedem Bauernhof verwendet.«
    »Es wird schon so gewesen sein, wie die Frau Loop einmal vermutet hat«, grunzte Nonnenmacher. »Dass den Mattusek halt jemand gefesselt und dann mit verseuchtem Fleisch infiziert hat. Dann hat er ihn sterben lassen und, wie er tot war, wieder befreit.«
    »Damit es ausschaut wie ein Unfall«, bestätigte Kastner eilig.
    Alle schwiegen. Nonnenmacher nahm noch einige laute Schlucke aus seiner Flasche. Fritzenkötter zündete eine neue Zigarette an. Schönwetter rührte nachdenklich mit dem Löffel in seinem Kaffee herum.
    Plötzlich kam Leben in Kastners schmächtigen Körper: »Und was, wenn das Ganze doch was mit Biowaffen zum tun hat?«
    Alle starrten den Kollegen erstaunt an.
    »Wie das?«, wollte Nonnenmacher wissen und stieß gleich darauf heftig auf.
    »Na ja, wer sagt denn, dass da überhaupts ein Fleisch im Spiel war? Es könnte doch auch sein, dass da Biowaffen im Einsatz waren!«
    »So ein Schmarrn! In unserem Tal! Biowaffen!« Nonnenmacher blickte empört zum Fenster, wo hoch über dem Berg ein ratternder Hubschrauber sichtbar wurde. Vermutlich ein Prominenter, der für das Traumwochenende am Bergsee einflog.
    »Ja, warum denn nicht, Kurt? Wenn der amerikanische Geheimdienst das Handy von unserer Bundeskanzlerin abhört und CIA -Agenten bei uns Foltercamps für Terroristen planen, dann ist es doch nicht völlig aus der Welt, dass jetzt zum Beispiel der Putin oder ein anderer Russ hergeht und einen Kriegswaffeneinsatz in unserem Bergwald durchführt. Der Putin kann ja sogar perfekt Deutsch! Da wär doch unser Tal prädestiniert für so einen

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