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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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dann, wenn sie glaubte, ihn endlich vergessen zu haben. Er hatte es zu wild getrieben, er musste so früh sterben. Wenn nicht er, wer dann? Sie würde auch das Kind verlieren, das wurde ihr von Minute zu Minute klarer. Sie würde es in das heute bei den Neuankömmlingen erstandene Tuch wickeln und Krechting bitten, ihn zu Cornelius ins Grab zu legen. Es war sein Fleisch und Blut, nicht das ihre. Sie hatte nur stillgehalten in dieser Nacht.
    Viele Nächte später war sie Cornelius gefolgt. Sie wollte wissen, mit wem er es trieb, wer ihr den Mann nahm. Es war ein Fehler gewesen. Es wäre besser für sie und ihn gewesen, einfach die Augen und Ohren geschlossen zu halten. Es gab keinen Frieden. Jetzt hatte sie nicht nur die Ahnung, sondern die Gewissheit. Sie hatte zu einem der Gerüche ein Gesicht und Laute, wie man sie beim Liebesspiel von sich gab. Es wäre besser für alle gewesen, sie wäre dem nicht nachgegangen.
    Tyde legte sich auf die Seite und wartete auf die Hebamme.
    Jan öffnete die Tür zu Garbrands Kammer. Bevor er sich auf die Suche nach der Hebamme machte, wollte er nachsehen, wie es seinem Freund und Wegbegleiter ging. Er klopfte an, doch es blieb zu ruhig, als dass sich jemand in dem Raum befinden konnte. Jan öffnete die Tür. Die Decke war zurückgeschlagen, lag halb auf dem Boden, das Kissen war zerwühlt und nass geschwitzt. Es gab keinen Zweifel: Garbrand musste irgendwann am frühen Morgen, während er und Schemering diskutierten, aus dem Haus verschwunden sein. Jan machte sich Sorgen. Der Mönch war schwer krank, er war alles andere als dazu in der Lage, sich zu Fuß herumzutreiben. Er musste das Bett hüten und sich von den Strapazen der langen Reise erholen. Und es war gefährlich, sich allein unter die Täufer zu wagen. Jan hatte an den Blicken einiger erkannt, dass sie wussten, was Garbrand war. Er strahlte sein Mönchsein so sehr aus, dass es fast unverantwortlich war, ihn mitgenommen zu haben. Und jetzt machte er sich auf eigene Faust auf den Weg. Jan schlug mit der Hand auf die Stuhllehne. Wie konnte sein Freund so etwas tun? Zu allem Übel trieb sich ja auch noch ein Mörder herum.
    Jan trat vor die Tür, stellte fest, dass es mittlerweile für einen Umhang zu warm war, setzte sich aber das Barett auf die blonden Haare und eilte los. Schemering hatte ihm genau erklärt, wo Hiske wohnte, er würde es sicher schnell finden. Der Arzt hastete den Weg entlang, als ihm auf halber Strecke eine junge Frau entgegeneilte, die bemerkenswerter nicht sein konnte. Sie hatte es eilig, das war ihrer Körperhaltung eindeutig anzusehen. Sie nickte ihm nur kurz zu und wollte sich an ihm vorbeistehlen, doch er hielt sie auf. »Seid Ihr Hiske Aalken, die Hebamme?«
    Nun verlangsamte sie ihren Schritt, hielt schließlich sogar an. »Ja, die bin ich, werter Herr.« Über ihr Gesicht schien ein Erkennen zu huschen, doch Jan war sicher, diese Frau noch nie gesehen zu haben, denn das hätte er sich gemerkt. Eine solche Frau merkte sich jeder Mann, ob er wollte oder nicht.
    »Ich muss dringend mit Euch sprechen«, begann Jan, doch das Weib winkte sofort ab. »Tut mir leid, aber ich muss mich um eine Frau kümmern, sonst kommt ihr Kind zu früh. Ihr könnt mich aber gern auf dem Weg dorthin begleiten und fragen, was Ihr auf dem Herzen habt. Seid Ihr der neue Arzt, der mit der Knorr aus Emden gekommen ist?«
    Jan nickte, war erstaunt über die feste und angenehme Stimme. Außerdem faszinierten ihn die unglaublichen Augen dieser Frau. Eine solche Farbe hatte er noch nie gesehen. Seit … Jan unterdrückte den Gedanken, der sich aus den Tiefen seiner Erinnerung nach oben drängte. Es war vorbei, ihr Körper war längst mit der Erde eins geworden, und was vorher geschehen war … er konnte und wollte nie wieder daran denken. Es war besser für sein Seelenheil, es nicht zu tun, denn wenn ein Mann sich etwas nicht verzeihen konnte, wenn er große Schuld auf sich geladen hatte, war es besser, wenn er sich in neue Aufgaben stürzte und das Gewesene verdrängte.
    »Ja, ich bin der Arzt.« Er eilte neben ihr her. »Kann ich irgendwie helfen?«
    Über das Gesicht der Hebamme glitt ein Lächeln, das spöttisch wirkte. »Ihr als Medicus wollt einer Hebamme bei der Arbeit helfen? Tut mir einen Gefallen: Lasst Eure Finger von den schwangeren Weibern. Das ist nicht Eure Aufgabe.«
    Damit beschleunigte sie ihren Schritt noch mehr. Jan aber rannte hinter ihr her. »Hebamme, habt Ihr meinen Freund gesehen? Er ist weg und viel zu

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